STIMME DER WISSENSCHAFT

DEMOKRATIE-REFORM

ÖKOLOGIE — STAAT — GESELLSCHAFT

BIOTELIE®

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Aktionsgemeinschaft STIMME DER WISSENSCHAFT (als Modellversuch) im Internet


STIMMEN AUS DER WISSENSCHAFT  im Internet

 

Wenn ich im Folgenden einigen Schlüsselwörtern bzw. -begriffen mit Hilfe  der Google-Suchmaschine  nachgehe, so verfolge ich damit zwei Zwecke: einmal sollen noch mehr akademische Fachleute für BIOTELIE angesprochen und um Mithilfe gebeten werden; zum anderen  muß leider das Versagen weiter Teile der deutschsprachigen Wissenschaft dokumentiert werden., was die pessimistische Auffassung im Manifest  http://www.biotelie.de leider bestätigt und damit auch die dringende Notwendigkeit einer Reform. 

"Man kann auch  ein Haus aus Steinen bauen, die einem in den Weg gelegt wurden." (Matthias Horx: aus einem Vortrag) http://www.horx.com/Zitate.aspx 

so zitiere ich die Homepage eines bekannten Trend- und Zukunftsforschers .Aber auch mit  den aufmunternden, wegbereitenden  Worten eines Beraters im Ohr ist bei dem  von sich als zuständig erklärenden Instanzen und Experten dem Unerfahrenen, Gutwilligen bereiteten Gestrüpp, ja Dickicht für diesen  kaum ein Weiterkommen; von der Möglichkeit noch  Bausteine mitzuschleppen ganz zu schweigen. Fast zwei Prozent positiver oder wenigstens ermunternder Stimmen der Angesprochenen, neben Ausflüchten und auch ruppigen Abfuhren und bei dominieren des Schweigens waren keine gerade ermutigende Wegzehrung: aber dennoch herzlichen Dank an  die Helfer, die wahrscheinlich (noch) nicht einmal alle namentlich genannt werden möchten. 

Internetstimmen zum Problemkreis Wissenschaftsreform

 

Wie funktioniert der biotele Gutachtenprozeß ?

Beim biotelen Gutachtenverfahren hat der nach Zufallsauswahl unter Fachleuten (oder sonst Gebildeten — je nach Verfahrensschritt und Fragestellung) ernannte Gutachter einen Problemlösungsvorschlag für seinen Bereich (oder in Reihe Bereich für Bereich) von biotelem Aspekt zu biotelem Aspekt auf Tragfähigkeit gemäß den Teilziel- und Verfahrensvorgaben des jeweiligen Aspektes hin zu überprüfen und — soweit ihm möglich — Unvereinbarkeiten durch Neuanregungen auszugleichen. Das Resultat wird mit dem Ergebnis oder den Ergebnissen eines oder mehrerer anderer Gutachter vergleichbarer Wissensvoraussetzungen verglichen, ohne daß die Gutachter gegenseitig ihre Identität erkennen können, also anonym. Fragen der Prämierung oder Anerkennung stehen erst nach Abschluß der Gutachtertätigkeit auf der Tagesordnung (auch etwa eine Personaldatenoffenlegung durch die Organisation im Einverständnis mit dem jeweiligen Gutachter).

 

Was will die STIMME DER WISSENSCHAFT ?

Wenn die Wissenschaft im Verein mit ihrem Ziehkind Technik das Schicksal der Einzelnen wie auch der Nationen so ausschlaggebend bestimmt, weshalb dann ihr Einwirken weithin nur über die Vermittlung der Politik, über die sich doch auch ein Zweig der Wissenschaft, nämlich die politische, als urteilsfähig erklärt? Liegt ihre Machtabstinenz an ihrer Zersplitterung? Gewiß, Wissenschaftshingabe und Machtausübung erscheinen für den einzelnen Wissenschaftler unvereinbar; aber einer wissenschaftlichen Institution gegenüber versagt dieser Einwand. Die wissenschaftlichen Einrichtungen aber sind zersplittert und zerstreut und uneins, gerade auch dort, wo sie sich mit Politik befassen und größerenteils von Parteien oder Ideologien beeinflußt werden. Berufene wie unberufene Hände bedienen sich heute der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse; worin könnte da noch eine Verantwortlichkeit der Wissenschaftler behauptet werden? Machtinstinkt und Wissensdurst sind zwei Paar Stiefel, gewiß; aber darf die Politik in so gefährlicher Weltlage noch den Machtinstinkten einzelner ausgeliefert bleiben?

STIMME DER WISSENSCHAFT will hier aufrütteln und eine Wende in Gang bringen! Es ist ein Aufruf, sich nicht weiter in endlose Ethik-Diskurse zu verlieren und über die Zerstörung der Erde weh zu klagen, an der man schließlich selbst mitwirkt, sei es im Kleinen oder im Größeren. Wir dürfen uns nicht länger zum Büttel machen lassen, müssen uns von denjenigen unter uns abkehren, die sich nicht für zu gut halten vor den Geld- und Machthabern zu kuschen und zu kriechen; wir müssen zusammenhalten. Lassen wir den Kollegen, den Politikern und den Bürgervereinigungen das wichtige Gerangel um Kompromisse und notwendige Lösungen dort, wo noch keine klare sachlich zu begründende Urteilsabgabe möglich ist oder wo es nicht um Fragen des langfristigen Überlebens geht. (Was nicht bedeuten soll, daß wir nicht auch dort mitmischen, wo man aus den Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten lernen kann: auch das Kleinste verdient beachtet zu werden; nur dürfen wir uns nicht in ihm verlieren.)

Zur Überheblichkeit besteht nämlich gar kein Anlaß: geht es doch um nichts weiter, als um die Fortsetzung dessen, was unsere Altvorderen und Vorgänger uns hinterlassen haben, auf was wir uns besinnen dürfen und müssen. Das neu hinzugekommene Rüstzeug der modernen Elektronik und Informatik taugt nicht nur zur Erstellung und Unterstützung einer rasanteren Vernichtungsmaschinerie, sondern kann auch zu einer sinnvollen und vernünftigen politischen Kybernetik eingesetzt werden. Im Dienst an einem solchen Funktionssystem tritt der Einzelne zwar zunächst zurück — was ja auch wiederum seine Freiheit und Unabhängigkeit ausmacht, in dem es ihn auch vor seinen eigenen Schwächen schützt — , und doch bekommt er, soweit er schöpferisch ist, erst die Möglichkeit der Entfaltung seiner Fähigkeiten zum Wohle auch anderer und insbesondere der Allgemeinheit.

