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Aktionsgemeinschaft STIMME DER WISSENSCHAFT (als Modellversuch) im Internet
Schlüsselbegriff: DEMOKRATIE-REFORM
Die unter http://www.biotelie.de verlinkten Reformvorschläge anderer Autoren werden im e-book Bd.1-2 zu "BIOTELIE DIE CHANCE zur Rettung von Natur und Menschheit" näher dargestellt und kommentiert. Als Buch erschienen ist im Sekante-Verlag Berlin erst Band 3 "Sanktionswesen" mit dem Schwerpunkt "Terrorismus und Friedensforschung".
Bei der Erörterung der biotelen Aspekte in Band 1 Rechtswesen kam die theoretische Erörterung des Aspektes der GEGENSEITIGKEIT (Wechselseitigkeit, Reziprozität) etwas zu kurz; sie soll hier anhand einer modernen Theorie über Reflexivität nachgeholt werden.
Johannes Heinrichs, Reflexion als soziales System - Zu einer Reflexions-Systemtheorie der Gesellschaft
Hypothese der gegenseitigen Implikation zweier Reflexionssysteme
Sozialtheorie setzt Subjekttheorie voraus — aber
vermutlich auch umgekehrt. Dies gilt um so mehr wenn Person und
Gesellschaft als Handlungssysteme verstanden werden sollen... Es
versteht sich, daß von der Theorie der realen Systeme die Rede
ist, also nicht unmittel bar von jener Systemtheorie als
Metatheorie, die darüber reflektiert, wie gedankliche,
theoretische Systeme aussehen sollen...(a. a. O. S.9) Die
Analogie, die zwischen kybernetischen Regelkreisen und der
Reflexion besteht, wurde schon öfters hervorgehoben.,, Und doch
ist die hier beabsichtigte These neu, daß soziale ebenso wie
personale >Systeme< durch Reflexion zu definieren seien. ..
Ähnlich wie im Falle von >Systemtheorie< soll
>Reflexion< hier nicht in erster Linie unsere, der Sache
äußerliche Reflexion über etwas besagen, sondern die innere
Reflexion, den Selbstbezug, der in den bedachen Systemen
selbst liegen soll... 8a. a. O. S.10) Das dialektische in
Beziehungsetzen beider Arten von Reflexion (wie System) setzt
ihre Unterscheidung voraus. Es kann überhaupt vorweg angemerkt
werden, daß die im folgenden umrissene Reflexionssystemtheorie
ihren stärksten historischen Anhaltspunkt bei Hegel findet....
Es wurde an anderer Stelle (Vgl. Schmied-Kowarzik, die Dialektik
der Philosophie gegenüber der Praxis,....) nachgewiesen, daß
Hegel in dem reichhaltigsten, sozialphilosophischen Kapitel
>Der Geist< seiner >Phänomenologie des Geistes< in
phänomenologisch implizierter Form seine Reflexionslogik
entfaltet... (a. a. O. S.11) daß Subjektivität qua Selbstbezüglichkeit
durch Reflexion, das heißt durch Selbstbezüglichkeit
konstituiert sei... ist... im Grundgedanken traditionell.. Eine im
Grunde als Bedürfnistheorie verstandene Sozialtheorie scheint
uns zwar undialektisch und atomistisch — es gibt, bis in so
elementare Bedürfnisse wie Nahrung und Kleidung hinein, keine
subjektiven Bedürfnisse, die nicht schon Funktion einer sozialen
Logik wären—, aber die Frage behält ihr unabweisbares
Recht: Wie geht das Subjekt mit seinen >privaten< oder
>sozialen<, unmittelbaren oder vermittelten Bedürfnissen
in den gesellschaftlichen Zusammenhang ein? (a. a. O. S.12)...
Der Zusammenhang zwischen selbstbewußtem Handeln und sonstigen
>Schichten< des Subjekts wird durch den Reflexionsbegriff
hergestellt, ebenso wie dieser die Brücke vom subjektiven
Handeln zum Sozialsystem schlägt... (a. a. O. S.13) [Henrich. in
Anlehnung an Fichte] ..Daß Selbstbewußtsein durch Reflexion
oder Selbstbezug zustande komme, setze ein Subjekt-Objekt-Modell
voraus, welches gerade das Selbstbewußtsein in seiner
Einzigartigkeit nicht erfasse: ein Ich-Subjekt als
reflektierendes, ein Ich-Objekt als reflektiertes, und beide
sollen identisch sein und sich als identisch wissen. Seine
Gegenargumentation im Fichte-Aufsatz läßt sich dahingehend
zusammenfassen:
1. Die Identität beider Seiten setzt voraus, daß beide, Subjekt-Ich
und Objekt-Ich, je schon selbstbewußtes Ich sind. Die Reflexion
setzt also voraus, was sie konstituieren soll bzw. die
Reflexionstheorie setzt zirkelhaft voraus, was sie erklären will.
(D. Henrich, Fichtes ursprüngliche Einsicht, 12 f.)
2. Die wissende Identifizierung beider Seiten, das Sich-Wiedererkennen
könnte nur in einem Dritten geschehen. Das widerspricht sowohl
dem Phänomen Selbstbewußtsein wie der Reflexionstheorie, die
nochmals ihre Erklärungsunfähigkeit eingestehen muß:> Weiß
da Ich nicht schon von sich, so kann es nie zu einem Wissen von
sich gelangen.< (ebd. vgl. 13 f.) (a. a. O. S.17) ...Aber die
elementare scholastische Distinktion zwischen reflexio concomitans
und reflexio subsequens wird bei... Henrich... nur
andeutungsweise und beiläufig gemacht. (Henrich, Fichte, 12) ..
das eigentliche Problem... Ob da nicht schon eine unausdrücklich-spontane
Reflexivität — und nicht nur eine unterschieds-
und beziehungslose >Helle< des Selbstbewußtseins
vorausliege. (a. a. O. S.18)
Wenn hier von "Schichten" und später oft von "Struktur" die Rede ist, so kann diese Ausdrucksweise nicht verdecken, daß damit eigentlich Funktionales bezeichnet wird, wie denn Reflexion selbst eine Funktion ist, die das Bedürfnis nach Erklärung der Substanz, an oder in der sie erfolgt, nicht so leicht befriedigen kann. "Struktur" kann hier so viel wie "geistige Ordnung" oder "Sinngebung" bedeuten und ist dann die Objektivierung einer Metasprache. In der Selbstreflexion im hier gebrauchten Sinne bezieht sich das "Selbst" natürlich auf das oder die Ich, und es bleibt offen, ob damit nur ein funktionaler Zusammenhang, sozusagen ein Funktions"zustand", beschrieben wird.
Die herausgestellte Alternative von präreflexivem und in sich
reflexivem, d. h. in sich rational strukturiertem Selbstbewußtsein
ist hiermit noch nicht entschieden....
Wenn Leben und Bewußtsein nicht schon in sich reflektiv ist,
kann die nachträgliche Reflexion es nur als Leiche sezieren;
dann ist und bleibt die Reflexion der Widersacher des Lebens und
>Erlebens<, wie des >Fühlens< (das wir als
ausgesprochen reflexives Leben analysieren werden). Es braucht
nur an diese altbekannten, aber unüberwundenen deutschen Gegensätze
erinnert werden. Wenn im anderen Fall Reflexion konstitutiv ist für
Selbstbewußtsein und somit geistiges Leben überhaupt, dann
besteht nach-denkende Reflexion in Nachahmung und Explikation
dessen, was im Leben selbst implizit geschieht. Die Verirrungen
und Hemmungen der Reflexion können dann nur auf der Schwäche,
sei es des Begreifens, sei es des Erlebens selbst, beruhen. Damit
soll nicht ein Spannungsverhältnis zwischen objektiver Ausdrücklichkeit
und Spontaneität in Frage gestellt werden, wohl aber das Recht,
Leben und Reflexion, damit auch Praxis und Theorie in einen
fundamentalen Gegensatz zu stellen.... (a. a. O. S.19) Man kann
dieses Problem auch so stellen: Wie ist eine durchhaltende
Identität in aufeinanderfolgenden, aufeinander reflektierenden
Akten des Ich möglich und erkennbar für dieses —, wenn die
Selbstbezüglichkeit (Reflexivität) nicht bereits einer
zeitlosen Konstitution des ich angehört?... (a. a. O. S.20)
Subjektive Zeit (Bewußtseinszeit) ist nicht eine undefinierbare und unerklärbare Urgegebenheit des Bewußtseins als eines >Stromes<, sondern wird verständlich als Wiederholung (Iteration) und Modifikation der konstitutiven Reflexion. Damit entfällt ein Haupthindernis für die Reflexionstheorie des Bewußtseins....>iterative Reflexion<... Husserls Ausdruck.. (a. a. O. S.21) Somit wäre Zeit als Vielheit des Ich, als Nichtidentität desselben Ich in der Vielheit seiner Akte aufgefaßt. Die logische Folge (Linearität) der vielfältigen Aktes des Subjekts läßt Zeit entstehen... eine ontologische Folge von Akten, und zwar in reiner reflexiven, rückbezüglichen Logik: ein Akt bildet die logische Voraussetzung des anderen, oder besser: des ontologische Voraussetzung... (a. a. O. S.22)
Wir werden dem Gedanken eines präreflektiven Selbstbewußtseins
nun aber von einer anderen Seite her endgültig den Abschied
geben. (a. a. O. S.25)
Die Reflexitivität des Selbstbewußtseins zeigt sich am
Klarsten in der Unabtrennbarkeit des Selbstbezugs vom Fremdbezug.
Seine strukturelle Selbsteinholung beinhaltet die Einsicht in
seine zeitliche Nichteinholbarkeit aufgrund des Fremdbezugs....
Unsere in diesem Zusammenhang wesentliche Behauptung geht
dahin: daß es sinnlos und unzulässig ist, von einem
>reinen< Selbst- oder Ichbewußtsein zu sprechen, das nicht
in Beziehung zu anderen Relata stünde: zu einem objektivierbaren
Gehalt O, zu einer selbst subjektiven Andersheit. So, die im
Grenzfall das eigene Ich qua objektiviertes sein kann sowie zu
logischen, sprachlichem und sonstigem kulturellem
>Material<, in dessen Medium die Objektivität sowie die
andere Subjektivität erscheint.... (a. a. O. S.27) Es muß
angenommen werden, daß das Selbst von vornherein in vielfacher
Relationalität zu anderen Sinnelementen steht, so daß seine
Relation zu sich selbst, seine Selbstreflektivität, nicht nur
eine Redeweise ist, die ihren Ursprung in der Objektsprache hätte,
nicht nur eine gedankliche Unterscheidung, sondern eine reale
Unterscheidung ist, ebenso wie und weil die Beziehung auf real
Anderes nicht nur Produkt der Sprache und des Denkens sein kann.
.. (a. a. O. S.28) Es muß in der Eigentümlichkeit der
strukturellen Selbsteinholung begründet sein, daß überhaupt
eine iterative Reflexion nötig (und möglich) ist. (a. a. O. S.29)
Es sind, mit anderen Worten, an de konstitutiven Reflexion
selbst die Rücksichten der Einholbarkeit sowie der
Nichteinholbarkeit zu unterscheiden. Strukturelle
Selbsteinholung soll heißen: Das Ich muß das Daß seiner
Identität mit sich erfassen können, es braucht nicht sein Was-sein
völlig einzuholen... (a. a. O. S.30)...
Es liegt also am Bewußtsein — und nicht nur am Selbstbewußtsein, denn die folgende Aussage gilt auch für meine Weltwahrnehmung — , daß es im Fluß des Geschehens sich oder einen ruhenden Pol sucht, in der Dynamik die Stabilität. Mit dieser Suche ist die Sehnsucht nach Beständigkeit, nach Ewigkeit verbunden, was man das religiöse Bedürfnis nennen kann; auch wenn Erfahrung und wissenschaftliche Erkenntnis gegen eine solche Dauerhaftigkeit in der Welt sprechen. Aus dieser Situation heraus entwickelte sich der Glaube an Seele und an eine ewige Substanz, der sich durch Erfahrung nicht widerlegen läßt; denn wir können nicht sicher sein, daß wir alles (Stoffliche) zu erfassen in der Lage sind. Aber folgen wir weiter der uns allein zugänglichen funktionellen Betrachtungsweise.
Wir erkennen nun, daß an der konstitutiven Reflexion selbst auf Grund der Einheit von Selbstbezug-im-Fremdbezug eine Differenz auftritt. zwischen der strukturell-formalen-Einholbarkeit des Selbst und seiner inhaltlich Nichteinholbarkeit (im Sinne von nicht Abschließbarkeit). Es soll hier nicht von vornherein die Möglichkeit einer was-haften Selbsterkenntnis geleugnet werden, wie dies bei Kant der Fall ist. (Kritik d. Vernunft § 25, B 404 ff., A 366 ff.)... (a. a. O. S.30) [Dabei] scheinen wir uns nicht, die Reflexionsbegriffe Form und Inhalt*) zu verwenden. Es ist heute Mode, dieses Begriffspaar als von Hegel längst überholtes Relikt eines dialektisch nicht aufgeklärten Denkens liegen zu lassen. Hegel selbst hat sich jedoch die Mühe gemacht, ihre dialektische Zusammengehörigkeit und ihr Ineinanderübergehen zu zeigen, indem er die verschiedene Bestimmtheit der Gedanken >Form< und >Inhalt< zunächst einmal gelten ließ... Die formale Selbsterkenntnis hat zumindest den Inhalt, die Angewiesenheit auf das andere des Inhalts (auf die inhaltgebende Andersheit) zu erkennen. Sonst würde es sich nicht um die reflektive Selbsterfassung der Struktur Selbstbezug-im Fremdbezug handeln...(a. a. O. S.31)
*) >Form und Inhalt< sind, wie Kant bereits formulierte, Reflexionsbegriffe (Kritik d.Vern. B 316 ffr.) (a. a. O. S.150)
Ich werde hier unwillkürlich an den Doppelcharakter der biotelen Aspekte als Teilziele (Inhalt) und Methodikansätze (Form) erinnert, mag ein Zusammenhang von den Philosophen auch bloß als Analogie gewertet werden. Mir bleibt die Hegelsche Dialektik in ihrem Wahrheitswert und Wirklichkeitsbezug verdächtig; ich halte es öfters für einen Fortschritt, hinter sie zu Kant zurückzugehen.
Das Denken von Selbstbezüglichkeit erfordert die Relativierung einer Reihe von Denkgewohnheiten: das Subjekt-Objekt-Modell, die einseitige Intentionalität und Kausalität usw. zugunsten dialektischer Gegenläufigkeit und Gegensatz-Einheit. Für eine Formalisierung reflexionslogischer = dialektischer Beziehungen reicht der klassische, zweiwertige Formalismus nicht aus....
Wir haben also als Momente des einen Selbstbewußtseinsaktes einmal ihn als reflektierten, zum anderen ihn als reflektierenden, als gesehenen und sehenden, vorausgesetzten wie setzenden. Das reflektierte Moment soll aber insofern gerade mit dem reflektierenden identisch sein, als erst ihre Einheit die Identität oder Selbigkeit des Ich ausmacht. Keineswegs dar eines der beiden Momente schon als Selbst gedacht werden.... (a. a. O. S.32)
Meine Skepsis gegenüber den Verführungen
des dialektischen Denkens bekommt neue Nahrung:
Wenn es darum geht, diesen Gedanken der Selbstbezüglichkeit,
der keine leere Identität ist, sondern die Identität
verschiedener Momente besagt, der Vorstellung näher zu bringen (denn
sie ist es wohl , die dem Denken hier Schwierigkeiten macht), so
ist das Bild des Kreises geeignet, das Hegel bevorzugt: Ein Punkt
auf dem Kreisumfang >bezieht sich< durch die Kreislinie auf
sich selbst — und ist doch als Anfangs- und Endpunkt
>absolut< unterschieden, d. h. zwischen demselbigen Punkt
als Anfangs- und Endpunkt besteht die größtmögliche
Entfernung, der denkbar größte Unterschied. Hegel spricht im
Hinblick auf den Unterschied der Selbstreflexion von einem
>absoluten Unterschied< und analysiert die von uns unterschiedenen Momente als voraussetzende, setzende und
bestimmende Reflexion. (G. W. F. Hegel, Wissenschaft der Logik II, ebd. 13-22) Das Bild des Kreises wäre dahingehend zu ergänzen,
daß die Kreisbewegung (logisch-zeitlos) in beide Richtungen
durchlaufen wird: weil das vorausgesetzte (reflektierte Moment)
zugleich setzend (reflektierend) ist und das setzende zugleich
voraussetzend.
Es gibt keinen Grund, eine Einheit unterschiedlicher Momente,
die sich in ihrer Unterschiedenheit gegenseitig real implizieren,
nicht zu denken — außer dem dinglichen
Vorstellungsdenken, dem dergleichen nicht vorkommt. Soll dieses
aber darüber entscheiden, was Selbstbewußtsein und seine
Struktur ist?
Damit wird Sprache, die doch schon in ihrer Lautreihung zeitgebunden ist, ja Denken, für zeitlos erklärt; Geschichte wird relativiert, d. h sie bezieht sich nur noch auf den Moment, den Augenblick, eben den Punkt, der nun alles bedeutet, weil unser Bewußtsein in ihm ja seine Existenz erfährt. Dahinter lauert aber die Gefahr, daß dieses punktuelle Ich sich zur Angel und zum Nabel der Welt erklärt. Zur Kritik überbordender Dialektik gehört der Einwand, daß sie sich um Entscheidung zu drücken versucht. Konstituiert sich die Wirklichkeit dialektisch, d. h. in Gegensätzen als Polaritäten, so bleiben beide Pole gleichberechtigt. Von daher die Unehrlichkeit und Blindheit einer Mehrheit der heutigen Intellektuellen dem Aspekt und der Tatsache der AUSLESE gegenüber. Es gibt Gegensätze, die sich ausschließen und uns zur Entscheidung herausfordern. PLURALITÄT bedeutet allerdings auch Geltenlassen von Gegensätzen; aber in verkörperter individualisierter Form schließt die Raumeinnahme von einem Körper diejenige durch einen anderen Körper am gleichen Ort aus, ist Existenz zugleich Konkurrenz, bei Lebewesen lebendige Konkurrenz, die nicht ohne Aufbau auf bewährter Tradition bestanden werden kann (In welcher Form auch solche "Tradition" immer stattfinden mag, als Gen-Ausstattung oder als Verhaltensprägung bis hin zur Kultur).
Die Struktur der Selbstreflexion wird allerdings durch die
bald zu betrachtende Intersubjektivität leichter verständlich,
weil phänomenologisch-anschaulich leichter nachvollziehbar...
Wir stehen mit der Struktur von Selbstbezüglichkeit an der
Geburtsstätte dialektischen Denkens im neuzeitlichen Sinne, dies
zumindest systematisch, wenn nicht auch historisch gesehen.
Dialektisches und reflexionslogisches Denken sind dasselbe... (a.
a. O. S.33)
Gemäß dem aristotelischen Nichtwiderspruchsatz müßte man
sagen: Ich ist nicht erkennend, insofern es erkannt ist; es ist
nicht erkannt, sofern es erkennend ist. .. Man sieht, daß die
Struktur von Selbstbezüglichkeit in einer Konkurrenz zum
formallogischen Nichtwiderspruchsatz steht: Es wird ausgesagt, daß
die Rücksichten von >erkennend< und >erkannt<,
unbeschadet ihrer Unterschiedenheit, selbig sind... (a. a. O. S.34)
Die klassische Logik ist eine Logik des gegenständlichen Seins
oder der unreflektierten Beziehung. Sie behält ihre Gültigkeit
vor allem als Aussagelogik, insofern der Nichtwiderspruchssatz
Voraussetzung allen geordneten Sprechens bleibt, und dies, weil
die Objektivierung eine >Grundwendung aller Sprachen< (J. G.
Fichte, Die W.-L.,1804, s. w. x 205) Daher muß es auch im
dialektischen Denken, d. h. im Besprechen reflexionslogischer
Sachverhalte um Vermeidung des Widerspruchs gehen. Dies nicht,
weil die Wirklichkeit nicht widersprüchlich sein könne, sondern
weil sinnvoll, geordnet gesprochen werden muß. Die Wirklichkeit
kann weder widersprüchlich (in diesem Sinne) noch nicht-widersprüchlich
sein, wo sie über unreflektierte Verhältnisse, d. h. über
zweiwertige Ausschließungsverhältnisse, d. h. Ausschließungsverhältnisse,
[entweder/oder; ja/nein] hinausgeht. Die zweiwertige Rede von
>widersprüchlich< hat nur einen sehr eingeschränkten
ontologischen Sinn. (a. a. O. S.35)
Im biotelen Denken allerdings geht es um sinnvolle (oder vernünftige) Entscheidungen hinsichtlich des Überlebens: und da gibt ein Ja oder Nein, geht es häufig um Überleben oder Tod. Reflexion muß zeitweilig auch zu einem Abschluß kommen, d. h. zu einem Neubeginn.
Das Problem des Verhältnisses zwischen klassischer und dialektischer Logik ist selbst ein Reflexionsproblem... (a. a. O. S.36) Mit der Suspendierung der ontologischen Frage verläßt der Logiker aber geistig die philosophische Fakultät, insofern für ihn nicht mehr das Ganze von Logos oder Sinn zur Debatte steht, sondern relativ willkürliche oder unbewußt an überholte Ontologie gebundene Formalstrukturen. Solches Auseinanderleben von Philosophie und Logik kennzeichnet ihre Geschichte seit über hundert Jahre. Um so mehr fasziniert die Aussicht auf ein möglich und notwendig gewordenes Wiederfinden. Es wäre ein sich Wiederfinden von verobjektivierter Form und versubjektiviertem Inhalt... (a. a. O. S.37)
Die Aussage Kants, daß Raum und Zeit in der Anschauung a priori gegeben sind (uns uns doch wahrscheinlich auch zumindest vielen Tieren), scheint mir durch eine Theorie der sukzessiven Reflexion nicht widerlegt, welche uns höchstens das Verständnis über die Entstehung dieser unserer Anschauung fördern könnte, während das Erleben dieser Einheit von Raum und Zeit für uns doch unreflektiert bleibt und uns doch offenbar als Erlebnisvoraussetzung "angeboren", d. h. bereits in unserer Hirnentwicklung, angelegt ist. Für Kant besteht der Gegensatz nicht zwischen Philosophie und Logik, sondern zwischen Philosophie und Mathematik, wobei letztere in ihren Schlüssen allein intuitiv und konstruktiv vorgehen kann, aber dem Quantitativen verhaftet bleibt. In der Politik wie im täglichen Leben sind wir jedoch auf qualitative Verhältnisse verwiesen, in denen lediglich die Analogie in der Erfahrung uns regulativ weiterhilft. (Kritik d. R. Vernunft, Ph. Reclam Jun. Stuttgart1966, a. a. O. S.258) Das Problem ist dabei, daß auch bei der qualitativen Beurteilung auf Grund des Baues und der Funktion unseres Nervensystems das Quantitative elektrischer Entladungen bzw. chemische Umsetzungen den Entschluß bestimmt, zumindest als Medium hin zur AKTIVITÄT. (Von der demokratischen Doktrin aus kann hier keine "Klage" erhoben werden, da in der Demokratie ja auch die Abstimmung, d. h. die Quantität letztlich entscheidet.)
Das Geschäft der Philosophie wird von Johannes Heinrichs verdienstvoll in Richtung Selbsterkenntnis verfolgt; und doch bleibt für mich das Bewußtseins ein Wunder, an dessen Aufklärung mit den Mitteln des bloßen Denkens, des alleinigen Sprachwerkzeuges, ich sehr zweifle; und selbst gegenüber den allfälligen Experimenten im Rahmen der Neuroanatomie und Neurophysiologie in Verbindung mit der modernen Computerforschung hege ich noch so meine Skepsis, sie könnten auch nicht weiter fündig werden beim Versuch, den tiefen Graben zwischen Materie und Geist, Leib und Seele, Physik und Psychologie zuzuschütten. Bei der biotelen Zielvorstellung der DYNAMISCHEN STABILITÄT spielt der Regelkreis, die Kybernetik eine Rolle, die sich bis hinein in die Bewußtseinssphäre fortsetzt. Die Reflexionstheorie würde sich auch philosophisch endgültig darauf festlegen, daß das Bewußtsein und Denken dem Funktionellen und die Erforschung der (Neuro-)Physiologie zuzurechnen ist; die Alten meinten aber für die Seele eine besondere Substanz in Anspruch nehmen zu müssen. Ich möchte die Frage nach dem "Stoff" bei der Suche nach mehr Wissen um das Bewußtsein nicht kategorisch vor der Tür lassen.
Die letzten Worte klingen auch verbal an Fichte an: > Das
Sein ist durchaus ein in sich geschlossenes Singulum des Lebens
und Seins, das nie aus sich heraus kann.< (J. G. Fichte, S.W.X
212 -W.L. 1804) Fichte nennt es auch >Licht< und >das
Absolute<. (Für Henrich heißt es hier >Bewußtsein<,
was allerdings für Ficht der Name für >Erscheinung< des
Absoluten im einzelnen Selbst ist). Fichte vermeidet aber den
flagranten Widerspruch, von einer >Fähigkeit, auf sich selbst
zu reflektieren< (Henrich s. o.) zu sagen, Daß Reflexion
nicht konstitutiv für sie sei.*) Und er bleibt nicht so leicht
die Antwort schuldig, wie das selbst jemals sich reflektieren
soll, wenn es nicht von vornherein Reflexion ist. Denn für
Fichte ist Reflexion gerade das Prinzip der Vereinzelung zum
Selbstbewußtsein, der Spaltung von Einem Sein, Leben, Licht +)
einerseits und Bewußtsein, Dasein, Mannigfaltigkeit
andererseits, kurz der Erscheinung...
+) Nach der Logoslehre des Johannesevangeliums ist der Logos
Licht und Leben der Menschheit. Er ist göttlich, aber nicht
schlechthin mit Gott identisch, sondern sein >Sohn<, der
menschliches Individuum wird (Joh. I,1-5,9-12,14) (a. a. O. S.56)
*) Dieser Widerspruch könnte zunächst durch die Unterscheidung
von >Fähigkeit< als Möglichkeit und deren Verwirklichung
ausgeräumt werden. Das entspräche der scholastischen
Unterscheidung von >Actus primus< und >Actus secundus",
wie sie sich auch implizit findet bei W. Cramer (vgl. Anmerkung
32). Ein solches vortranszendentales Substanz-Akzidenz-Denken führt
in der Tat in das Zirkelproblem (das Ich ist als Substanz seinen
Akten stets vorgegeben), ist aber von einem konsequent
transzendentallogischen Ansatz her nicht zu rechtfertigen. Das
Berechtigte der Unterscheidung des sich >durchhaltenden<
Ich von seinen einzelnen Akten wurde oben mit der Formulierung
>Identität der Identität und Nichtidentität< erfaßt. (§3)...
Wenn man in diesem Sinne von >Actus primus< und >Acti
secundi< sprechen will, ist der Actus primus mit der
konstitutiven Reflexion identisch. (a. a. O. S.52)
BIOTELIE als politisches System nimmt den
Subjektivitätsfaktor bereits bei Auswahl und Kontrolle der
Gutachter ernst; sie läßt deren Ergebnisse der direkt-demokratischen
Kontrolle der Betroffenen unterwerfen, deren Willensentscheidung.
Irgendwie soll im weiten Zwischenraum zwischen Urteil über die
Problemlösung und Abstimmung die Willkür verbannt oder
kleingehalten werden. Entstanden ist dieses Zustimmungsfilter
— wachsender Porengröße, d. h. fallender Anteilsprozente für
die Vetofunktion bis hin zur einfachen Mehrheit (1954 noch 80%!)
— aus der Notwendigkeit demokratischer Legitimierung; bald
hat sich mir jedoch gezeigt, das eine generelle Zustimmung aber
mehr bedeutet. Es geht hier mehr als um das Selbstbewußtsein
oder um ein Selbstbewußtsein höherer Ordnung, nämlich um das
Selbstwertgefühl, das sich aus der Achtung von Seiten der
anderen ableitet, bis hin zum Stolz. Auch für Platon und
Aristoteles war letzteres Anlaß, an der Demokratie als
Staatsform festzuhalten, und sei es über den Trick der Täuschung
der Volksmassen.
Wenn vom Ich (oder eigentlich von der Ich-Funktion), dem
Selbstbewußtsein als einem Reflexionsgeschehen ( in eine
Reflexionsbeziehung versteckt) die Rede ist, so wird auf den
Sinn, auf die Bedeutung Bezug genommen. Das agnostische System
der BIOTELIE möchte die Sinnfrage ausklammern zugunsten einer
PLURALITÄT der Weltanschauungen und -deutungen. Aber atheistisch
oder gar nihilistisch ist BIOTELIE gewiß nicht, lediglich
tolerant gegenüber (einigen?) Zweiflern und Verweigerern.
Lebensbejahung, auf die das biotele System angewiesen ist leitet
sich weithin auch von Sinnüberzeugung und Sinnerfüllung ab;
dennoch wird der Begriff der Bedeutung auf den pragmatischen
Bezug einer AKTIVITÄT in Richtung Lebenserhaltung selbstkritisch
beschränkt. (Der Aspekt der SPONTANEITÄT, der HYPARCHIE, also
der Minimierung von Gewalt, Zwang und Bedrohung, und die
Notwendigkeit allgemeiner Zustimmung möglichst aus Überzeugung
schließen allzu starken Druck in dieser Richtung aus.)