Es kann heute vor der Erprobung dieses Modells noch nicht abgesehen werden, inwieweit all die Einwendungen, Vorwürfe und Bedenken, die gegen eine größere, direktere Einflußnahme der Wissenschaft auf die Politik im Nachstehenden erhoben werden, widerlegt und zerstreut werden können. Im biotelen System, in der Kontrollkörpergesetzgebung, als sich selbst beschränkendes und demokratisch beschränktes Teilsystem der Macht, liegt die Möglichkeit der Wiedergeburt des echten Funktionärs und Beamten, der sich Höherem verantwortlich weiß und doch in bisher nicht gekanntem Maße an Willkür, gerade auch seiner eigenen, gehindert wird. Bestimmt aber, das steht für mich fest, liegt in diesem Versuch einer unabhängigen biotelen (d. h. an ethische und technische Regeln gebundenen) Gutachteninstanz wenigstens noch einmal eine große Chance für das Leben in seiner Gesamtheit, für Natur und Menschheit. Zunächst aber ist STIMME DER WISSENSCHAFT gemessen an solch hohem Ziel ein bescheidener Anfang, der aber den Stein ins Rollen bringen kann.

 

STIMMEN IM INTERNET ZUM THEMA

Science ORF.at

Philipp Steger, Office of Science& Technology
Austrian Embassy, Washington

Das Dilemma der Wissenschaft ORF ON Science :Philipp Steger Wissen und Bildung

Im Gefolge der Terroranschläge vom 11. September offenbaren sich die Kosten eines populären Mythos: die Wissenschaft, verlässliche Helferin, produziert eindeutige Lösungen und unumstößliche Wahrheiten. Doch die Wissenschaft befindet sich in einem Dilemma, unrealistische Erwartungshaltungen drohen ihre eigentlichen Aufgaben unmöglich zu machen: kritische Analyse sowie wissenschaftliche Ausgewogenheit und Besonnenheit.

Die Institution STIMME DER WISSENSCHAFT wäre infolge ihrer biotelen Ausrichtung für Fragen der Bedrohungsanalyse zuständig. Man könnte erwarten, daß über Einzelanträge die Begutachtung bereits in der Mehrzahl der Fälle eingeleitet ist und auch zu Zwischenergebnissen geführt hat, ehe eine Katastrophe zu öffentlicher Unruhe oder Panik führt. Eine Ausnahmesituation würde Anlaß sein, daß STIMME DER WISSENSCHAFT die bisher gewonnen Ergebnisse der Öffentlichkeit nochmals vorträgt.

Der Unterschied zwischen den selbstkritischen Teilaussagen der biotelen Instanz und anderen wissenschaftlichen Quellennachrichten würde der Bevölkerung vor Augen führen, daß sie von der Wissenschaft sehr wohl Problemlösungen erwarten kann, aber eben nur innerhalb eines realistischen, sprich: rationalistischen, Rahmens. Stimmungen richten sich nach dem Augenblick, Wissenschaft orientiert sich langfristiger an Vernunft, und die verlangt Nachdenken — und eben Vorausdenken und Sichtung des Wesentlichen, Überlebensrelevanten, und dies nicht nur im und für den Augenblick. Die unter dem Bild des gutmütigen Kentaur Cheiron , eines vorolympischen griechischen Heilgottes, erfolgte Trennung von durchgeistigter Kopf- und tierischer (d. h. animalischer) Körper- und Bauchregion findet ihre Entsprechung in der prozessualen Scheidung eine wissenschaftlichen biotelen Gutachtenprozesses und der Abstimmung über denselben durch die mutmaßlich Betroffenen, welche die Stimme des Volkes in wechselnder Breite und Vollständigkeit repräsentieren.

Die Wissenschaft als verläßliche Produzentin eindeutiger Lösungen und unumstößlicher Wahrheiten - Die Kosten eines Mythos

In einer vor kurzem veröffentlichten Erklärung zeigte sich die amerikanische Akademie der Wissenschaften über die Unmenge an unzutreffender oder gar falscher, in der Öffentlichkeit zirkulierter Information über Anthrax und sonstige terroristische Bedrohungsszenarien besorgt. Die Akademie versuchte mit ihrer Erklärung, der Wissenschaft als Stimme der Vernunft und Besonnenheit Gehör zu verschaffen.

In einer vor kurzem veröffentlichten Erklärung zeigte sich die amerikanische Akademie der Wissenschaften über die Unmenge an unzutreffender oder gar falscher, in der Öffentlichkeit zirkulierter Information über Anthrax und sonstige terroristische Bedrohungsszenarien besorgt. Die Akademie versuchte mit ihrer Erklärung, der Wissenschaft als Stimme der Vernunft und Besonnenheit Gehör zu verschaffen.

Erklärung der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften

Wäre eine bestimmte Mediennische für Ergebnisse der unabhängig vergleichenden STIMME DER WISSENSCHAFT reserviert, so könnte sich die Regierung zur Begutachtung der Gefahrenlage an diese wenden. Deren Ergebnis könnte zu Vorsichtsmaßnahmen Anlaß geben, aber insgesamt uneinheitlich sein: d. h. ein endgültiges Urteil durch dise Instanz ist unwahrscheinlich. Dementsprechend wären alle in sich widersprüchlichen Wissenschaftsresultate als unzuverlässige entlarvt.

Die Stimme der Wissenschaft

Während dies bereits in >besseren< Zeiten kein leichtes Unterfangen war, wird dies dann, wenn in einer Gesellschaft irrationale Ängste und reflexartige Reaktionen die Oberhand gewinnen, beinahe zum Ding der Unmöglichkeit: wie kann sich die Stimme der Wissenschaft Gehör verschaffen, wenn ihre Nachricht nicht das allgemeine Bedürfnis nach einfachen und raschen Lösungen befriedigen kann?

Wie kann sie komplexe Szenarien mit der gebotenen Sorgfalt analysieren, wenn simple Antworten auf scheinbar einfache Fragen erwünscht sind? Die Frage ist deshalb von so großer Dringlichkeit, weil gerade jetzt der Bedarf nach wissenschaftlicher Ausgewogenheit und kritischer Analyse am größten ist.

Das Dilemma der Wissenschaft

Der Umstand, dass politische Entscheidungen nur selten auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Informationen getroffen werden, ist jedoch nur eines von vielen Problemen, mit denen sich die Wissenschaft nach dem 11. September verstärkt konfrontiert sieht. Im Gefolge der Terroranschläge offenbaren sich die Kosten eines populären Mythos: die Wissenschaft, verläßliche Helferin, produziert eindeutige Lösungen und unumstößliche Wahrheiten! Schlimm genug, dass die Wissenschaft diesen Mythos nicht schon längst vehement als Wunschdenken entlarvt hat. Noch schlimmer ist, dass selbst in der Wissenschaft manche den Mythos eifrig nähren, solange er ihrer spezifischen Disziplin zum Vorteil gereicht.