"Jeder ist sich selbst der Nächste", sagt das Sprichwort und meinte dies ursprünglich im negativen Sinne. Über Erfolg kann man Menschen jedoch überzeugen, sogar vom Sinn (Vorteil ) von vorübergehendem Genuß- oder Konsumverzicht. Der Rückgriff auf Reflexion auch interpersonell (intersubjektiv = zwischen Subjekten) ins Soziale ausgreifend, wie er im Werkzeug der Sprache schon naheliegt und uns auf andere verweist, läßt verstehen, daß bei der Aufstellung der biotelen Aspekte derjenige der AKTIVITÄT dem Gruppen- und Vereinsleben zugeteilt wurde: höchste Handlungsfähigkeit besteht nicht im Alleingang, sondern in der sozialen Interdependanz und Kooperation. Der Aspekt der GEGENSEITIGKEIT als fundamentale Stütze der Rechtsordnung ist ebenfalls ein reflektiver. *)
*) >Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten.< (Matthäus .7,12, Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift n. d. Übersetz. v. Dr. Martin Luther.., Stuttgart, Privileg. Württ. Bibelanstalt,1923) . [Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift..,1986: >... sollt auch ihr ihnen ebenso tun; in der Tat, das ist es , was das GESETZ und die PROPHETEN bedeuten.<]
Soll z.B. >Intentionalität< auf einseitig-zielendes Intendieren, Meinen, Handeln festgelegt werden? Man tut es faktisch, mangels der Einsicht, daß es um den Unterschied zwischen Reflexionsstufen geht, z.B. daß >dialogisches Handeln< eine in sich reflexive, gegenläufige Intentionalität darstellt. Dadurch wird die Unhaltbarkeit der Vorstellung, geistiges Wirken sei einseitige Intentionalität, nicht allgemein genug erfaßt. Dies wird sich im folgenden durch den Einbezug anderer Sinnelemente, z. B. des Fremdbezugs in den Selbstbezug, zeigen. (a. a. O. S.37)
Das Problem der Abschließbarkeit des konstitutiven Selbstbezugs zu inhaltlicher Bestimmtheit ist von der innersubjektiven Betrachtung allein her nicht zu lösen. Den Arten von Andersheit (Sinnelementen) entsprechen grundlegende Intentionalitäts- oder Handlungstypen und Stufen der konstitutiven Reflexion, di ein einem innersubjektiven Handlungssystem einen ihr selbst einsichtigen Abschluß finden....(a. a. O. S.38)
Hans Wagner hat in seinem wichtigen Werk >Philosophie und Reflexion< [S.40] der Iteration folgendermaßen Einhalt geboten: >Zweifellos sinnhaft sind die ersten vier Schritte, zweifellos sinnlos sind alle folgenden. Ergibt der erste Reflexionsschritt die Möglichkeit, Struktur und Gesetzlichkeit eines gegenstandsbezogenen Aktes zu erfassen und zu bedenken, so ergibt der zweite Reflexionsschritt die Möglichkeit, die zweifellos andersgeartete Struktur und Gesetzlichkeit eine sauf den gegenstandsbezogenen Akt gerichteten Reflexionsakt zu erfassen und zu bedenken, so ergibt weiterhin der dritte Reflexionsschritt die Möglichkeit, die wiederum etwa anderes geartete Struktur und Gesetzlichkeit eines Reflexionsaktes, der sich auf einen Akt richtet, welche auch selbst bloß mehr ein Reflexionsakt ist, zu erfassen und zu bedenken, und so ergibt schließlich der vierte Reflexionsschritt die Möglichkeit, festzustellen, daß der von ihm betrachtete und bedachte Reflexionsakt... genau dieselbe Struktur und Gesetzlichkeit ha wie der im dritten Reflektionsschritt... Nur drei verschiedene Reflexionsakte können eben inhaltlichsinnvoll und theoretisch relevant, weil in Struktur und Gesetzlichkeit untersheidbar, sein: die Reflexion auf einen gegenstandslosen Akt (1); die Reflexion auf einen Akt, der selbst Reflexionsakt auf einen gegenstandsbezogenen Akt ist (2); die Reflexion auf einen Akt, der selbst Reflexionsakt ist, sich aber auch bloß mehr auf einen Reflexionsakt richtet (3).... (a. a. O. S.39)
Ein Beispiel von intersubjektiven Reflexionsbeziehungen bis hin zu Erwartungserwartungen wird vom Autor in Stufen entwickelt, bei denen zu einer bestimmten Tageszeit in Erinnerung an ein Zusammensein mit einem Partner an diesen gedacht wird, und dies in der Erwartung, der werde auch entsprechende Gedanken zu entsprechender Zeit hegen. Es kann noch eine Vermittlungsperson dazwischentreten, die davon berichtet, daß dieses Gedenken bei einem der Partner statthat, ja beide Partner können ein solches gegenseitiges Gedenken verabreden, dies zur Verhaltensnorm (Metakommunikation) erheben. (a. a. O. S.42,43)
Die Einheit von Selbstbezug und Fremdbezug läßt sich nur so
denken, daß der Fremdbezug als solche selbst Selbstbezug wird,
wenn mit anderen Worten im >angeschauten<, inhaltlichen
Anderen nicht nur ich selbst mich >anschaue<, als Inhalt
>gespiegelt< finde.. , sondern mein formaler Selbstbezug
als Denken sich darin konstituiert. Man sieht es geht um alles
dies zugleich: Einheit von Denken und intellektueller Anschauung....(a.
a. O. S.44)
So wie Selbstbezug nicht vor dem Bezug auf Anderes angesetzt
werden kann, so kann er auch nicht aus dem intersubjektiven Bezug
erklärt werden in de Weise, als ginge Intersubjektivität
transzendentallogisch der Subjektivität voraus. Dies wäre
wiederum ein schlechter Zirkel: Denn die Intersubjektivität
impliziert selbstbezügliche Subjektivität. Zwar kann und muß
die noch latente Selbstbezüglichkeit des Kindes durch schon
vorhandene Sozialität (Intersubjektivität) erweckt, zur Realisierung gebracht werden. Aber es ist ein Trugschluß,
selbstbewußte Identität aus sozialer Reflexivität genetisch
ableiten zu wollen. (a. a. O. S.45)
So wie sich im Vorausgehenden die Selbstbewußtseinstheorie
zur Intersubjektivitätstheorie erweitert hat, so führen diese
Fragen nach der Integration der äußeren und inneren Natur in
eine allgemeine Subjekttheorie hinein. Es wurde niemals
impliziert, daß menschliche Subjektivität mit Selbstbewußtsein
und daher beide Theorien identisch seien. Wohl wurde von diesem
als >Zentrum menschlicher Subjektivität< (§ 2)
gesprochen, somit in Betracht gezogen, daß menschliche
Subjektivität nicht reines Selbstbewußtsein und reine Freiheit
(die zwei untrennbare Aspekte der Selbstbezüglichkeit) darstellt. (a.
a. O. S.47,48) ... Das Problem einer Einheit von Selbstbezug und
Fremdbezug ist im Hinblick auf den Gegenstandsbezug allein nicht
zu lösen... Daß der Bezug auf Natur und Objektivität als
Fremdbezug ebenfalls Selbstbezug ist, stellt sich in der
Leiblichkeit dar, der spezifischen innersubjektiven Art des
Fremdbezugs-im Selbstbezug auf der Ebene der naturhaften
Unmittelbarkeit.
Es fiel bereits auf, daß eine Korrelation zwischen
Sinnelementen und Reflexionsstufen besteht....
(1) Unreflektierte Handlungsintentionalität: ObjektO
(2) Einfach reflektierte Intentionalität Subjekt: S s
( strategisches Handeln )
(3) Gegenläufig-doppelt reflektierte Intentionalität: anderes
Subjekt S o
(4) Reflexion der Gegenseitigkeit in eine Einheit: Sinnmedium M
(metakommunikatives Handeln)
Es sei nochmals betont, daß auch die erste Reflexionsstufe als menschliches Handeln nur vom Ganzen de Selbstbezüglichkeit her möglich ist (Integrationsprinzip)...(a. a. O. S.48)
Wir erlebten eben den Sprung in das "Intentionale", in den Bereich dessen, wo Einwirkung auf die Wirklichkeit einsetzt , bewußte Veränderung, die Willenssphäre schließlich. Wir berühren die Klammer zwischen dem Möglichen (Potentiellen) und dem Verwirklichten und müssen warnen vor dem Absturz in die Illusion, mit unseren Wünschen nicht nur die Wirklichkeit, sondern auch unsere Möglichkeiten überholen zu können. Uns fällt dazu der Meldegänger des ersten Weltkrieges und spätere Diktator, Adolf Hitler, ein, aber auch die kommunistisch-sozialistische Doktrin, die noch heute ihr Unwesen treibt.
Wir haben in diesem Paragraphen hauptsächlich das Reflexionsverhälstnis S s — S o untersucht und dabei einerseits die beiden ersten Reflexionsstufen als in die kommunikative Gegenseitigkeit integriert, andererseits diese Gegenseitigkeit als in eine Identität des gemeinsamen Sinnes integriert und gelegentlich von >Partizipation< am gemeinsamen Sinn (sei es an dem apriorischen vorausgesetzten, sei es dem aposteriorischen, reflexiv gestalteten) gesprochen. Was heißt aber >Partizipation<, und was ist über das Sinnmedium im Verhältnis zum Subjekt als dem Ursprung (Woher) des Handelns und de reflexiven Aktivität zu sagen?...(a. a. O. S.49)
Voraussetzung menschlichen Selbstbewußtseins ist Partizipation am Sinnmedium, die in der metakommmunikativen Reflexion espliziert wird. Philosophie muß die Frage offen halten, ob Sinnpartizipation selbst ein analog metakommunikatives Reflexionsverhältnis ist oder ein anonym vorausgesetztes Moment zwischenmenschlicher Kommunikation bleibt... (a. a. O. S.50)
Das Ich setzt nicht nur das Sinnmedium (M) voraus, sondern auch sich selbst (S s) als Ursprung seiner Aktivität, ebenso Objektivität (O) und andere Subjektivität (S o ). Aber hat dieses >voraussetzen< nicht jeweils einen verschiedenen Sinn — und lassen sich nicht einige dieser vier Voraussetzungen auf andere, vielleicht eine einzige zurückführen? ... Müssen wir am Ende doch zu D. Henrich übergehen, der eine subjektlose >Dimension< oder ein >Medium< namens Bewußtsein ansetzt, das kein Selbst ist und dem gegenüber das Ich >zumindest ein aktives Prinzip der Organisation des Bewußtseinsfeldes< darstellt? >Diese Egozentrik wird, wie wir wissen, niemals vollständig eliminiert werden. Dennoch ist sie nicht das Grundphänomen des Bewußtseins, sondern nur eine Form seiner Organisation, die vermutlich bereits die eigentümlichen Möglichkeiten des Menschseins einschließt: Ausbildung und Überwindung der Egozentrik.< (D. Henrich, Selbstbewußtsein, 276) (a. a. O. S.51)
Die Reflexionslogik wird zur Schlußlogik von Einzelheit,
Besonderheit, Allgemeinheit, und alles Vernünftige ist ein
solcher Schluß....(a. a. O. S.54) (a) Für Hegel bedeutet
Reflexion dasselbe wie Negation bzw. Negation der Negation und
deren Iteration... (d) Aus Unableitbarkeit freier Andersheit auf
gegenständlich negative (oder was im Grunde dann dasselbe besagt)
auf innersubjektive Andersheit qua Negativität (vgl. a) folgt
die Unableitbarkeit des vermittelnden Sinnmediums auf
innersubjektive Allgemeinheit bzw. die Unmöglichkeit einer
Identifizierung der Subjektallgemeinheit mit dem absolut
Allgemeinen von Sinn ... (a. a. O. S.55)
Es sei der sprachphilosophische Ausblick erlaubt, daß die
semantische Beziehung der Objektivität (S — O), die
pragmatische Beziehung der Intersubjektivität (S s — S o)
sowie die syntaktische Beziehung dem Medium (M) zuzuordnen sind.
(a. a. O. S.35)
Philosophische Reflexion ist Strukturreflexion. Sie kann individuelles, freies Leben nicht vorwegnehmen. Es ist auch nicht ihre Aufgabe, dieses als solches zu Wort zu bringen. Das ist Sache der Dichtung bzw. einer möglicherweise legitimen Offenbarungsreligion.... Die Philosophie wird die Frage nach der Natur der Sinnpartizipation positiv offenhalten müssen. ... Sinn kann und muß philosophisch als Kommunikation und Metakommunikation bestimmt werden. Aber worin diese gründen, bleibt offen... Wir Plädieren für die Offenheit, d. h. für die erkenntnistheoretische Schwebe..(a. a. O. S.57)
Der Begriff eines dynamischen Systems als Handlungssystem
läßt sich mittels de Reflexionsgedankens streng
handlungstheoretisch einführen. Die Analogie zu kybernetischen
Systemen wird durch den Reflexionsgedanken präzisiert und
zugleich begrenzt. (a. a. O. S.59)
...>Ein System ist eine Menge von Objekten mit Beziehungen
zwischen diesen Objekten und zwischen ihren Merkmalen.< (R.
Prewo/ J. Ritsert/ E. Stracke: Systemtheoretische Ansätze in der
Soziologie,12), [ ...eine >Standarddefinition<,] die jedoch
völlig ungenügend für unsere Anforderungen bleibt. Selbst für
ein statisches System müßte Vollständigkeit der
Elemente und damit Abgeschlossenheit nach innen mit in die
Definition aufgenommen werden. Für ein dynamisches System ist
darüberhinaus das Vorhandensein aktiver Elemente und für
ein offenes dynamisches System Austausch mit einer Umwelt bei
Vorhandensein von Systemgrenzen, also Unterscheidbarkeit von
Innen und Außen wesentlich, so daß man etwa definieren kann:
>Interdependenz einer vollständigen Reihe von Elementen (Aspekt
der Einheit oder Geschlossenheit), die in aktivem Austausch mit
einer Umwelt stehen (Aspekt der Offenheit)... das Spezifische von
Handlungssystemen kommt mit den angeführten Begriffsbestimmungen
noch gar nicht in Sicht.. (a. a. O. 59,60)
Talcott Parsons,der Begründer der Handlungssystemtheorie, führte
den Begriff des sozialen Systems von der Interaktion zwischen
Alter und Ego her ein (T. Parsons/ E. A. Shills, Hrsg.. Toward a
General Theory of Actions, 6 — T. Parsons, Die Stellung der
Soziologie innerhalb der Sozialwissenschaften, 387), noch aus der
Perspektive der an Organismen orientierten Systemtheorie, nämlich
vom Gleichgewichtsgedanken her. Immerhin handelt es sich bei ihm
bereits um ein kulturelles >Gleichgewicht< gegenseitiger
Erwartungen (expections). >Wenn immer eine Interaktion auf der
soziokulturellen Ebene stattfindet — und sei es auch nur
zwischen zwei Menschen — so entsteht ein soziales System<.
>Handlungen der Akteure, so lautet die Grundthese Parsons,
schließen sich in dem Maße zu einem System zusammen, wie eine
nicht nur kalkulatorische Bindung an letzte Werte (ultimate
values) wirksam ist<. (Prewo/Ritsert/Strake,a. a. O. 85) ...