Die Wissenschaft befindet sich in einem Dilemma: unrealistische Erwartungshaltungen drohen die eigentlichen Aufgaben der Wissenschaft unmöglich zu machen. Einerseits deshalb, weil die weitere Bestärkung unrealistischer Erwartungen an das, was Wissenschaft zu leisten imstande ist, zwangsläufig zu Enttäuschung und daher zu Mißtrauen führen werden. Andererseits deshalb, weil der Zeitpunkt für die Verkündung der Wahrheit, dass viele der Probleme wesentlich komplexer sind und die Lösung mehr Zeit als allgemein angenommen in Anspruch nehmen wird, denkbar ungünstig ist.

Die biotel-fundierte, also an der Erhaltung des Lebens in seiner Vielfalt orientierte STIMME DER WISSENSCHAFT führt der Öffentlichkeit fast täglich vor Augen, daß eine Urteilsübereinstimmung auch bei Zurückstellung von persönlichen oder Gruppeninteressen nur punktuell und eigentlich recht ungezielt möglich ist. Aber dort, wo Aussagen gemacht werden, da sind sie auch politische Steilvorlagen, bei deren Mißachtung durch die Politiker sich letztere der öffentlichen Kritik ausliefern. Der Einsatz von Mitteln, die Finanzierung von Wissenschaft würde gezielter auf überlebensrelevante und langfristig anstehende Themen gelenkt , so daß überstürzte Reaktionen seltener würden.

Der Mythos und die Naturwissenschaften

Ein Beispiel dafür sind die Reaktionen auf das durch die rezenten Ereignisse verstärkt ins allgemeine Bewußtsein getretene Bioterrorismus-Szenario: die Wissenschaft als Lieferantin eindeutiger Lösungen und unumstößlicher Wahrheiten.

Dieser Glaube hält sich so hartnäckig, dass selbst Wissenschafter, die es eigentlich besser wissen sollten, der Versuchung erliegen, die Ergebnisse ihrer Forschung als absolute Erkenntnis zu präsentieren: wissenschaftliche Erkenntnisse werden mit absoluter Wahrheit gleichgesetzt. Und allzu oft wird dann denjenigen, die dies anzuzweifeln wagen, Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen.

Wissenschaftliche Versprechungen unterliegen, wo sie bedeutende Probleme zu lösen vorgeben, sofort der unabhängigen gutachterlichen Kontrolle. Da werden manche vorsichtiger sein mit dem Aufstellen unbegründeter Behauptungen.

Bisher sind in den USA vier durch Milzbrand verursachte Todesfälle bekannt. Dies hat unter anderem zum Ruf nach einem Impfstoff gegen die Krankheit geführt. Nicht nur, dass mehr Geld in die relevante Forschung umgeleitet werden soll, wird nun gefordert, die üblichen, verhältnismäßig strengen Zulassungsvorschriften der Food and Drug Administration (FDA) in diesem Fall aufzulockern.

Die Biotechnology Industry Organization etwa sieht nun die Chance, einen seit langer Zeit gehegten Wunsch, nämlich ein die Haftung für Nebenwirkungen bei Impfstoffen für Kinder beschränkendes Gesetz auch auf Impfstoffe für Erwachsene ausdehnen zu lassen.

Beide Ansätze, das plötzliche Umdirigieren von Forschungsgeldern - nachdem die Gefahr seit Jahrzehnten bekannt war - und die Auflockerung von Zulassungsvorschriften, sind wissenschaftlich nicht gerechtfertigt, lassen sich aber - indem man Wissenschafter präsentiert, die genau das sagen - leicht als wissenschaftlich fundiert verkaufen. Das kann nur deshalb funktionieren, weil Unverständnis vom Wesen wissenschaftlicher Arbeit weitverbreitet ist.

Die bloße Wunschorientierung muß sowohl in der Wissenschaft wie in der Politik zurückgedrängt werden und einem ruhigen VERGLEICHEN Platz machen: dazu kann eben BIOTELIE vorzüglich dienen. Die Massenuniversitäten sind keine klimatisch wünschenswerten Stätten der Wissenschaft. Das Angewiesensein auf das Hochdienen auf einer Karriereleiter auch in der Wissenschaft — und über einen Akademikertitel dann oft auch in der Politik— läßt ungünstige Charaktere zu Einfluß und Macht kommen; denn Emporkömmlinge bestimmen die Zutrittsmodalitäten zu Rang und Posten. Nicht die Zahl der Veröffentlichungen — die davon abhängt, welche Arbeiten angenommen werden und ob die "richtigen" Persönlichkeiten darin auch gebührend gewürdigt werden— sondern der Gehalt an wichtigen Problemstellungen und -lösungen würde durch die biotele Auswertung im Gutachtenverfahren von größerem Einfluß sein.

http://science.orf.at/science/steger/30922

Archiv - Institut für Technikfolgen-Abschätzung

TA'03 Wozu Experten?
Wissenschaftliche Expertise zwischen politischen Ansprüchen und öffentlicher Skepsis

 

[ITAS]   [ITAS-Publikationen]   [Decker]

"Die vereinte Stimme der Wissenschaften. Unverzichtbar für politikberatende Technikfolgenabschätzung (TA)"

Decker, Michael
Vortrag auf der Dritten Österreichischen TA-Konferenz >Wozu Experten? Wissenschaftliche Expertise zwischen politischen Ansprüchen und öffentlicher Skepsis<, Wien, Österreich, 26. Mai 2003

Abstract

Die wissenschaftliche Herausforderung TA-relevanter Fragestellungen liegt darin , Beiträge zur Lösung von politischen, sozialen, ökologischen Problemen zu entwickeln , die ihren Ursprung außerhalb der Wissenschaften haben. Der Bezug zur Wissenschaft, und damit das Potential, zur Problemlösung konstruktiv beitragen zu können, ist dabei ebenso offensichtlich wie die Tatsache, dass dieser Beitrag zur Problemlösung im Allgemeinen nicht von einer wissenschaftlichen Disziplin allein geleistet werden kann. Die Stimme der Wissenschaft zu einem TA-relevanten Thema muss interdisziplinär sein. Darüber hinaus sollten Beiträge zur Problemlösung nicht nur analysierende, d. h. beschreibende Anteile beinhalten, sondern es müssen auch normative Aspekte bis hin zu konkreten Handlungsempfehlungen entwickelt werden. Diese müssen rational und über die Disziplingrenzen hinweg begründet sein, um eine transsubjektive, d. h. eine über den beratenden Kreis hinausgehende Gültigkeit beanspruchen zu können.