Parsons Kulturbegriff ist dadurch belastet, daß er Kultur als
eigenes Handlungssystem mit der Funktion der Normerhaltung kennt....
Niklas Luhmann äußert sich folgendermaßen definitionsähnlich:
> Soziale Systeme bestehen aus faktischen Handlungen, die
sinngemäß zusammenhängen. Ein solcher Sinnzusammenhang gewinnt
Dauer, Konsistenz und Konsensfähigkeit dadurch, daß das Handeln
typisch erwartbar wird...< (a. a. O. S.60)
Schließlich soll die Definition von >zwischenmenschlichem
System< bei Watzlawick/ Beavin/ Jackson genannt werden:
>Zwei ode mehrere Kommunikanten, die die Natur ihrer Beziehung
definieren<. (P. Watzlawick/ J. H. Beavin/ D. Jackson:
Menschliche Kommunikation, 116) Offensichtlich hat solche
Definition einer Beziehung etwas mit dem Begriff der
Metakommunikation zu tun, den die Autoren einführen, in dem sie
zwar nicht mehrere Reflexionsstufen, aber doch zwei Aspekte
unterscheiden: >Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und
einen Beziehungsaspekt, derart, daß letztere den ersteren
bestimmt und dabei eine Metakommunikation ist.< (ebd. 56)
Hier können wir anknüpfen... Handlungssystem heiße die
reflexive Interdependenz der Sinnelemente, die jeweils auf eine
spezifische Umwelt hin offen sind, sofern diese Interdependenz zu
einem selbstreflexiven (metakommunikativen) Abschluß kommt. Wenn
irgendwo, dann sind durch Reflexion Handlung und System
miteinander vermittelt: Man kann über menschliches Handeln unmöglich
adäquat sprechen, ohne auf deren Reflexionsstruktur einzugehen.
Ebenso ist die spezifische Eigenschaft dynamischer Systeme, ihre
Selbstregulierung, ein Reflexionsphänomen und im Falle von
Handlungssystemen Selbstreflexivität.
Mit der letzten Bemerkung haben wir den Anschluß an die allgemeine Systemtheorie und die Kybernetik erreicht... >Das grundsätzliche Modell der Kybernetik ist bekanntlich das der Rückkopplung oder des feed-back-Kreises. Man kann eine Maschine selbstregulierend machen... so daß die Maschine sozusagen empfindet, wie weit sie noch vom Ziel entfernt ist... (a. a. O. S.62) Wenn man sich klarmacht, daß die Vermaschung Iteration derselben Struktur ist und daß das Regelkreisschema nur eine Reflexion erster Stufe — sei es die iterative Reflexion auf technisch-praktisches Handeln , sei es das strategische Handeln qua Reflexion auf die Absichten anderer — darstellt, wird man, bei aller Vorsicht, die einem Nichtspezialisten auf dem Gebiet der Kybernetik ansteht, doch starke Gründe geltend machen dürfen, weshalb die höheren Handlungs-. und Reflexionsstufen durch Regelkreis in ihrer Vermaschung nicht objektivierbar sind. Und zwar deshalb, weil es sich bei den höheren Handlungsstufen eben nicht um Iteration derselben Reflexionsstruktur handelt (welche man als iterative oder quantitative Vermaschung nachbauen könnte), also nicht um ein kompliziertes Ineinander und rasches Nacheinander einfach-intentionaler Akte und ihrer Wechselwirkungen, sondern um in sich mehrfach reflektierte Akte, die sich in der Selbstreflexivität des Handelnden vollenden.... (a. a. O. S.65)
So sehr die Vereinzelung und >Icheinsamkeit< (Husserl) denkerisch wie erlebnismäßig erschrecken kann — ohne sie gibt es keine Einheit, die diesen Namen verdient. Das >Abendland< ist den Weg der Vereinzelung, der Personalisierung, gegangen, der gefährlich ist, jedoch unerläßlich für eine Einheit, die höher ist als das regressive Eintauchen in die Differenzlosigkeit.... (a. a. O. S.45)
Hier wird die zentrale Stellung der Einheit angesprochen, wie sie im Ich jedermann am wenigstens zurückweisbar konkretisiert ist. Einheit steht aber in Korrepondenz mit Abgesondertheit, der AUSLESE als Entscheidung und in der Regel Ausscheidung vorhergeht und auch nachfolgen kann. In BIOTELIE soll die Personalisierung der Politik ein Stück weit zugunsten einer Funktionalisierung zurückgenommen werden.
Der Bereich der unmittelbaren, primären Beziehungen mag noch am meisten auf der spontanen Regelung des Verhaltens durch die Beteiligten selbst beruhen. Aber schon dort herrscht eine Dialektik von freier Normsetzung (spontaner Regelung) und Normenvoraussetzung, die sich bei der Großgesellschaft zugunsten der dem Einzelnen vorausgesetzten Normen verlagert. Wenn wir Macht (im Unterschied zu >Herrschaft< hier völlig wertfrei verstanden) als Übergewicht oder Asymmetrie in den menschlichen Beziehungen verstehen, so können wir die vertikale Normenmacht von der, unmittelbar auf übermächtige Einzelne zurückgehenden horizontalen Macht unterscheiden.... (a. a. O. S.66)
Personales und soziales Handlungssystem sind als einzige
aufeinander unrückführbar und stehen in einem Verhältnis
gegenseitiger Implikation zueinander. Ihr Unterschied ist
allerdings struktureller Art, d. h. soziale Systeme sind nicht
als Groß-Ich aufzufassen....
Selbst wenn man von der Vervielfältigung von Sozialbezügen des
Einzelnen und der iterativen Bildung einer personalen bzw.
umgekehrt von der iterativen Bildung einer Identität eine
sozialen Systems absieht und das Individuum als nur in einer
einzigen Sozialbeziehung (etwa der Mutter-Kind-Beziehung) stehend
betrachtet, ist bereits eine doppelte Systemreferenz zu
unterscheiden: die des einzelnen einerseits sowie der
Gemeinsamkeit andererseits.... >Systemreferenz< nennen wir
den Bezugspunkt, in dem ein System seine Einheit (Identität) hat...
(a. a. O. S.68) Nach dem Schema der Sinnelemente: im ersten Fall
ist S s die Systemreferenz, im zweiten M.... Ist die gemeinsame
Systemreferenz M nicht ein je-individuelles, je meiniges
Reflexionsprodukt? Ist also die Selbstbezüglichkeit des sozialen
Systems ausschließlich die jeweilige der beteiligten Subjekte?
... die Fähigkeit des bei sich seienden (selbstbezüglichen)
Subjekts, sich als beisichseiend zu entäußern und auf den
Standpunkt der Gemeinsamkeit zu stellen. Man kann noch hinzufügen,
daß diese Fähigkeit insofern eine Notwendigkeit ist, insofern
das Selbstbewußtsein sein Beisichsein ursprünglich und
fortdauernd erst aus der interpersonalen Synthese gewinnt. Von
daher ist >Solidarität<, nämlich die Einnahme des
Standpunktes der Gemeinsamkeit für das Subjekt eine
transzendentallogische Notwendigkeit... (a. a. O. S.69,70)
Nur ist solche Solidarität weitgehend und
wechselhaft auf eine Gruppenberücksichtigung eingeschränkt (auf
die Famillie, das berufliche Umfeld, eine Vereinsgemeinschaft,
die eigene Nation usw.) und wird im biotelen System unter dem
Aspekt der SUBSIDIARITÄT eingeordnet.
Je anonymer die gesellschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen
sich gestalten, desto weniger kann sich der Einzelne auf
Gemeinsinn und Hilfsbereitschaft verlassen. Weil
Hilfsbereitschaft von der sozialen Gesamtlage, vom Zufall der
sich begegnenden Menschen und von der Gesetzeslage abhängt
— man wird Bettlern dort weniger geben, wo man sie durch
eine Sozialfürsorge versorgt weiß — besteht ein Bedürfnis
nach staatlicher Regelung schon zur Vermeidung von Mißbrauch und
Versorgungslücken.
Unsere Behauptung geht dahin, daß Werte weder irrational noch >rational< im Sinne von diskursiv-objektivierbar sind, sondern ursprünglich reflexiv-vollzugsimmanente Gehalte, die nur sekundär-inadäquat objektivierbar und intersubjektiv plausibel werden sowie von der einmal erlangten intersubjektiven Plausibilität her tertiär normative Verbindlichkeit haben und dem Werterleben des einzelnen vorgegeben sind. Werte sind primäre Gehalte der Selbsterfassung des Subjekts in seinen Bezügen zu Objekten, anderen Subjekten, zum kulturell gestalteten Sinnmedium, und zwar im Hinblick auf die im reflexiven Selbsterleben erfaßte volitive Konsonanz von Subjekt und Andersheit.... (a. a. O. S.120)
"Volitiv" heißt: das Individuum
muß Werte wollen, ihnen innerlich zustimmen. Und doch wollen wir
gewissen Grundwerten, insbesondere den biotelen eine primäre und
ursprüngliche Rationalität zubilligen, gerechtfertigt durch
ihre Ableitung als Instrumente der Lebensbewältigung.
Zwar sagt ein altes Sprichwort: "Quäle nie ein Tier im
Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz"; aber die Begründung
der Ethik auf Rückbezüglichkeit ist nur bedingt möglich.
BIOTELIE setzt auf rationale Wertebegründung, wenn auch nicht
ausschließlich; was so viel bedeuten soll, daß das biotele
System so angelegt ist, daß auch irrationale oder nicht rational
begründbare Werte, in gewissem Umfange sogar als notwendig,
anerkannt werden. Mit Kant ist auch eine Lanze für die
Pflichtethik zu brechen, welche nicht an die Zustimmung der
Handelnden gebunden ist, sondern auf die Erfüllung des
Sittengesetzes, letzteres jedoch auch rational auf seine Rolle
zur Lebensbewältigung rückführbar. Es ist aber durchaus
menschlich, die Ethik an ein "Sinnmedium", an die
kulturelle Überlieferung — und im Gegensatz zu Kant —
auch an die Emotionalität, zu binden.
Und dann noch: es darf doch hoffentlich die Frage gestellt werden, ob ein Diskurs stärker rational oder irrational verläuft. Die "intersubjektive Plausibilität" wird vermutlich im unabhängigen biotelen Gutachterverfahren ohne direkte personal-intersubjektive Kommunikation deutlicher , nämlich ehrlicher herausgearbeitet werden können. Verfahrensfragen sind so wesentlich wie Inhaltsdefinitionen: dies zeigt die Diskrepanz zwischen modernen Verfassungen und der Lebenswirklichkeit, die sie doch bestimmen sollten. Es lebt in J. Heinrichs Auffassung der sokratische Optimismus auf, daß der zur Weisheit Strebende gar nicht anders könne, als das Gute zu tun, d. h. die tragenden Reflexionsbeziehungen bis zu deren höchsten Ebene hinauf voll zum Tragen zu bringen. Aber die in der Dachregion der Grundwerte-Versammlung Behausten, werden auf sich selbst bezogen doch sich doch gerne auch immer auf der unteren Reflexionsebene der Wirtschaft und des Profites aufhalten; und die dort sich (übrigens ohne Zwang nicht lediglich unter gegenseitiger Fairneß) Abmühenden werden sich von "denen da oben" nicht immer verstanden fühlen. Eine Integration der Reflexionsebenen darf nicht nur gewünscht: sie muß organisiert werden.
Wir haben schon früher auf das Sinnmedium M als zumindest
apriorisch-leere, gewöhnlich aber bereits kulturell-sprachlich
gefüllte Bedingung der Möglichkeit zwischen-menschlicher
Kontaktaufnahme (Kommunikation im weiteren Sinne) hingewiesen;
ferner im vorigen Paragraphen auf die Doppelheit von Voraussetzung
und Setzung dieses Mediums als sozial gestaltete Sinnwirklichkeit
(in Hegels Sprache >objektiver Geist<)... (a. a. O. S.71)
Doch Kultur stellt lediglich das objektivierbare Medium sozialer
Interaktionsprozesse, einschließlich individueller
Hervorbringungen, dar, und nicht selbst einen eigenen
Handlungsprozeß...(a. a. O. S.72)
Noch sind wir die Antwort auf die Frage schuldig, ob auch für
soziale Systeme als solche (nicht nur sofern sie personale
Selbstbezüglichkeit einschließen) Selbstbezüglichkeit
konstitutiv ist. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich eine
verneinende Antwort: Selbstbezüglichkeit gehört zwar sozialen
Systemen an, jedoch nur als solche der handelnden Subjekte: Nicht
das Medium (vor allem Normengefüge) wodurch soziale Systeme ihre
Identität erlangen, bezieht sich auf >sich<, sondern die
beteiligten Subjekte je auf sich, indem sie sich aufeinander
beziehen, und dies vermittels der gemeinsamen Mitte...
Es gibt jedoch eine wichtige Personifizierung und von daher
Selbstbezüglichkeit sozialer Systeme: in Amtspersonen und
Amtshandeln. Im Amtshandeln handeln Subjekte für die Einheit des
sozialen Wesens, d. h. als beauftragt und als für das Ganze
handelnd anerkannt, wie immer diese Beauftragung und Anerkennung
geschieht... (a. a. O. S.73)
Wenn Rückkopplung als "Selbstbezüglichkeit" benannt wird (indem man aber von Subjektivität und Bewußtsein auch absehen muß), so ist eine solche im biotelen Gutachtenwesen gewährleistet und zwar potentiell gegenüber jedermann und in beiden Richtungen, der Autor wollte aber gerade den Selbstbezug subjektiv aufgefaßt wissen und als unanwendbar gegenüber einer Instanz. Damit es zu sinnvoller Differenzierung und Ausgliederung von weiteren Systemen besonders im sozialen und politischen Bereich kommt , ist eine zentrale Steuerungsinstanz unentbehrlich, die optimal eine biotele ist. Letztere könnte zwar symbolisch etwa in einem Land und in einer Stadt und dort wieder in einem oder mehreren Gebäuden repräsentiert sein; funktional aber ist der biotele Kontrollkörper dezentral auf regional zerstreute und miteinander vernetzte Büros verteilt einzurichten. Dabei müssen solche Büros durchaus nicht lediglich fragmalen Charakter tragen, also in allem völlig gleichartig sein, aber doch überwiegend. Die VERGLEICHEN auf der Grundlage der Gleichartigkeit verleiht der biotelen Steuerung den Nimbus einer rechtsstaatlichen Amtsfunktion. Ein Mißbrauch der hieraus erwachsenden Autorität und Macht bedarf der ständigen systematischen Kontrolle unter Konkurrenz.
Wo Amtshandeln vorliegt, kann man passend von formellen Sozialsystemen sprechen; sonst von informellen (Zweierbeziehungen, teils Familien, informelle Gruppen).... (a. a. O. S.74)
Den Weg von elementaren Sozialsystemen zu Gruppen und
umfassenden Gesamtsystemen stellt die iterative Reflexion dar.
Das iterative Bildungsgesetz besagt jedoch nicht Iteration der
Struktur der konstituierten Gebilde und ist mit deren subsidärer
Koexistenz vereinbar. ...
Bereits in der Paragraphenüberschrift
wird dabei das Gesamtsystem als "korporatives Subsystem"
gekennzeichnet. (a. a. O. S.76) Der
Autor entwirft die Entwicklung und Beziehung der kleinsten
sozialen Einheiten hin zu den großen als iteratives Geschehen. (a.
a. O. S.77) Trifft eine Zweiergruppe, die sich
kennt, mit einem Dritten oder einer anderen Gruppe zusammen, so können
sie (etwa über ein gemeinsames Ziel, was zum nächstgenannten
Typus überleitet) eine neue Gemeinschaft bilden, ohne die ursprünglichen
Gruppenbeziehungen aufgeben zu müssen ("Gruppen oder
Interaktionssysteme") (a. a. O. S.78) Der andere Typ von
Subsystemen sind Organisationssysteme oder Institutionen. Im
Unterschied zu den Gruppen definieren diese Systeme sich selbst
vom Sinnmedium, d. h. von einem gemeinsamen Inhalt, einer
>Sache<, von Normen des Zusammenlebens oder
Zusammenarbeitens her... Sie gehen nicht aus Iteration von
Elementarsystemen primär durch quantitative Einbeziehung und
Konstitution einer neuen quantitativqualitativen Einheit hervor,
sondern durch iterative Reflexion elementarer Systeme oder
Gruppen auf einen vorgegebenen Zweck (Sachinstitutionen) bzw. ein
vorgesetztes gewachsenes, kulturelles Normengefüge des
Zusammenlebens (Personeninstitutionen). Konstitutiv sind somit
Sachzwecke bzw. kulturelle Sinnzusammenhänge...(a. a. O. S.84)
Wir gebrauchen nicht den kybernetischen Terminus
>Gleichgewicht<, weil wir damit bisher keinen präzisen
Sinn verbinden können, sondern sprechen lediglich von einer
Systemidentität im Hinblick auf den metakommunikativen Abschluß
in Inhalten von Normen, Zielen, theoretischen
Legitimationsgehalten..
Wir berühren damit die zur Zeit viel diskutierte Frage des
sozialen Wandels... 4. Schließlich ist der Wandel des
kulturellen und normativen wie religiösen Sinnmediums nicht
allein Funktion der übrigen Elemente, sondern auch aktiver
Wandlungsfaktor: kulturelle Einflüsse von außen, neue
theoretische Entdeckungen, künstlerische und religiöse
Ausdrucksmöglichkeiten, die nicht Sache der schöpferischen
Individuen bleiben, sondern selbst ohne Vermittlung durch
Interaktion, als bloße Gehalte, ansteckend wirken. (a. a. O. S.90)
Man wird, parallel zu den in § 6 erarbeiteten Reflexionsstufen,
aber der Fragestellung entsprechend sinngemäß abgewandelt,
unterscheiden können:
(1.) eine ursprüngliche Einheit von je-subjektivem
sowie sozialem Lebensvollzug und normierenden Gehalten, ein
Gleichgewicht von Setzen und Voraussetzen
(2.) eine objektivierende Reflexion dieser Einheit,
durch welche die normativen Gehalte reflexiv-ausdrücklich und
somit zu etwa Objektivem werden (objektvistische Phase)
(3) die ausdrückliche Selbstreflexion der solche
Objektivität und deutenden Subjektivität (subjektivistische
Phase; Krise) (a. a. O. S.92)
(4.) die Selbst-Erfassung der Reflexion als einer höheren
>Objektivität<: die ausdrückliche reflexive Einholung der
ursprünglichen Einheit (die, falls sie gelingt, zu neuer
Systemsstabilisierung führt) , am Beispiel
der zweitausendjährigen Geschichte des Christentums erörtert. (a.
a. O. S.93)
Das Verständnis von Sinnzusammenhängen kann nicht bei den fertigen, objektivierten Sinngehalten stehenbleiben, sondern muß auf die Sinnvollzüge, auf die Handlungszusammenhänge, zurückgreifen: (a. a. O. S.96) Hermeneutik wird zu einer philosophischen Wissenssoziologie (im Blick auf Sozialsysteme) bzw. zu einer philosophischen Verstehenspsychologie (im Blick auf personale Systeme) bzw. zu beidem zusammen... Das Geschichtsverständnis selbst ist Funktion von Reflexionslogik... Hat das zirkuläre Geschichtsverständnis der klassischen griechischen Zeit , nicht mit dem stabilen, in sich abgerundeten Reflexionswesen der klassischen Polis zu tun, und dies in der Wechselbestimmung mit der philosophischen Auffassung von zeitlos-ewigen Ideen über dem (nur quantitativ-akzidentellen) Wandel ? Ist das lineare Zeitverständnis des Judentums nicht Funktion ihres suchenden Nomadendaseins zunächst, später der Diskontinuität ihre Gemeinschaftsbildung trotz Kontinuität und Zentralisierung aufgrund eines Bewußtseins von Offenbarung und Verheißung? (a. a. O. S.97) Hat das christlich kairologische Zeitverständnis [bei dem es auf den richtigen Zeitpunkt ankommt, nämlich den des Heils], wie es oft als Synthese der beiden erstgenannten gesehen wird, nicht mit der ursprünglichen Vielfalt christlicher Gemeinden ohne völkisch-staatliche Einheit einerseits, mit dem einheitsstiftenden Bezug auf eine einzige Person andererseits zu tun?... (a. a. O. S.98)
Der hier vom Autor weithin verfolgten
Philosophie Hegels liegt dessen Anhänglichkeit und glaubensmäßige
Verbundenheit zur Trinität des Christentums zugrunde: daher die
Dreigliedrigkeit der Logik und der Kategorien (Einzelheit,
Besonderheit, Allgemeinheit) und die Verführung zu allzuweit
abschweifenden Analogien. Gegen den Vorwurf eines reinen
Mystizismus Hegels bezieht Heinrichs Stellung:
Ohne den Reflexionsgedanken bleiben Sätze wie dieser
Mystizismus. >Der Staat ist die Wirklichkeit der sittlichen
Idee, — an der Sitte hat er seine unmittelbar, und an dem
Selbstbewußtsein des Einzelnen, dem Wissen und Tätigkeit
desselben, seine vermittelte Existenz, so wie dieses durch die
Gesinnung in ihm, als seinem Wesen und Zweck und Produkte seiner
Tätigkeit, seine substantielle Freiheit hat. (Hegel, Grundlinien
der Philosophie des Rechts, § 257)... (a. a. O. S.141,142)
Unser erster Kritikpunkt lautet: Hegel kennt zwar beide Gesichtspunkte, so wie er die Differenzierung von Staat und
Gesellschaft erstmals grundsätzlich thematisiert hat, aber er
setzt korporativ-gesellschaftliche und strukturell-staatliche
Subsysteme (um es etwas vereinfacht so auszudrücken) teils bewußt,
teils unbewußt ineins. Aus dieser Ineinssetzung folgen: Ständestaat,
erbliche Monarchie, seine Auffassung von Gewaltenteilung und
anderes mehr. Hegel sieht die moderne Differenzierung von Staat
und Gesellschaft, dieser vor allem als Wirtschaftsgesellschaft.
Er thematisiert sie und will sie zugleich in gewisser Hinsicht rückgängig
machen....
(a. a. O. S.143) >Wenn die erste Basis des Staats die Familie
ist, so sind die Stände die zweite. § 212 Zusatz. — ...
Zur Familie macht die Korporation die zweite, die in der bürgerlichen
Gesellschaft gegründete Wurzel des Staates aus ... Heiligkeit
der Ehe, und Ehre in der Korporation sind die zwei Momente, um
welche sich die Desorganisation der bürgerlichen Gesellschaft
dreht.< (§ 255) Dabei sind die Stände: 1. die Grundbesitzer,
2. die Repräsentanten der gewerblichen Berufsverbände (Korporationen),
die Beamten. >Die Stände bestimmen sich nach dem Begriffe als
der substantielle und unmittelbare, der reflektierende oder
formelle, und dann als der allgemeine Stand.< (§ 202) Die
>Bestimmung nach dem Begriffe< ist diejenige, den wir den
strukturellen Gesichtspunkt nennen. Für Hegel ergeben sich die
strukturellen Momente: Einzelheit, Besonderheit, Allgemeinheit.
Sie sind die >besonderen Systeme der Bedürfnisse... Systeme,
denen die Bürger zugeteilt sind<. (§ 201, woraus sich die Stände
ergeben.... (a. a. O. S.144)
Zu vor noch eine Bemerkung zu Hegels Lehre von der Gewaltenteilung: Da Hegel nicht vier aus gleichursprünglichen Sinnelementen hervorgehende Reflexionssdtufen kennt wie wir, sondern nur die Reflexionsmomente Einzelheit, Besonderheit und Allgemeinheit, führt seine Gewaltenteilungslehre zu dem Ergebnis. fürstliche Entscheidungsgewalt, Regierungsgewalt, gesetzgebende Gewalt. So wie er die letztere, die Ständevertretung, den korporativ-gesellschaftlich vorgeformten Ständen zuordnet, so auch die beiden anderen Gewalten vorfunktional-präexistierenden korporativen Subsystemen: die königlich Familie, die den Monarchen stellt, sowie den Beamtenstand, aus dem sich die Regierung (als Verwaltungsexekutive verstanden) rekrutiert bzw. den sie bildet. Das Prinzip, staatliche Funktionen mit gesellschaftlich-korporativen Einheiten ineinszusetzen, ist auch hier ausschlaggebend. Hegels Gewaltenteilungslehre kennt keine Judikative: Die richterliche Gewalt rechnet er zur >Regierung<, d. h. der Verwaltungsexekutive, die dem >allgemeinen Stand< der Beamten obliegt... (a. a. O. S.145)
Gesellschaft (in Personen und Ständen verkörpert) und Staat werden bei Hegel nicht politisch unterschieden, Funktion und Funktionsträger bleiben verbunden (a. a. O. S.146) , so wie noch heute auch repräsentativ-parlamentarische Politik Personalpolitik ist und in Wahlkämpfen überwiegend bis ausschließlich Personen und nicht Sachfragen entscheiden (bei historischer Nachwirkung von Programmen als Zeichen der Solidarität mit Gesellschaftsschichten, aus denen die jeweiligen Parteien hervorgingen). Und dabei liegt die Verwurzelung der Politik im Gefühlsleben zugrunde. Alle Herrschaftsmacht ist (bis heute) repräsentative, entweder von der Gnade Gottes oder dem fiktiven Volkswillen abgeleitete und legitimierte. Bis heute bleibt die, dem Gesetz nach unabhängige Richterschaft, in der Praxis als Teil der Beamtenschaft an die Weisungen des Staates gebunden, d. h. regierungsabhängig. In unserer Bundesrepublik wird dies noch dadurch unterstrichen, daß die Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe von den Parteien im Proporz nach deren Sitzstärke im Bundestag bestimmt wird. Eine Richterschaft als "dritte Gewalt" ist dadurch problematisch, daß in Zweifelsfällen damit eine — eigentlich und letztlich nicht verantwortete und damit für das Ganze unverantwortliche — Nebenregierung bestünde, welche die Tätigkeit von Parlament und Regierung unterlaufen könnte. Selbstverständlich sind die Richter an die Gesetze gebunden: aber sie können diese doch ganz unterschiedlich auslegen, da der Gesetzeswortlauf selten den augenblicklichen Willen des Gesetzgebers genau genug widerspiegelt und stets der Auslegung bedarf.
Wir haben damals einen solchen Pluralismus der Sinnelemente
gegen Hegels monistische Dialektik der Negativität verteidigt.
Man erkennt, warum Hegel die ganze Sozialität unter
>Recht< subsumieren kann, und worum wir es nicht können.
Es handelt sich keineswegs um eine bloße Frage der Worte.
Sozialität schließt Kommunikation in dem behandelten reflexiven
Sinne ein, die Hegel als bloß >empfindende Einheit< der
Liebe mit der Unmittelbarkeit der Familie hinter sich läßt:
>Die Liebe ist aber Empfindung, das heißt Sittlichkeit in
Form des Natürlichen: im Staat ist sie nicht mehr: da ist man
sich der Einheit als des Gesetzes bewußt, da muß der Inhalt
vernünftig seyn, und ich muß ihn wissen.< (§ 158 Zusatz)
Eine Unterscheidung von unmittelbarer kommunikativ-wertender
Einheit (als Liebe) und ihren vermittelten Formen von sozialer
Kommunikation (in kulturellen Werten) wird selbstverständlich
auch von uns vorgenommen (§ 14), aber in einem von dem
Hegelschen grundverschiedenen Sinne.... (a. a. O. S.148) Weil
Recht, Sozialität, >Daseyn des Geistes< überhaupt
bedeutet, integriert es total, ist es selbst kein differentes
eigenes Normensystem, sondern die organische Integration
korporativer Gebilde gemäß den strukturellen Momenten der
Reflexion... (a. a. O. S.149)
BIOTELIE kann in ihrem dualistischen Konzept an der Einheit von biotelem Recht und Staat als einem biotelen Rechtsstaat festhalten, dies aber als getrenntes Normensystem eben von den Korporation gelöst, auch von der des biotelen Kontrollkörpers, der nur Mittel und Werkzeug ist. Dabei stehen aber Regierungsgesetzgebung und biotele nicht eigentlich in einem feindlichen Spannungsverhältnis — wenn die zur Willkür tendierende Regierungsmacht als Korsett ihrer Entscheidungsfreiheit dies auch so empfinden mag — , sondern ihre Konkurrenz ist eine supplementäre (ergänzende): Regierungsgesetzgebung hat sich mit dem zu begnügen, was die biotele Gesetzgebung übrig läßt oder besser ausgedrückt: sie hat sich mit der biotele Kontrolle ihrer Tätigkeit abzufinden und muß mit ihr rechnen. Aber letztlich entscheidet auch über die Wirksamkeit der biotelen Kontrolle wiederum der hauptsächlich von Emotionen getragene Willen der Betroffenen.