Der Autor hat die innerhalb der Wissenschaft selbst liegenden Probleme hier nicht genannt, aber sicherlich berücksichtigen wollen.
Eines dieser Probleme ist auch die Art, in der Experten für alle Möglichen Teilprobleme geradezu aus dem Hut gezaubert werden, bis hin zum Mobilitätsexperten (wenn es etwa um Autos und Bahnen geht), zum Freizeitexperten usw. , von denen man öfters den Eindruck hat, sie dienten vor allem auch der Medienpräsentation — dann nämlich, wenn sie ein Wissen über die speziellen Zusammenhänge vortragen, das auch beim Durchschnittsmenschen vorausgesetzt werden kann. Von "normativen Aspekten" ist viel zu oft die Rede, ohne daß eine wirklich praktikable und umfassende Agenda, ein Rüstzeug, von andauernder Durchschlagskraft diesbezüglich bisher zustande kam.

Die Problematik der Expertendilemmata, vereinfacht gesagt, dass zu einem Gutachten meistens auch ein Gegengutachten existiert und die Experten immer auch persönliche Ziele strategisch verfolgen, ist nicht von der Hand zu weisen. Eine weitere Problematik besteht in der Frage, wie die hohen Ansprüche an Begründungen wissenschaftlicher Aussagen, die bereits innerhalb der einzelnen Disziplinen schwer einzuhalten sind, in einer interdisziplinären Diskussion erreicht werden sollen. Die Leitfragen zu dieser Konferenz implizieren, dass Wissenschaft allein diese Probleme nicht lösen kann, sondern dass außerwissenschaftliche Hilfe, beispielsweise partizipative TA, d. h. die Einbeziehung nicht wissenschaftlicher Akteure, zur Lösung dieser Frage beitragen muss.

In diesem Beitrag soll im Gegensatz dazu die Meinung vertreten werden, dass die wissenschaftliche Politikberatung, basierend auf der interdisziplinären Diskussion von Experten aus den wissenschaftlichen Disziplinen, die bei der Problemdefinition für relevant erachtet wurden, einen notwendigen Beitrag zur TA liefert. Es wird vorgeschlagen, die oben beschriebenen Probleme wissenschaftlicher TA durch Maßnahmen der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle zu überwinden. Die Möglichkeit der Operationalisierung dieser Qualitätskontrolle wird anhand von Beispielen erläutert.

Mit der innerwissenschaftlichen Qualitätskontrolle wird der richtige Weg beschritten; wurde er nun beschritten?

Schließlich wird der Stellenwert dieser >vereinten Stimme der Wissenschaft< innerhalb der Technikfolgenabschätzung hinterfragt. Entsprechend der Fragestellung der Konferenz, wie sich wissenschaftliche Expertise zu nicht wissenschaftlichen Rationalitäten verhält, wird hier dafür argumentiert, dass Aussagen einen höheren Stellenwert haben, wenn sie innerwissenschaftliche Qualitätskontrollen passiert haben. Expertise ist rational relativ zu einem wissenschaftlichen Beurteilungskatalog (Transsubjektivität etc.) der den Stand des Kontextwissens berücksichtigt. Die Basis nicht wissenschaftlicher Rationalitäten ist zunächst unklar. Davon unbenommen bleibt, dass bei bestimmten Problemstellungen eine sich an die Expertendiskussion anschließende partizipative TA-Maßnahme sinnvoll sein kann.

http://www.itas.fzk.de/deu/lit/2003/deck03a_abstractd.htm

STIMME DER WISSENSCHAFT liefert eine prozedurale Alternative zu den Expertengremien, die zeitlich gestraffter und frei von gegenseitigen Empfindlichkeiten sowie Fremdinteressen dasselbe Ziel angeht. Aus dem obigen Abstrakt geht leider nicht hervor, ob und wie man den gemeinsamen Untersuchungsansatz, die gemeinsame Zielsetzung abstecken konnte. Mit BIOTELIE gemeinsam ist die Betonung eines naturwissenschaftlichen Forschungsansatzes.

"Strukturelle Restriktionen und Chancen der Beratung von Parlament und Regierung durch wissenschaftliche Expertise" , Stephan Bröchler

Die große Zahl von Regierungs- und Parlamentskommissionen, think tanks aller Art sowie die hohe mediale Präsenz von Experten in Fernsehen, Rundfunk und der Presse zeigen, dass Politikberatung Konjunktur hat. Der Beratungsbedarf ist offensichtlich hoch, unklar aber ist, ob und inwieweit Handlungsempfehlungen überhaupt umgesetzt werden. Liegt der Erfolg von Politikberatung in der 1:1 Umsetzung? Heute steckt die Folgenforschung von Politikberatung noch immer in den Kinderschuhen.

Für den Bereich einer biotelen Gesetzgebung wären die Folgen augenscheinlich; Mißerfolge würden, soweit etwa durch Gutachtenanregung erkannt, abgestellt. Es bliebe dann die auf Expertisen für die Regierungsgesetzgebung zurückgehenden Verflechtungen. Wenn hier verschiedene Lagen- und Zukunftsbeurteilungen von Seiten der Wissenschaft vorliegen, so bleibt es vermutlich von fraglichem Nutzen zu erforschen, welchem Ratschlag die Politiker mit welchem Resultat folgten, es sei denn angeforderte Gutachten kämen auf unseriöse Weise zustande und könnten als solche enttarnt werden. Hierzu wäre dann aber wiederum der biotele Kontrollkörper die verläßlichste Instanz.

Der Vortrag möchte aus politikwissenschaftlicher Sicht fragen, welchen Beitrag die wissenschaftliche Beratung von Parlament und Regierung leisten kann. Es wird untersucht, welche institutionellen Bedingungen und Handlungslogiken bei der Beratung durch Expertise berücksichtigt werden müssen, um handlungswirksam sein zu können. Aus dieser institutionellen Perspektive erweist es sich als unzureichend, die erfolgreiche Politikberatung auf das Kriterium der einfachen Umsetzung des Expertenrates zu reduzieren. Gefragt werden soll, ob andere Kriterien für die Bewertung gelungener Politikberatung dienen können, wie beispielsweise die Versachlichung der Problemanalyse durch systematische Aufarbeitung des Problemgegenstandes und die Entwicklung unterschiedlicher Handlungskorridore...
...Neu hingegen ist, dass wissenschaftliches Wissen im politischen Prozess eine eigenständige Funktion erhalten hat, in dem es selbst politische Möglichkeiten und Ziele generiert, an die die Politik selbst nicht gedacht hat. So ist der Klimawandel oder das Klonen von Menschen zu einem politischen Thema geworden, nach dem die Wissenschaft zum einen die anthropogene Verursachung festgestellt (Klimawandel), zum anderen die Möglichkeit eröffnet hat, in die menschliche Evolution einzugreifen (Klonen). Sie ist keine Expertenberatung im technokratischen oder pragmatischen Sinne mehr, sondern organisiert sich zu einem argumentativen Prozess, der selbst Realitätsbestimmungen vornimmt. Politik und Wissenschaft verschränken sich durch die Herausbildung neuer Interaktionsweisen, bei denen kognitive, normative und politische Aspekte miteinander verzahnt sind: Hybridorganisationen und neue Formen transdisziplinärer Forschung.
http://www.oeaw.ac.at/ita/ta03/abstracts.htm#broechler