Für Strukturerkenntnis bedarf es nicht des universal
gelungenen Lebens, sondern lediglich der Erfahrung wirklichen
Lebens, in seinen objektiven, kulturellen sowie primärintersubjektiven
Bezügen. Wäre diese Erfahrung bis in die elementaren Strukturen
total korrumpiert, so würde kein Mensch zum Sprechen und Denken
kommen. Wissenschaftliche Wahrheitserkenntnis lebt von einem
praktisch motivierten (nämlich durch das Interesse an gelungenem
Leben), gerade deshalb aber streng theoretischem Interesse
an den Strukturen des Lebens und der Erkenntnis... (a. a. O. S.153,154)
Während früher die Kompetenz des Diskurses für praxisimmante
Werterkenntnis eingeschränkt werden mußte, ist sie hier als
Wahrheitskompetenz sowie als Möglichkeit innertheoretische Begründung
von Wahrheit in Bezug auf praxistranszendente Strukturerkenntnis
zu verteidigen. Allmacht des Diskurses und Verzicht auf
innertheoretische Wahrheitsbegründung sind zwei zwar einander
widersprechende, aber doch komplementäre Thesen. Was sie
verbindet, ist Nichtunterscheidung von praktisch gelebter und
theoretisch-nachträglicher Reflexion... Praxis umfaßt vielmehr
die Theorie... die nicht-spontane und objektivierende Praxis ,
deren >Output< seinerseits >Input< der spontanen
Praxis darstellt... >Ist erst das Reich der Vorstellungen
revolutioniert, so hält die Wirklichkeit nicht aus.< (Briefe
von und an Hegel, Band I, 253; Hegel an Wiethammer) (a. a. O. S.155)
Nach meiner Auffassung auch eine gefährliche
Wahrheit, da die Vorstellungswelt der Intelligenz von heute
weitgehend durch sozialistisch-dialektisches Denken verkleistert
ist. Andererseits liegt hierin auch die Chance für die Zukunft
einer biotelen Ordnung unter Paradigmenwechsel. Das "Reich
der Vorstellungen" ist doch nur ein anderer Ausdruck für
Ideologie: aber auf eine die Wahrheit und Gerechtigkeit und damit
das Leben nicht unterdrückende, sondern sie fördernde Ideologie
kommt es an, damit die Menschheit nicht weiter wie die Lemminge
sich mit ihren machtbesessenen Führern in den Abgrund stürzt.
Der BIOTELIE würde ich der "Theorie" oder "nicht-spontane
und objektivierende Praxis" zuweisen, die "spontane
Praxis" dem Willen der Volksmassen und en sie repräsentierenden
Regierungen.
Welche Chancen gibt man der Durchsetzungskraft schöpferischer
individueller Produktionen für den sozialen Prozeß? (a. a. O. S.156)
Eine Frage, die derzeit überwiegend negativ
beantwortet werden muß. Denn die in der Politik heute
bestimmenden Persönlichkeiten sind nicht eben häufig die schöpferischen
und solche, die Verständnis für innovative Anregungen haben,
die nicht von ihnen selbst ausgehen. Das Eingaberecht für
jedermann bei einer biotelen Gutachteninstanz muß hier den
entscheidenen Umbruch bewirken.
Man spricht zu Recht von einer >Verwissenschaftlichung< des
Lebens, die mit der europäischen Zivilisation weltweit werden
wird. Wissenschaft, anfänglich die >unsoziale< subjektiv-theoretische
Reflexion und Beobachtungsbesessenheit Einzelner, ist zur
sozialen Produktivkraft ersten Ranges geworden, die
fortschreitend das Leben aller prägt.... (a. a. O. S.160)
Die Frage ist, ob solche wissenschaftlich-theoretische Freiheit [wie
sie hier gefordert wird] sich bloß als die größere Raffinesse
der technologischen Ideologie erweist, die mit ihrem
geisteswissenschaftlichen Seitenstück, dem historischen
Relativismus, gemeinsam Sache macht. Dieser integriert nicht, er
nivelliert und läßt die Gegensätze unvermittelt: Philosophie
und Empirie, Reflexion und Leben, individuelle und soziale
Freiheit, Theorie und Praxis, Scientismus und
Theoriefeindlichkeit, Struktur und Geschichte, Subjekt und System.
Der >Pluralismus< der nivellistischen Relativierung ist
kraftlos, indem er die geistigen und sozialen Gegensätze unter
der technologischen Einheitsideologie wuchern läßt.
Mit BIOTELIE wird man zu VERGLEICHEN, zu urteilen und zu entscheiden wagen; allerdings bloß dort, wo bei der Intelligenz eine Urteilsübereinstimmung herrscht. Damit übernimmt der Staat lebenstragende Verantwortung für das menschliche Schöpfertum und unterwirft sich damit den vermuteten Absichten der Natur (bzw. aus religiöser Sicht denjenigen Gottes).
Der extensiv und universal (weltweit) gewordenen praktisch-sozialen
Reflexion muß eine intensiv universale theoretische Reflexion zu
Hilfe kommen: die methodische Selbstentfaltung der Reflexion, die
den Historismus reflexionsgeschichtlich abzulösen imstande ist,
zumal sie auch Geschichte in ihrer Eigentümlichkeit zu
rekonstruieren vermag, ohne sie ins Denken aufzulösen (§11)
Ebenso läßt sich reflexionstheoretisch das Theorie-Praxis-Verhältnis
thematisieren, ohne Praxis nochmals in die Theorie hinein
absorbieren zu wollen. Freiheit ist nicht der zur Totalität erklärten
Geschichte auszuliefern, sondern Geschichte an Freiheit und
Vernunft; an eine dialogische Vernunft allerdings, die sich nicht
total setzt, sondern ihrer Andersheit, der geschichtlichen
Praxis, deren Unverfügbarkeit zugesteht...
Strukturen vorzeichnen, ohne sie in ihrem geschichtlichen Vollzug
verfügen zu wollen... (a. a. O. S.161)
Man könnte, wenn man optimistisch ist, von einem weltweiten kommunikativen Bewußtsein sprechen: das Bewußtsein, zu einer Menschheit zu gehören, und indirekt mit allen zu tun zu haben. Selbst wenn diess Bewußtsein schon allgemein wäre, so wäre es noch nicht systembildend... (a. a. O. S.139)
Der letzte Satz müßte vor allem der Weltbürgerbewegung ins Stammbuch geschrieben werden, deren Gruppen und Grüppchen sich durch Begegnungen untereinander Mut machen und schließlich ihre Selbstbefriedigung suchen und vielleicht auch finden.
Etwas kritische Töne vernimmt man auch
gegenüber den Versuchen von Jürgen Habermas aus der
wohldotierten Stellung in der Leitung des Max-Planck-Institutes in
Starnberg — wo zeigte sich deutlicher als in der dortigen
Kooperation mit Carl Friedrich von Weizsäcker , daß Dialog und
Kooperation nicht immer für eine Synthese fruchtbar sein muß
— , die Menschheitsprobleme im Diskurs zu lösen, der zu
einer "herrschaftsfreien Kommunikation" gestaltet
werden soll.
Überhaupt erscheint Diskurs ein ausgesprochener Modebegriff zu sein, der unter
Bedeutungsverschiebung "kursiert". Bei Immanuel Kant
noch bezieht sich "diskursiv" auf ein methodisch-logisch
und begriffliches Vorgehen ("schlußfolgernd" wie in Lutz
Mackensen, Eva U. Hollander, Der tägliches Wortschatz, das tägliche
Fremdwort, Xenos Verlag Hamburg 1989,
vermerkt). Knaurs Ethymologisches Lexikon, Hrs. Ursula
Hermann, Droemer Knaur München 1992
verzeichnet lediglich "diskurrieren" als "lebhaftes
erörtern, sich eifrig unterhalten (altfranz. discorre) >ausführlich
reden, sich unterhalten, schwatzen< aus lat. discurrere
>hin und herlaufen, übertragen, sich in Worten über etwas
auslassen, mitteilen< aus dis- >auseinander< und currere
>laufen<. Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der
deutschen Sprache, bearb. v. Alfred Götze et al., Verlag de
Gruyter Berlin 1957 führt die Begriffe "Diskurs"
und "diskurrieren" nicht an. Ähnliches widerfährt der
Sprache mit den augenblicklichen Modeschöpfungen "implizit-
explizit", die weithin lediglich ein verschämtes Ausweichen
vor dem Kantischen "apriori- aposteriori" darzustellen
scheinen. Bei Friedrich Kluge finden sich diese Begriffe noch
nicht.; Knaurs Etymologisches Lexikon verzeichnet
lediglich "explizieren" erklären, aus lat.
explicare >auseinanderfalten, -wickeln, auseinandersetzen,
verdeutlich, erklären< aus ex >aus<, heraus und plicare
>falten, rollen<.(a. a. O.) Und dann müßte
ja, was man "expliziert" schon "implizit"
darin gelegen haben! Also auch hier wieder eine
Bedeutungsverschiebung und ein Verdecken eigentlichen
Nichtwissens über das, was wir aus den Begriffen herausholen
oder in sie hineintragen.
Was den Gebrauch von "Diskurs" betrifft, so hätte man
es ruhig bei der Bezeichnung "Diskussion" belassen können.
Der Begriff "Diskurs" hätte sich eher zur Abhebung des
biotel-gutachterlichen Verfahrens nach Regeln geeignet; denn hier
sind Abhebung von der üblichen Diskussion und die
Herrschaftslosigkeit augenscheinlich. Angestrebte "Herrschaftsfreiheit"
einer Diskussion ist schon dadurch verdächtig, daß in jeder
Gruppe sich eine autoritative Rangordnung einstellt, insbesondere
wenn die Gruppenmitglieder nicht von gleicher Bildung und
Herkunft sind. Die Dominanz gewisser zeitgenössischer Persönlichkeiten
im Schrifttum (ich nenne hier einmal Marcuse und Luhmann!)
widerlegt augenfällig das Argument und Ziel der "Herrschaftslosigkeit"
im Wissenschaftsdiskurs. Und warum nimmt man von BIOTELIE seit
1998 keine Notiz? Das "Nicht-zu Worte-kommen-lassen"
ist doch in der Wissenschaft heute eher üblicher geworden denn
früher; nach der Erfindung des Internet müßte man dafür sagen:
das "Nicht-anhören-Wollen".
J. Habermas hat im Anschluß an Herbert Marcuse (der neomarxistischen Frankfurter Schule Max Horkheimers nahestehend) unter dem Titel >Technik und Wissenschaft als Ideologie< eine spezifische Pointe der Industriegesellschaft in Bezug auf das Legitimationsproblem herausgestellt: Ihre Legitimierung bedarf nicht mehr scheinbar wertrationaler, wegen Bindung an >massive< Interessen im Grund irrationaler Ideologien, sondern bedient sich der Zweckrationalität in ihrer kultiviertesten Form von Wissenschaft und Technik. >Der ideologische Kern dieses Bewußtseins ist die Eliminierung des Unterschieds von Praxis und Technik - ...Die neue Ideologie verletzt mithin ein Interesse, das an einer der beiden fundamentalen Bedingungen unserer Existenz haftet: an Sprache, genauer an der durch umgangsprachliche Kommunikation bestimmten Form der Vergesellschaftung und Individuierung. Dieses Interesse erstreckt sich auf die Erhaltung einer Intersubjektivität der Verständigung ebenso wie auf der Herstellung einer von Herrschaft freien Kommunikation.< (J. Habermas, Technik u. Wiss.Seite 91) Systemtheoretisch gesprochen bedeutet das: Nicht etwa Rückkoppelung des Überbaus an die Basis ist das Gebot der Stunde, sondern Befreiung des Überbaus im Sinne von: Ausbau der nicht zweckrationalen, d. h. von materieller und politischer Macht befreiter Kommunikation.
Zählt man den biotelen Kontrollkörper zum Überbau , so verfolgt sein unabhängiges Gutachtenverfahren ja gerade betreffs der Urteilenden die Verwirklichung von Zweckrationalität durch Befreiung "von materieller und politischer Macht".
Die Einsicht in den Systemzirkel eignet sich keineswegs zur Beruhigung, als regle sich auf Dauer alles, weil Rückkopplung zwischen den Systemebenen besteht. Sie beunruhigt vielmehr: Einsicht in den Zirkel muß zu seiner Durchbrechung dienen, und das heißt, zur Freisetzung der Kommunikation, die wiederum als Metakommunikation Normen setzt, welche die materielle und machtpolitische Basis regeln.
Die Frage ist nur, ob die Massen von
Menschen in "umgangssprachlicher Kommunikation" sich über
die Langzeitfolgen der von ihnen gesetzten Normen besser im
Klaren sind als eine auf das biotele Grundgerüst gestützte
Wissenschaft. Und da kommen auch J. Heinrichs einige Bedenken,
weil ja die Umgangssprache "ideologisch verseucht sein"
könnte.
Was aber wäre reflexiv-dialektische Theorie-Praxis-Einheit?
Erst sie verdiente in unserem Sinne den Titel Kommunikation in
einem normativen Sinne von realisierter (nicht nur strukturell-implizit
angelegter) freier Gegenseitigkeit von Verhaltenserwartungen. (a.
a. O. S:112)
Diese reflexive Kommunikation wird mit dem Vetorecht der von einem zukünftigen biotelen Gesetz Betroffenen gegenüber demselben berücksichtigt, vorausgesetzt, die die Wissenschaft (organisiert und vertreten durch den biotelen Kontrollkörper) betreibe eine allgemeinverständliche Öffentlichkeitsarbeit im Hinblick auf die erwarteten Gesetzesauswirkungen und dessen kontrollierten tatsächlich eingetretenen Folgen. Das biotele Verfahren schreibt dies vor
In der Freisetzung der Kommunikation von der unmittelbaren Determination durch wirtschaftliche und politische Macht, ferner durch die von ihnen bestimmte Normenmacht besteht das Grundproblem der heutigen Demokratien.... Revolution kann Machtverhältnisse umwerfen... Der bloße Umsturz der Machtverhältnisse löst das hier angesprochene Strukturproblem nicht... Auch die Basis-Überbau-Theorem marxistischen Sinne enthält die Illusion, als löse die >Flurbereinigung der ökonomischen Basis , in ihren intelligenteren, weniger ökonomistischen Versionen von allein oder doch im wesentlichen das Problem. Zwar durchschaut sie die Bedingtheit des Überbaus durch die Basis, in ihren intelligenteren, weniger ökonomistischen Versionen auch umgekehrt die der Basis durch den Überbau; doch ihr Dualismus bleibt zu undifferenziert, u die reflexionslogischen Bedingungsverhältnisse, die zwischen den von uns herausgestellten strukturellen Subsystemen bestehen, präzis benennen und analysieren zu können.... Gehört z. B. Wissenschaft noch zur Produktionsbasis, und welche Wissenschaften usw.? (Vgl. Die Information und Diskussion bei R. Lay, Marxismus für Manager, 54-63)... (a. a. O. S.113) >So kann im Laufe der Gattungsgeschichte der funktionale Primat von der Familie (vorhochkulturelle Phase) über das politische System (traditionelle Gesellschaften) auf das ökonomische System (Kapitalismus) übergegangen sein und in Zukunft vielleicht auf das Teilsystem Wissenschaften übergehen.< (J. Habermas, Theorie der Gesellschaft und Sozialtechnologie, 277 f.)
Die unabhängige biotele Gutachteneinrichtung STIMME DER WISSENSCHAFT, in welcher alle Wissenschaften zur Mitwirkung kommen, die überzeugende Beiträge zu einer jeweiligen Problemlösung beitragen können, kann eine solche Entwicklung einleiten.
Wir halten es für nicht erwiesen, sondern im Gegenteil für
sehr unwahrscheinlich, daß der zentrale Konflikt in einer
Gesellschaft stets der zwischen Produktivkräften (bei uns
Subsystem des physisch-technischen Handelns) und Produktionsverhältnissen
(bei uns sämtliche übrigen Subsysteme, besonders das des
strategischen Machthandelns) besteht. Warum soll der Konflikt
nicht etwa zwischen konkurrierenden Machtgruppen oder zwischen
geistlichem und weltlichem Führungsanspruch oder zwischen
veraltetem Recht und fortgeschrittener Kultur oder zwischen
rivalisierenden religiösen Welt und Gesellschaftsauffassungen,
verbunden mit politischen Machtansprüchen usw. bestehen...? ...(a.
a. O. S.114)
Und doch dominiert bei uns im "Westen",
im Kapitalismus wie im (in den Köpfen immer noch lebendige)
Sozialismus, weiterhin noch die Ökonomiekritik. Die derzeitige
US-Weltmachtpolitik zielt auf deren Globalisierung mit allen
ihren politisch-kulturellen Konsequenzen ab. Der Widerstand gegen
eine solche Gleichschaltung, Kultureinebnung und Verweltlichung
— denn die Komponente der christlichen Weltmission in ihr überzeugt
nicht — ist verständlich und berechtigt, ja notwendig. Aber
der "Kampf der Kulturen" steigert noch die Gewalt der
Zerstörung, so daß die biotele Lösung der Probleme immer
dringlicher wird.
Strukturelle Dissoziierung ist Auseinanderklaffen von
horizontaler Interaktion (somit Reflexion) innerhalb der
Subsysteme einerseits und Reflexion der Subsysteme aufeinander
und somit in die integrierende Einheit andererseits. Dagegen
besteht strukturelle Differenzierung gerade in der Ausprägung
der Subsysteme als in ihrer Eigengesetzlichkeit reflexiv
aufeinander und auf die Einheit bezogener. Differenzierung ist
die Integration eines differenzierten Systems selbst, während
strukturelle Dissoziiierung tendentiell dessen Desintegration
darstellt... Zwangsintegration kann sehr wohl mit struktureller
Dissoziierung einhergehen...
Vernünftige Integration kann nur Integration durch Vernunft
sein, also durch freie Kommunikation und Metakommunikation. Nur
die >höheren< Systemebenen können die >legitim<
integrieren. Von daher das Postulat, daß Wirtschaft und Politik
nicht die normative Einheit beherrschen dürfen, wenn es mit
Vernunft zugehen soll. Aufgrund derselben Vernunft muß aber den
beiden letzteren Subsystemen ihre Eigengesetzlichkeit gelassen
werden, so daß vernünftige Integration andererseits nicht
ideologisch sachfremde oder idealistische Beherrschung >von
oben< heißen kann, sondern wiederum: Differenzierung. (a. a.
O. S.116)
In der weniger differenzierten biotelen Ausdruckweise unter den Aspekt der PLURALITÄT miteingruppiert. Das Schema der kybernetischen Vernetzung der biotelen Aspekte (Band 1 Rechtswesen, in: BIOTELIE DIE CHANCE zur Rettung von Natur und Menschheit - e-book- und Band 3 Sanktionswesen, Umschlagseite innen) deutet diesen Zyklus an, der in die Einheits- bzw. Einheitenbildung oder — anders ausgedrückt — zur Systembildung hinführt, eine Integrationsleistung. Gegen eine Zwangsintegration sprechender biotelen Aspekte der AUTONOMIE (der Freiheit) und der HYPARCHIE, der Minimierung von Gewalt, Zwang und Bedrohung. Die Freiheit der Subsysteme, wie Wirtschaft oder Kultur, kann nur unter dem Dach und Zügel der die normative Einheit beherrschenden BIOTELIE in vernünftigem Rahmen gewahrt werden. Die freie Kommunikation und Metakommunikation bedarf der so erzwungenen gegenseitigen Toleranz , wozu im Großen und Ganzen die Drohung ausreicht, wo das Verständnis und die Verständigung nicht ausreichen.
Die Durchbrechung des Rückkoppelungskreises unter den Bedingungen des Systemkreises selbst und als in diesen eingebaut, geschieht durch strukturelle Differenzierung der reflexionslogischen Ebenen. Sofern diese von Dissoziierung unterschieden werden kann, ist sie systemtheoretisch gleichbedeutend mit legitimer Integration. Vernünftige reflexionslogische Systemeinheit differenziert sich, und diese Differenzierung eint. (a. a. O. S.117)
Das spezifische Integrationsmedium des modernen, pluralistischen Staates ist das Recht. Seine Normen sind Rechtsnormen. Wir haben sie oben >mit physischer Gewalt durchsetzbare Normen< genannt, somit zunächst einen positivistisch-relativistischen Rechtsbegriff gelten lassen. Man mag in diesen noch innere Anerkennung von Seiten der Rechtssubjekte aufnehmen, um Legalität von Illegalität zu unterscheiden. Erst die Idee vom legitimen Recht aber geht über den Rechtspositivismus hinaus und bringt vernunft- und freiheitsrechtliche Maßstäbe mit. Sie wurde von I. Kant in einer klassischen und — trotz ihres Vergessens — immer noch gültigen Weise formuliert: >Der Begriff aber eines äußern Rechts überhaupt geht gänzlich aus dem Begriffe der Freiheit [AUTONOMIE] im äußeren Verhältnisse der Menschen zu einander hervor; und hat gar nichts mit dem Zwecke, den alle Menschen natürlicher Weise haben (der Absicht auf Glückseligkeit), und der Vorschrift der Mittel, dazu zu gelangen, zu tun: ...Recht ist die Einschränkung der Freiheit auf die Bedingung ihrer Zusammenstimmung mit der Freiheit von jedermann, insofern diese nach einem allgemeinen Gesetze möglich ist; und das öffentliche Recht ist der Inbegriff der äußeren Gesetze, welche eine solche durchgängige Zusammenstimmung möglich machen. Da nun jede Einschränkung der Freiheit durch die Willkür eines anderen Zwang heißt: so folgt, daß die bürgerliche Verfassung ein Verhältnis freier Menschen ist, die ... doch unter Zwangsgesetzen stehen: weil die Vernunft selbst es so will<. (Kant, Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, A 233 f.) ... Die Gesinnungen und Wertungen interessieren im Recht streng genommen nicht — sosehr etwa ein Richter sie zur Beurteilung einer äußeren Tat muß und sosehr sie die individuelle wie kollektive Motivierung zur Rechtlichkeit hergeben. Aber sie gehören selbst einer tieferen Sphäre der sozialen Freiheit an. Kant hat Sozialität, Kommunikation, Liebe, selbst Sittlichkeit nicht adäquat thematisiert... (a. a. O. S.131) In der Notwendigkeit wertender Entscheidungen liegt ein Problem für den Rechtstaat, das Kant nicht scharf gesehen hat und wodurch er sich als Liberalist alter Prägung erweist. (Vgl. Brief an Jung-Stilling, nach dem 1. März 1789: >Die Modalität der Gesetze ist, daß die Freiheit nicht durch willkürliche Zwangsgesetze, sondern nur die, ohne welche die bürgerliche Vereinigung nicht bestehen kann, und die also schlechthin notwendig sind, eingeengt werde. < - Kant-Lexikon Hrsg. R. Eisler, Artikel >Recht<) Ebenso hat ihn die anscheinende Selbstverständlichkeit einer materialen Füllung der Rechtsidee (auf Grund seiner Verwurzelung in einer noch traditionalen Gesellschaft) zu sehen gehindert, daß die Gründung des Staates einzig auf dem Recht zu einem Pluralismus nicht nur der individuellen Wertungen (Arten >seine Glückseligkeit zu besorgen<), sondern ganzer Gruppen und Bevölkerungsschichten führt... (a. a. O. S.132)
Der biotele Staat ist ebenfalls als Rechtsstaat (Rechtsinstitution) konzipiert, denn das Recht (biotele Gesetze) und die Sanktionsgewalt für seiner Durchsetzung sind die einzigen Mittel und Werkzeuge. Aber biotel definiertes Recht is nicht formal auf den Aspekt der AUTONOMIE begrenzt, sondern auf das Ziel der dynamischen Stabilität (auf die Lebenserhaltung) hin ausgerichtet bei Gleichrangigkeit von weiteren elf Aspekten. Die Unterwerfung unter die Abstimmung der Betroffenen hat eine Abhängigkeit auch von den "Arten, seine Glückseligkeit zu besorgen" zur Folge. Und doch ist dieser biotele Staat eine Kampfansage an die Fun-Gesellschaft im Sinne kategorischer Kantscher Pflicht, die in den Parlamenten und Regierungen augenblicklich zu wenig Rückhalt finden kann.. Der biotele Kontrollkörper als Organisation (Institut) für die Durchführung der biotelen Gesetzgebung ist noch als Subsystem aufzufassen, die biotele Gesetzgebung selbst aber ist nicht mehr unter solcher Subordinierung verständlich: verkörpert bioteles Recht doch die ("Absichten" der) Natur oder (religiös ausgedrückt) den Willen Gottes. Aus dieser Position her leitet BIOTELIE höchste Autorität ab. Zum Subsystem des politischen Handelns durch den Parteienstaat verhält sich biotele Gesetzgebung teilweise komplementär; daß sie nur mit partiellen Entscheidungen wirksam sein kann, mangels umfassender Voraussichtsmöglichkeiten der im biotelen Kontrollkörper urteilenden Fachleute enthebt sie sich selbst der Gefahr des Totalitarismus und wird dann doch wieder Subsystem, und dies nicht zuletzt als Essential der direkten Demokratie (über die Vetomacht der Betroffenen).
Vieles spricht dafür, daß Pluralismus auf die Dauer unteilbar ist; d. h. nur als Pluralismus von Pluralismen konsequent durchführbar: als struktureller Pluralismus der korporativen Pluralismen auf der strukturellen Ebene... (a. a. O. S.136)
Der biotele Aspekt der PLURALITÄT ist nicht nur ein formaler, sondern auch ein materialer: er hat nämlich auch die konkreten Arten und darin wieder die konkreten Lebewesen zum Inhalt und wäre so "struktureller Pluralismus". Dadurch nähert sich die biotele Verfassung wieder deutlich dem Bonner Grundgesetz und den Menschenrechtserklärungen.
Wir kommen zu einer weiteren Bedeutung von >Staat< in seinem Verhältnis zur Gesellschaft. Mit ihr tragen wir dem Gesichtspunkt Rechnung, daß der Staat ein Organisationssystem innerhalb der Gesellschaft zu sein scheint, ohne daß wir deshalb den Fehler begehen, den Staat einem angeblich vorstaatlichen System Gesellschaft unterzuordnen. Das Reflexionssystem (Wesen) Staat trifft auf der Ebene der Erscheinung, d. h. der objektiven Unmittelbarkeit, mit staatseigenen Institutionen, Gebäuden, Besitztümern auf... Bei Hegel ist Gesellschaft überhaupt als Sphäre der Erscheinung des sittlichen Wesens, des Staates, verstanden. (Hegel, Rechtsphilosophie, § 181) (a. a. O. S.137)
Die Verallgemeinerung des Reflexionsgedankens als dem einer Beziehung birgt die Gefahr in sich, sich auf alle PLURALITÄT und auf die verschiedensten Möglichkeiten und Arten einer solchen Beziehung zu erstrecken. Der biotele Aspekt der GEGENSEITIGKEIT ist aber eingeschränkt auf Reziprozität (Rückbezüglichkeit oder Wechselseitigkeit) zu verstehen: auf ein do ut des (ein Geben und Nehmen innerhalb des Rechts und der Fairneß). In der Natur entspräche dies einer Symbiose von Partnern, die aus der Ergänzung profitieren und stünde im Gegensatz zum Schmarotzertum, bei dem der einseitig begünstigte Partner bis an die Grenzen des Wirtsverlustes stoßen und so ein lebensfähiges Gleichgewicht in der Partnerschaft stören kann. Nun ist im menschlichen Sozialverband Parasitentum unvermeidbar und muß als Vermehrung der PLURALITÄT bei allen Anstrengungen zur Eindämmung doch als Lebensform in Kauf genommen werden*), zumal andernfalls auch die AUTONOMIE, die freie Willensentscheidung unerträglich eingeschränkt würde. Denn als höchste menschliche Hingabe und Sinnerfüllung gilt, zumindest im christlichen Kulturkreis, das Opfer. Zeitweilige Ungewichte zwischen Leistung und Gegenleistung liegen bereits im wirtschaftlichen AUSTAUSCH, aber auch in der Eltern-Kind-Beziehung im weitesten Sinne vor , mit Gewalt , Zwang oder unter Bedrohung erzeugte Ungleichgewichte verstoßen zusätzlich gegen den Aspekt der HYPARCHIE und sind eindeutig ungesetzlich.
*) "15. Sündigt aber dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. [Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift 1986: so gehe hin, lege seinen Fehler zwischen dir und ihm allein offen dar.] Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. 16. Hört er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei mit dir, so daß alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Mund. 17. Hört er die nicht, so sag es der Gemeinde. Hört er die Gemeinde nicht, so halte ihn als einen Heiden und Zöllner [Neue-Welt-Übersetzung: so sei er für dich ebenso wie ein Mensch von den Nationen und wie ein Steuereinnehmer]." (Matthäus Kap.18, Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift, nach der dtsch. Übersetz. von Dr. Martin Luther, .., Stuttgart, Privileg. Württ. Bibelanstalt,1923)
Wichtig wäre die Antwort auf die Frage, ob die Bildung eines Systems Menschheit eher durch formelle Systembildung oder informell als gesellschaftliche Gesellschaft Chancen hat. Es sieht so aus, als ob auch auf Weltebene kein integrierte Gesellschaftssystem ohne staatlich-rechtliche Macht zustandekäme. Theoretisch wäre hier eine informelle Systembildung leichter möglich als sonst. weil die Systemgrenzen fest vorgegeben sind. Doch selbst wenn sie gelänge, wäre auf formellstaatliche Institutionalisierung nicht zu verzichten, weil die Menschheit sonst das bliebe, was sie heute bereits in systemfreier Form ist und was Hegel von der bürgerlichen Gesellschaft, unter Absehung von der staatlichen Integration, sagte: >Die Rechnung des gesellschaftlichen Zustandes auf die unbestimmte Vervielfältigung und Spezifizierung der Bedürfnisse, Mittel und Genüsse, ... der Luxus, ist eine ebenso unendliche Vermehrung der Abhängigkeit und Not<, ohne daß jedoch die altliberalistische Harmonieannahme zutrifft und >die subjektive Selbstsucht in den Beitrag zur Befriedigung der Bedürfnisse aller Anderen< umschlägt. (ebd. §§ 195 f.) >Es liegt im Interesse der partikulären Staaten, an der Verwirklichung einer organisierten Weltgesellschaft zu arbeiten, gerade um die geistigen Besonderheiten, die sie darstellen, zu retten<. (E. Weil, Philosophie politique, 225) (a. a. O. S.140)
Der Altliberalismus (wie auch der Neoliberalismus) stehen eben darin dem Sozialismus nahe, daß sie das Prinzip der AUSLESE als allgemeines nach außen (oder von ihrer Warte gesehen unten) hin leugnen, um den Konkurrenzkampf im Interesse ihrer Clique auf bestimmte Bereiche zu begrenzen und zu verlagern.