Anstelle von Handlungskorridoren wird häufiger bei Extrapolation in die Zukunft von Szenarien gesprochen, es wird dann eine entsprechende Matrix aufgestellt. Dabei hat die Politik der Wissenschaft in diesem Bereich voraus, daß Politiker verschiedene Faktoren einer solchen Matrix aus ihrer Machtfunktion heraus selbst bestimmen können. Die ständige Notwendigkeit der Profilierung und Selbstdarstellung sowie die Ausrichtung an Wahlperioden geben den Beratungsbemühungen fast zwangsläufig die Tendenz zu einer dem Gemeinwohl oft widersprechenden Richtung. Daß die tatsächliche und durch Technik beschleunigte Entwicklung den Politkern über den Kopf wächst, so daß sie auch hinsichtlich ihrer Zielsetzung die Wissenschaft um Hilfe angehen müssen, ist gegenüber der biotelen Theorie eine halbjahrhundertjährige Verspätung eines ersten Morgendämmers, der noch keine Hoffnung auf das Löschen eines Weltbrandes begründet.

"Vorsorgeprinzip und Expertenrolle" , Helge Torgersen

Das Vorsorgeprinzip stellt neue Herausforderungen an die Expertenrolle. Hatte vormals der Experte — der traditionellen Auffassung zufolge — anzugeben, was aufgrund gesicherten Wissens zu tun sei, so verlangt das Vorsorgeprinzip weit reichendes politisches Handeln genau dann, wenn Expertenwissen dezidiert nicht mehr für die Beurteilung eines kontroversen Sachverhalts ausreicht

BIOTELIE übernähme die traditionelle Rolle eigentlich erstmalig und muß bei Nichtübereinstimmung der verglichenen biotelen Gutachten die Entscheidung an die Politik weiterreichen. Das Vorgehen ist biotel prozessual vorgegeben und geordnet und fällt nicht in die Entscheidung der einzelnen Gutachter. Ist mit "Vorsorgeprinzip" hier der Entscheidungs- und Handlungszwang — aus dem dringendem Bedarf an oder Ruf nach Regelung heraus — gemeint? Oder deckt sich die Forderung nach Beachtung des "Vorsorgeprinzips" mit demjenigen nach Nachhaltigkeit?

Diese Aufwertung der politischen Entscheidung infolge der Anerkennung von Unsicherheit ist eine Herausforderung für das Selbstverständnis der Experten. Denn damit entstehen neue Handlungsspielräume, die von der Politik u. U. für eine nationalstaatlich oder supranational funktionale Auflösung von Interessenkonflikten instrumentalisiert werden können. Wenn Expertise auf diese Weise nicht mehr politisch handlungsdeterminierend wirkt, weitet sich der Horizont des Konflikts aus: Es wird nicht mehr nur um die Vertretbarkeit einzelner Politikentscheidungen gestritten, sondern um unterschiedliche Interpretationen des Vorsorgeprinzips und damit um die Zulässigkeit der Anwendung und der sich daraus ergebenden Optionen.

Am Spiegelbild gemessen bedeutet das biotele Gutachtenverfahren, daß zwischen Parteien umstrittenes Vorgehen durch die Autorität der Wissenschaft klar entschieden und als unbestreitbar dem Streit entzogen wird. BIOTELIE könnte also konfliktdämpfend wirken. Es ist doch bislang die Politik, welche zur eigenen Rechtfertigung und Verdeckung ihrer Entscheidungsunfähigkeit die Fragestellungen an die Gutachter so präzisiert richtet, wie diese sie auf Grund der Untauglichkeit ihres Rüstzeuges oder der Unbestimmtheit des Sachzusammenhanges gar nicht beantworten können. Die Politiker schieben "den schwarzen Peter" nur allzugern den Experten zu!

Eine solche Re-Politisierung von Risikokonflikten, so die These dieses Vortrags, geht auch mit einem Bedeutungswandel der Expertise einher, weil sich der politische Kontext, in dem Expertise erscheint, fundamental gewandelt hat. Expertise unter dem Vorzeichen des Vorsorgeprinzips kann sich nicht mehr vordringlich auf die >Entscheidung< von Sachfragen beziehen; Expertise wird vor dem Hintergrund divergierender politischer Interessen vielmehr in Zusammenhang gebracht mit der Ausdeutung und Konkretion des Vorsorgeprinzips. Auf diese Weise wird der Wertcharakter der Expertise offensichtlich: Der Experte wird vom >Schiedsrichter< zum Politikberater – ohne dass sich Gegenstand, Methode und Zielsetzung der Expertise gewandelt hätten.
Empirisch greifbar wird dies in der Rekonstruktion von Handlungsorientierungen und Leitbildern der maßgeblichen Akteure im Streit um gentechnisch veränderte Nutzpflanzen. Hier kommen neben einem weiten Spektrum von Interpretationen des Vorsorgeprinzips letztlich unterschiedliche Konzeptionen der jeweiligen Rollen von Politik und Wissenschaft zum Vorschein. Es konnten drei >Paradigmen< über die Rolle des Vorsorgeprinzips und das Verhältnis von Wissenschaft und Politik herausgearbeitet werden, die wir das >wissenschaftlich-objektive<, das >politisch-ökonomische< und das >normativ-systemkritische< genannt haben... http://www.oeaw.ac.at/ita/ta03/abstracts.htm#broechler

Zu welcher "Beweglichkeit" die wissenschaftliche Rede fähig ist, zeigt sich hier. Als ob der Experte jemals der Politik hätte Vorschriften machen können! Und wenn es um die Ausdeutung übergreifender abstrakter Begriffe geht, wie um das "Vorsorgeprinzip" : sollte da nicht in erster Linie wissenschaftlicher Sachverstand gefragt sein? Natürlich steht bei der Vorsorge die Frage der Dauer im Raum; aber bekümmert die einen Parlamentarier überhaupt, der doch nach kurzer Legislaturperiode wiedergewählt werden will. Das österreichische Proportionalwahlprinzip garantiert hier vielleicht größere Ruhe und einen weiteren Atem: er sei eingeräumt und gelobt. Liegt im Vorsorgeprinzip nicht auch die Nachhaltigkeitsproblematik? Wie weit sollen und dürfen wir voraus beeinflussen, die Zukunft bestimmen wollen?