Nach biotelem Denken und bioteler Begriffsbildung kann nicht von einer organisierten Weltgesellschaft gesprochen werden, wenn man unter Gesellschaft einen informellen Zusammenschluß von Personen versteht , denn die Gesellschaft organisiert sich in Staaten und zwar immer formell unter Abschluß von Verträgen und bei Unterwerfung unter Gesetze.. Es wäre wenig gewonnen, wenn man alles Staatliche der BIOTELIE zuordnen wollte und die übrig bleibende gewillkürten Gesetze, Verordnungen und Ordnungen der Gesellschaft. Ist doch über das direkte Vetorecht der von biotelen Gesetzen Betroffenen der gesellschaftiche Einfluß auf den biotelen Rechtsstaat gerade ein unmittelbarer und direktdemokratischer ; und "gesellschaftlich" steht ja heute für direktdemokratisch und unbürokratisch bei gleichzeitiger Ablehnung der Staatsbürokratie und des "Apparates". Gesellschaftlich ist dies eine Absage an den Funktionärsdienst und beinhaltet deshalb eine völlige Auslieferung an die personalisierte Politik, die immer zum gewillkürten Machtmißbrauch und zur Entartung in die Diktatur tendiert. Abstimmungen und Meinungsumfragen unter Kollektiven geraten unter solchen Umständen zur Farce, indem in Regel damit der Wille der herrschenden Clique, oder in der Regel des Führers, legitimiert wird. Funktionär — dem eigentlichen Wortsinn nach — wäre ein Beauftragter, der seine persönlichen Vorlieben und Interessen zugunsten der Erfüllung seiner Aufgabe zurückstellt.
Es erscheint also vernünftiger die Staatsführung zwischen biotelem Kontrollkörper auf der einen und Parlament / Regierung auf der anderen aufzuteilen und dies in allen Größenordnungen (auf allen Kooperationsstufen) von den Gemeinden, Provinzen über die Nationalstaaten bis hin zum Weltstaat, wo Parlamente / Regierungen in der UNO zusammengeschlossen sind. In der Kooperation und Konkurrenz zwischen biotelem Weltstaat und UNO — und allen Bürgerzusammenschlüssen darunter — liegt eine Chance für Naturerhaltung und bejahtes, menschenwürdiges Überleben. Denn wo klare Sachentscheidungen im biotelen Sinnne nicht möglich sind oder auf Ablehnung stoßen, da können gesellschaftliche Kräfte sich in Parlamenten und Regierungen auf einen gewillkürten Ausgleich einigen, wobei sie nicht von den Bevölkerungsmehrheiten daran gehindert, höchstens periodisch abgewählt werden können. Eine derart reformierte Demokratie unter konkurrierend-komplementärer Herrschaftsform (bzw. Verfassungen), die mit der BIOTELIE auch die langzeitpolitischen Belange wahrnimmt und trotzdem dem Volks- bzw. Bevölkerungswillen nahe bleibt, könnte zu einem globalen Herrschaftsmodell taugen. Wahrscheinlicher aber ist, daß die verschiedensten Verfassungs- und Herrschaftsmodelle nebeneinander fortbestehen werden, sobald die militärische Konkurrenz bzw. Bedrohung durch eine biotele Weltpolizei in territorial begrenzt operierenden Blöcken ausgeschaltet und eine Rechtsstaatlichkeit global und lückenlos vor Tyrannei gesichert bleibt. Der neutestamentarisch gerechtfertigte abendländische Dualismus zwischen Papsttum und Kaiser*) würde damit modernisiert zurückkehren bzw. restauriert, die noch vorhandenen unzeitgemäßen Reste bereinigt, und eine derartige Demokratie für jede der großen Religionen und Weltanschauungsgruppen tolerierbar: steht doch die biotele Staatsautorität für die Schöpferkraft des Lebens, welche sich der Mensch irgendwie immer in reflexiv-anthropomorpher Betrachtung als persönlichen Willen vorstellt, auch dort wo Religion oder Weltanschauung dies eigentlich untersagen.
*) "...So gebet dem Kaiser , was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist" (Matthäus 22,21, Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift, n. d. dtsch. Übersetzung von Dr. Martin Luther.., Stuttgart, Privileg. Württ. Bibelanstalt, 1923)
Nehmen wir noch die
geistige SPONTANEITÄT (als Teilaspekt)+) in die oben behandelte
Reihe der Aspekte auf, so zeigt sich daß mit den genannten
Aspekten der GEGENSEITIGKEIT, SUBSIDIARITÄT, AUTONOMIE,
HYPARCHIE — zumindest die drei letzten hängen eng mit der
GEGENSEITIGKEIT**) zusammen — und der AKTIVITÄT und dem
VERGLEICHEN (letztere beide nur teilweise der menschlichen Sphäre
zugeordnet, da AKTIVITÄT auch im Sinne des Bewirkens gebraucht
wird, und VERGLEICHEN beispielsweise bei der Gentransskription in
jeder Körperzelle vorkommt) Zweidrittel aller zwölf Aspekte in
den Bereich der Subjektivität hineinragen oder ihn sogar
naturrechtlich konstituieren. Die Berücksichtigung des Bewußtseins
beschränkt sich also nicht auf das Vetorecht der mutmaßlich von
einer biotelen Maßnahme Betroffenen, sondern ist auch Gegenstand
der gutachterlichen Beurteilung. Die SPONTANEITÄT gibt die
Reflexivität am Schwächsten wieder, könnte sich auch ohne sie
entfalten, wenn sie auch in der Regel in Reaktion auf Begegnung
mit Mitmenschen oder mit Metakommunikation, also wiederum
reflexiv, hervortritt. Kommt noch hinzu, daß der Aspekt des
AUSGLEICHS (letzterer in Nähe zu SUBSIDIARITÄT und
GEGENSEITIGKEIT) und der AUSLESE (als Entscheidung) deutlich
subjektiven Charakter tragen, wobei die AUSLESE allerdings wie
das VERGLEICHEN auch in der Natur ohne menschlichen Einfluß zu
beobachten ist. Nicht nur GEGENSEITIGKEIT, sondern zumindest auch
VERGLEICHEN, SUBSIDIARITÄT und AUSGLEICH haben AUSTAUSCH zur
Voraussetzung, der als Information sich teilweise auch zwischen
Subjektivem vollzieht. Da bliebe doch letztlich nur noch der
Aspekt der PLURALITÄT (als Vielfalt) übrig, und der kann
zumindest formal (als Abstraktum Vielfalt) zum subjektiven
Programmpunkt erhoben werden und zeigt in seinem formalen Verständnis besonders deutlich, daß das biotele Systemgebäude eben eine
Gedankenkonstruktion*) und insgesamt subjektiv ist, allerdings
als Antwort auf die uns entgegentretende auch objektive Welt.
+) Die fundamentale Rolle des Aspektes der SPONTANEITÄT wird
leicht unterschätzt. Dabei hatte bereits Kant von der "Spontaneität
der Begriffe" gesprochen, und unsere Sinnlichkeit müssen
wir doch auch als spontan einordnen: somit unser Denken überhaupt.
(Transzendentale Elementarlehre II,
Transzend. Logik, in: Kritik der reinen Vernunft § 20, Philipp
Reclam Junior, Stuttgart 1966, a. a. O. S119) SPONTANEITÄT sollte auch bei Ausübung
der SUBSIDIARITÄT beachtet und bei voller Bejahung auch gegenwärtiger
Hilfe möglichst nicht durch eine solche für die Zukunft
ausgeschlossen oder auch nur eingeschränkt werden. Wir dürfen
uns nicht zu sehr auf unsere AKTIVITÄT verlassen. (Dies gilt übrigens
auch für die moderne Umwelttechnik.) SPONTANEITÄT bleibt unsere
Nabelschnur zur Natur, deren Säugling wir bleiben.
*) PLURALITÄT steht für
das Mannigfaltige, das nach Immanuel Kant Material der
Sinnesanschauung ist und innerhalb der Reihe der Quantität (allerdings
differenziert) unter die Kategorie der Vielheit (Multitudo)
gebracht wird, als welche es in die synthetische Einheit der
Anschauung überführt wird.(vgl.
Kritik der reinen Vernunft § 20, Ph. Reclam, a. a. O. S. 150) Um auch nur unter Beliebigem in
seiner Mannigfaltigkeit in irgendeiner Hinsicht beurteilt werden
zu können muß PLURALITÄT im Denken auf die Einheit (Synthese)
des Begriffs gebracht, also vereinheitlicht werden: denn
Gleichartigkeit ist die Voraussetzung für Vergleichbarkeit und
damit für VERGLEICHEN. So geschieht es im Formalen des
Denkprozesses, während im Realen der (objektiven) Natur in ihrer
Vielgestaltigkeit lebendig-verkörperter PLURALITÄT als dynamische
Stabilität (dieser Ausdruck ein Rückgriff wieder auf die
Ebene des Denkens, der Subjektivität) in allen hierarchischen
Ebenen und Abstufungen für die Einheit steht. (Ich bin
Ichselbst, weil ich mich als Einheit, als besonderes
kybernetisches System, wahrnehme und wahrgenommen werden kann.)
Gegenüber der Mannigfaltigkeit der Vorstellungen, zu denen neben
den Anschauungen auch die Begriffe beitragen, ist es die logische
Funktion der SPONTANEITÄT des Verstandes, die Mannigfaltigkeit (im
Ich) in die Einheit der Apperzeption (Wahrnehmung) zu überführen.
(vgl. Kritik der reinen Vernunft §
20, Ph. Reclam, a. a. O. S. 150,185) Einheit in (dialektischer) Spannung zur PLURALITÄT
wurde nicht in die Reihe der biotelen Aspekte aufgenommen,
sondern der Gesamtzielsetzung der dynamischen Stabilität
zugeordnet, die sich in sich überschneidenden und
durchdringenden teilweise hierarchisch-gestuften Regelkreisen
funktionell darstellt und zugleich verkörpert.
**) In der Tafel der Kategorien .als Instrumente einer spontanen oder a priori-Verstandestätigkeit verzeichnet Kant die Begriffskategorie der Gemeinschaft unter der Reihe "Der Relation" in Erweiterung der logischen Funktion "Der Relation". Die GEGENSEITIGKEIT wird als Wechselseitigkeit eines Aggregates beigeordneter (koordinierter) Glieder eines Ganzen von Kant der Kategorie der Gemeinschaft zugewiesen, in welcher er wiederum '"die Kausalität einer Substanz" — letztere samt Accidens als Inhärenz und Subsistenz, in der Tafel der Kategorien an oberster Stelle "Der Relation" — "in Bestimmung der anderen wechselseitig" sieht. (Kr. d. r. V., Reclam, a. a. O. S.150,140, 155,156;154,155) Es wird also eine Ebene der Gegenseitigkeit noch unterhalb derjenigen der Reflexion angenommen., wobei jedoch reflexive kybernetische Rückbezüglichkeit in gegenseitiger (elektro-chemisch vermittelter) Information für einen lebendigen Organismus unentbehrlich ist.
Die Modellvorstellung einer
Vernetzung der biotelen Aspekte erhält nun eine neue didaktische
Variante, d. h. eine solche als Merkhilfe.
E wird nämlich im alten Schema (aus Band 1 Rechtswesen) Das
Rechteck für Vereinheitlichung und Typisierung als eine Art
Zentralsonne oder -kreis in die Mitte versetzt und darin der Ausdruck neuer besonderer Systembildung, neuer "dynamischer
Stabilität" gesehen..
Um diese Mitte werden die biotelen Aspekte nun paarweise
gruppiert:
1. AUSTAUSCH — SUBSIDIARITÄT :man könnte dabei den
Austausch als das Grundinstrument der Hilfe betrachten oder
umgekehrt die (von unten aufbauende) Hilfe in den Austausch münden,
diesen bewirken lassen (denn ohne Austausch des uns Fehlenden
sind wir hilflos).;
2. HYPARCHIE — AUSGLEICH : es ist einleuchtend, daß der
ausgewogene Ausgleich die Gewaltarmut befördert; und letzte, nämlich
Hyparchie zur Voraussetzung eines Ausgleichs wird (der gewaltsam
Mächtige wird Konkurrenten nicht hochkommen lassen);
3. VERGLEICHEN — GEGENSEITIGKEIT: konstituieren dergestalt
eine Art Hauptachse, da hier unser vernünftiges Denken das
gerechte Abwägen bedingt und damit die Rechtstaatlichkeit trägt;
Voraussetzung für ein Vergleichen ist ein Als-gleich-Beurteilen,
ein Typisieren, was durch eine Art Waagachse in Nähe des
Kreismittelpunktes und durch die Durchquerung des Kreises
symbolisiert wird.
4. AUTONOMIE — AUSLESE :die freie, sittliche
Willensentscheidung trägt den Entschluß, die Entscheidung ,
welche eine Auslese darstellt.;
5, AUTARKIE — PLURALITÄT : Selbständigkeit ist ein Merkmal
der lebendigen Vielfalt, die übrigens hier, soweit sie wirkliche
Lebewesen (symbolisiert) verkörpern, über die Auslese den
Typisierungskreis speisen, wobei man sich innerhalb des Aspektes
AUSTAUSCH die Fortsetzung des konkret lebendigen Stromes denken
kann, der über die Auslese im Zentrum seine Stabilisierung
erfahren hat. (gestrichelter Pfeile).;
SPONTANEITÄT — AKTIVITÄT : stehen dann für die
Energiequellen des verschlungenen (vernetzten) Gesamtkreislaufes.
Die dynamische Stabilität beherrscht als Ziel- oder zumindest als Modellvorstellung alle Lebensbereiche. Was als reales Lebewesen über die AUSLESE sich als Typus (im Zentralkreis des Schemas) bewährt hat, steht dann zum und im AUSTAUSCH als konkretes Lebewesen weiter in Verbindung mit dem kybernetischen Regelkreis (gestrichelte Pfeilwinkel). Aber sogar einfache Verwaltungsakte können unter demselben Regelkreis der "Ganzheitstauglichkeit" betrachtet werden. Nur überlebenstaugliche, ganzheitlich orientierte Vielfalt ist auf Dauer von Bestand.
Dabei soll nochmals darauf hingewiesen werden, daß mit der leichten Verschiebung der Aspekte aus dem genannten Schema aus Band 1 zur Paarbildung hin ein mnestisches Ziel verfolgt wird, die weitere Stützung der Merkfähigkeit, also eine Gedächtnisstütze. Die doppelt ausgerichteten Pfeile verweisen auf die Rückbezüglichkeit (Reflexivität) auch innerhalb der Aspekte. Diese ist aber nur teilweise eine automatisch-spontane (als Rückwirkung bzw. gegenseitige Beeinflussung), sondern zugleich ergänzend normativ , d. h. also Aufforderung dazu, eine solche Reflexivität herzustellen und hinsichtlich des Hauptzieles DYNAMISCHE STABILITÄT in Positive zu wenden.
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