Zu den Ethikkommissionen und der volksnahen Behandlung der Themen wie Gentechnik muß ich hervorheben, daß solcherlei Gremien auch nach Einführung einer biotelen Gutachteninstanz fortexistieren müßten; sind die dort zu entscheidenden Probleme doch noch nicht rational klar entscheidungsfähig, von ihrer hohen emotionalern Brisanz ganz zu schweigen. (Letztere läßt sich wohl nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft entschärfen.)

Fritz Gloede: "Der Bergbau zu Babel - Kommunikationsprobleme eines multidisziplinären Expertenkreises "

Der 1999 vom Bundesumweltministerium (BMU) eingesetzte Arbeitskreis "Standortauswahl für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen" (AkEnd) sollte durch die Erarbeitung von gleichermaßen fach-kompetenten wie öffentlich nachvollziehbaren Auswahlkriterien und -verfahren einen wesentlichen Beitrag im Rahmen des neuen politischen Konzepts der rot-grünen Bundesregierung zur Standortfindung leisten. Mittlerweile hat der Arbeitskreis seine Tätigkeit mit der Vorlage eines entsprechenden Berichts abgeschlossen. Bei seinen auf öffentliche Diskussion angewiesenen Aktivitäten hat sich der AkEnd durch sozialwissenschaftlichen Sachverstand mehrerer Institute unterstützen lassen (Entwicklung von geeigneten Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung, von übergreifenden Zukunftsperspektiven für prospektive Standortregionen sowie eines diskursorientierten Konzepts für seine Öffentlichkeitsarbeit). Die wissenschaftliche Evaluation seiner öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten hatte der AkEnd bei ITAS eine in Auftrag gegeben.
Unser allgemeines Evaluationskonzept schloss an etablierte Dimensionen der Evaluationsforschung an und bediente sich der folgenden Erhebungsinstrumente: teilnehmende Beobachtung und Teilnehmerbefragungen bei öffentlichen Veranstaltungen des AkEnd, Dokumentenanalyse, sowie eine Analyse der einschlägigen Medienberichterstattung. Darüber hinaus wurden im Abstand von etwa einem Jahr zwei allgemeine Bevölkerungsbefragungen zum Problemkreis der nuklearen Entsorgung durchgeführt, deren Ziel es ebenfalls war, Umfang und ggf. Entwicklungsrichtungen der genannten Debatte zu bestimmen.
Der Titel des Beitrags deutet bereits an, dass aus der Fülle möglicher Thematisierungen hier auf sichtbar gewordene Schwierigkeiten der Verständigung innerhalb eines multidisziplinären Expertenkreises wie zwischen diesem und seinen sozialen Umwelten (Politik, Verbände, interessierte Öffentlichkeiten) fokussiert werden soll. Solche Verständigungsprobleme werden exemplarisch an der Kontroverse zum Postulat von >einer Million Jahre Sicherheit< (die für ein Endlager in tiefen geologischen Schichten ins Auge gefasst wird bzw. gefasst werden muss ) und an dem Problem einer multikriteriellen Auswahl bzw. Abwägung bzgl. der Standortkandidaten erläutert, wobei primär auf Ergebnisse der teilnehmenden Beobachtung, aber auch auf solche der Medienanalyse und der Bevölkerungsbefragungen zurückgegriffen werden kann. Eine solche Fokussierung lässt bewusst andere wichtige Aspekte der Tätigkeit des Expertenkreises (u. a. Einbettung des Prozesses der Standortsuche in einen bereits Jahrzehnte währenden Konflikt und die daraus resultierenden Schwierigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen öffentlicher Partizipation an maßgeblichen Entscheidungen, etc.) in den Hintergrund treten.
Ich möchte dabei die These begründen, dass trotz aller (ernsthaft intendierten) Diskursbemühungen des AkEnd die (nicht nur politische) Funktion solcher Art von Expertise primär eine symbolische zu sein scheint. Was vor allem zählt, sind die Bedingungen und Umstände des Verfahrens, in welchem Ergebnisse erzielt werden sollen (unter bestimmten Bedingungen also auch die Tatsache des angeschobenen Verfahrens als solche) – weniger hingegen die inhaltlichen Arbeitsergebnisse und Empfehlungen der Experten, die viele Fragen offen lassen und deren mögliche Beantwortung wie auch das notwendig verbleibende Nichtwissen einem Prozess der gesellschaftlichen Aushandlung überlassen (müssen).

Ein bioteles Gutachtenverfahren müßte versuchen, zunächst einmal die Sachproblematik interdisziplinär aufzuarbeiten: und bei derart wichtigen Gegenständen sollte nicht der (öfters manipulierte) Ruf von Experten die Auswahl bestimmen und auch nicht deren Gruppenhackordnung ausschlaggebend sein, die sich bereits im Konkurrenzgebaren zwischen dem "Rang" der wissenschaftlichen Disziplinen bemerkbar machen kann (etwa Natur- versus Geisteswissenschaften). Wenn auch solche Prestigekämpfe selten eingestanden werden, so lassen sie sich doch kaum leugnen. Für die anschließende Öffentlichkeitsarbeit muß doch entscheidend sein, daß die Sachzusammenhänge so weit wie möglich objektivierend naturwissenschaftlich abgeklärt und im Falle fehlender Urteilsübereinstimmung oder letztendlichen Entscheidungsfähigkeit wenigstens die tragbarsten Szenarien vorgestellt wurden. Die Öffentlichkeitsarbeit kann nur so bei der Bevölkerung auf begründetes Vertrauen stoßen.

Es ist offenkundig, daß mit der Forderung nach (gemäß dem von H. Torgersen genannten "Vorsorgeprinzip"?) vorausschauenden angeblichen Sorgfaltpflicht für einen Zeitraum von einer Million Jahren für die Lagerung von Atommüll die Verantwortlichkeitsgrenze eines für insgesamt vier Jahre gewählten Parlaments und der gerade herrschendes Regierung in grotesker Weise überschritten wird. Solche Zeitmaßstäbe übersteigen völlig die geistige Fassungskraft der Angesprochenen, sie könnten sich allenfalls an Theologen richten, die Spezialisten für die Ewigkeit sind. Das Problem der "Endlagerung" müßte so formuliert und gelöst werden, daß auch in etwa einhundert Jahren oder später noch die gute Chance für die dann (auch nach etwaigen Erdkrustenbewegungen und Klimaverschiebungen) Lebenden zu einer Neusicherung vor der Altlast in (preis-)günstigste Umstände und optimal zur Gefahrenabwehr nach heutiger Voraussicht in Stand gesetzt würden, soweit die Möglichkeiten und Fähigkeiten kommender Generationen eben heute überhaupt abschätzbar sind. Es klingt beim Autor ja selbst an, daß derartige Diskurse für nach Zweckmäßigkeit Strebende recht unbefriedigend ablaufen und wohl mehr der Selbstbeschäftigung eine künstlich aufgeblähten Wissenschaftsapparates dienen.

http://www.oeaw.ac.at/ita/ta03/abstracts.htm#broechler

Sabine Köberle, Fritz Gloede, Expertisen im Themenfeld Politik, Wissenschaft und Gesellschaft
(Ausschreibung des BMBF vom 5. Oktober 2001)

Die gesellschaftliche Disziplinierung Bio- und Gen-Ethischer Fragen Duch die politische Institutionalisierung von "Diskurs"
Aus einer Information der Bundesregierung:
Einrichtung eines Nationalen Ethikrats beschlossen 2.5.2001
(Stand: 19.07.2001):

Der Ethikrat wird kein geschlossener Zirkel sein, so der Kanzler, sondern ein dauerhaftes Forum des Dialogs, in dem sich die verschiedenen wissenschaftlichen, gesellschaftlichen, philosophischen und theologischen Positionen wiederfinden. Nur eine Gesellschaft, die Bescheid weiß und offen über die Optionen diskutieren kann, ist in der Lage, über eine so schwerwiegende Zukunftsfrage wie die Nutzung der Gentechnik zu entscheiden. >Ich bin sicher,< sagte der Kanzler in Berlin, >dass der nationale Ethikrat dazu beitragen wird, die Diskussion um die Gentechnik viel intensiver und viel transparenter als bisher zu führen< ...
Von der Diskursivierung wertsensitiver Fragen erhofft man die Legitimation für politische Entscheidungen, die trotz und aufgrund wissenschaftlicher Kontroversen und ethischer Brisanz getroffen werden müssen. Nicht zuletzt deshalb befindet sich die Wissenschaft allerorten im Dialog, tritt in Konsensuskonferenzen, PTA und ‚Runden Tischen‘ auf, bemüht sich um Public Understandig of Science. In Fragen von gesamtgesellschaftlichem Interesse scheint der öffentliche Diskurs vielfältige Funktionen zu übernehmen (vgl. Office of Science and Technology 2000)...
Kurz: Der Diskurs forciert Kontroversen, strukturiert den Bereich des Nicht/Wissens und stabilisiert so wissenschaftliche und ethische Brisanz durch geordnete Kommunikation. Der Diskurs wird ist damit mehr als nur ein anderes Wort für ‚wissenschaftliche Kontroverse‘, ‚ethische Auseinandersetzung‘ oder ‚politische Debatte‘: Er ist die selektiv wirksame Form, die die eben genannten spezifischen Kommunikationsformen überhaupt ermöglicht und gesellschaftlich diszipliniert. Auch die gesellschaftlich kontroverse Thematisierung ethischer Fragen im Bereich der Gentechnologie wird >als Diskurs organisiert<. ...

Hinsichtlich der Ablehnung der Präimplantationsdiagnostik fand ich eine Beschreibung, wonach nach meiner Erinnerung die Vertreterin von einer Erbkrankheit Betroffener im Ethikrat sich heftig gegen diese Diagnostik ausgesprochen und das "Recht des Behinderten" auf Leben betont haben. Für jeden vernünftig Denkenden unvertretbar, bei der Möglichkeit der Ausscheidung etwa als gengeschädigt erkannter Zellen, die Zellen unausgelesen in die Gebärmutter zu verpflanzen und die Entwicklung dem Zufall zu überlassen. Mich erinnert derartiges an meine die Türklinken mit Spucke einreibenden damals noch unheilbaren Tuberkulosekranken. Und eben lese ich in: Samuel Pepys Tagebuch aus dem London des 17. Jahrhunderts, ausgew., übers. und herausg. v. Helmut Winter, Philipp Reclam jun. (Univ.bibl.Nr. 9970) Stuttgart 1980:
>1666/12.2. Mr. Caesar, der Lautenlehrer meines Burschen erzählt, wie während der Pest manche Leute den Passanten auf der Straße aus dem Fenster ihren Pestatem entgegen geblasen haben.< (a. a. O: S:291). Noch problematischer wird das Ergebnis einer solchen Anhörung, wenn man ausgerechnet nur eine einzige Betroffene aus einer Selbsthilfegruppe zugelassen hatte; so daß man sogar ein Eigeninteresse zur Vergrößerung der Selbsthilfegruppe unterstellen könnte: zunächst absurd anmutend; aber zu welcher Absurdität sind Menschen nicht imstande! In der Regel erfolgt die Beschickung solcher Räte und Gremien nach öffentlicher Reputation, die keineswegs immer mit der größten Erfahrung und dem größten Durchblick einhergeht. Und sogleich tritt in freier Gesprächsrunde der übliche Einfluß seelischer Hemmungen und psychologischer Taktik in Kraft, mit welcher sich gewisse Personen von der Vertretung ihrer Meinung abbringen lassen bzw. sie durchzusetzen verstehen.

2. Öffentlicher Diskurs aus der Sicht der Sozialwissenschaften
Die Sozialwissenschaften beobachten diesen Prozess seit längerem. Diskurs gilt in der liberalen Erwägungskultur als Verfahren geordneter Konfliktaustragung und Akzeptanzbeschaffung. Solche Verfahren müssen organisiert werden: Man trifft Entscheidungen über den Zugang zum Diskurs, zum Procedere und zu den Geltungsbedingungen von Argumenten, Empfehlungen, und ggf. von Entscheidungen. Eine reichhaltige Literatur im Bereich der Technikfolgenabschätzung informiert über die empirischen Probleme der Durchführung solcher partizipatorischen Verfahren der geregelten Erörterung in Bereichen, die sich sowohl durch Unsicherheit im Hinblick auf die damit verbundenen wissenschaftlichen Fragen als auch durch kontroverse Einschätzungen im Bereich von anzustrebenden Werten auszeichnen. Man setzt auf Verfahrensgerechtigkeit durch Partizipation und Diskursivität und auf das symbolische und sozial/politische Kapital des Arguments, das im Innen und Aussen solcher Spezialdiskurse Anschluss finden soll....
Und wer eben solchen Diskurs "organisiert", der steuert oder beeinflußt ihn zumindest. Jedermann wird zumindest nicht in demokratischer "Manier" zugelassen. Beim biotelen Gutachtenverfahren liegt der Ansatz nd Ablauf völlig verschieden. im entwickelten Zustand kann jedermann (unter Gebührenentrichtung und das Risiko von deren Verlust tragend) durch seine Eingabe eine Untersuchung in Gang setzen.
Die Auswahl, die immer irgendwie paarweise erfolgt, geschieht aus einer Geeignetenliste vergleichbaren Kenntnisstandes nach Zufallswahl.
Das ganz Entscheidende aber ist, daß die Gegensätze im Ethik- und Weltverständnis beim Diskurs quer durch die Reihen der Wissenschaftler wie auch der Laien gehen, im biotelen Gutachtenprozeß aber sind Ziel und Teilziele aber auch die Methoden zur Lösungserarbeitung vorgegeben und dem Streit entzogen. Die Gutachter kooperieren also, ohne sich gegenseitig zu erkennen. Erst die biotelen Gutachtenergebnisse selbst werden den betroffenen Laien zur Abstimmung vorgelegt. Da auch biotele geprüfte Problemlösungsergebnisse auf öffentliche Zustimmung angewiesen sind, empfiehlt sich eine Art Diskurs über sie. Für einen solchen sind im System der BIOTELIE in erster Linie die biotelen Vereine zuständig, d. h. Idealvereine völlig unterschiedlicher selbstgewählter Zweck- und Aufgabenstellung, die freiwillig sich für die Förderung bioteler Maßnahmen einsetzen. Die biotelen Vereine unterstehen nur einer ganz oberflächlichen und grobe Fehlentwicklungen eindämmenden Aufsicht über die biotele Begutachtung (auf Antrag eiens Beliebigen) , nicht der Gutachteninstanz (dem biotelen Kontrollkörper) als Institution selbst. .Die Medien dürfen — unter bioteler Verfassung — der herrschenden wissenschaftlichen Meinung in den die fachunkundigen Massen erreichenden Publikationen insbesondere im zeitlichen Umkreis anstehender bioteler Entscheidungen nicht widersprechen; auf Dauer auch nicht in massiven, für Einzel- oder Gruppeninteressen gesteuerten, zuwiderlaufenden Aktionen tätig werden. (Solche Zensur übersteigt nicht prinzipiell das Ausmaß auch des derzeit üblichen Verbotes jeden Widerstandes gegen die Staatsverfassung).
Es bleibt aber die überwiegende Anzahl der in Parlaments- und Regierungsverantwortung zu treffenden politischen Entscheidungen, für die das biotele Gutachtenverfahren wegen ungeklärter Sachzusammenhänge lediglich das Recherchenmaterial anbieten kann. Aber auch letzteres dürfte eine oft taugliche Quelle für dann auf den Problemkreis angesetzte Diskurse sein und eine Einigung in ihnen oder die Entscheidung zu dessen Abbruch wegen erkennbarer Unfähigkeit zur Einigung erleichtern.

Neuerdings reflektieren Politik und Gesellschaft auch aktiv auf diese Form, setzen sie ein und argumentieren für oder wider sie. Etwa: kann man ethische Fragen einem Nationalen Ethikrat ganz oder teilweise überlassen? Soll man weitere Gremien einsetzen? Wie verhalten sie sich zueinander, wie verhalten sie sich zu den wissenschaftlichen, politischen und den öffentlichen Debatten? Es entsteht mithin in der Gesellschaft ein Diskurs über den Diskurs...

3. Diskurs: Eine praxeologische Perspektive
Diese, eher praxeologische, Perspektive auf solche kommunikativen Verfahren stützt sich zum einen auf einen Formationsbegriff des Diskurses (Foucault 1973, 1991). Was sind etwa die Begriffe, die Aeusserungsmodalitäten und die Strategien, die den Diskurs über bio-ethische Fragen kennzeichnen? Zum anderen stützt sich diese Perspektive auf die Arbeiten Luhmanns zur Praxis inter-, gar transdisziplinärer Verständigungen: Die systemtheoretische Konzeption insistiert auf eine Spezifikum dieser Diskurse, nämlich der Differenz der in solchen Diskursen beteiligten Perspektiven. Sie intervenieren zwar nicht direkt aufeinander, können sich aber dennoch spezifisch anregen und über die Differenzen hinweg zu handlungsleitenden Ergebnissen führen (Luhmann 1992) – und sei es nur zur Feststellung eines ‚konsensuellen Dissenses‘ (Kleimann 1997). Verhandlungssysteme oder partizipatorische Diskurse sind institutionelle und kommunikative Arrangements, in denen solche Anregungsverhältnisse forciert, ja, zum Gegenstand gemacht werden. In Verhandlungssystemen kann man die Koordinationsleistungen von Diskursen beobachten (Krohn 1997). Koordiniert wird vor allem über Themen, an denen sich Wert- oder Zielkonflikte kondensieren, sowie über Prozeduren der Kommunikation, eben: Diskurs.... Wenn Wissen und Werte im Hinblick auf gesellschaftliches Handeln uneindeutiger werden, ist Diskurs dann die Antwort? Wenn ja: Welcher, wie, wann, wie lange ....?
Eine mögliche Antwort auf diese Frage gibt BIOTELIE. Eine "Diskursgesellschaft" würde des Inhalts und des Haltes entbehren, könnte leicht ins Reden ohne Handlungsperspektive ausarten und müßte vor den Überlebensstrategien anderer Kulturen abgeschlagen das Feld räumen. Die Überschätzung der Tragfähigkeit der Diskursmethode betrachte ich als eine Zeitmode, nach welcher Demokratie im Reden aufgeht.
Am Horizont einer demokratisch basierten Wissensgesellschaft steht das, was man als Diskurs-Gesellschaft bezeichnen könnte: >Wir müssen uns gemeinsam immer wieder darauf verständigen, welche Richtung wir dem Fortschritt geben wollen. Wir müssen immer neu entscheiden, welche Grenzen wir überschreiten und welche Grenzen wir akzeptieren wollen. Wir müssen immer wieder wägen und entscheiden ...< (Rau 2001, 38 Rau, Johannes (2001), Wird alles gut? Für einen Fortschritt nach menschlichem Mass, Frankfurt/Main: Suhrkamp) ...Das Projekt stellt damit die Form in den Vordergrund, in der die Gesellschaft heute unsicheres Wissen und konfligierende Werte prozediert: als Diskurs....
http://www.unibas.ch/wissen/main/projekte/exp.htm

Robert Gmeiner: "Nationale (Bio)Ethikkommissionen "

...Biomedikalisierung:Es geht nicht ausschließlich um Risiken und deren Minimierung (für die es mehr oder weniger gute Abschätzungs- und Abwehrmechanismen gibt), sondern um Fragen nach der Natur, der Integrität und der Zukunft des Menschen. Die moderne Medizin ist nicht nur fähig, Krankheiten zu heilen, sondern Körper und Lebensprozesse fundamental zu transformieren. Die Grenzen zwischen dem >Normalen< und >Nichtnormalen<, zwischen Behandlung (>treatment<), Verbesserung (>enhancement<), Selektion (>selection<) und Perfektionierung werden fließend. Damit werden gesellschaftliche Auseinandersetzungen darüber, >was wir sind<, >was Leben ist<, >was Gesundsein/Kranksein bedeutet< redefiniert und alltäglich (Gottweis 2002).
Ethisierung der Politik: Ethik hat in den letzten Jahrzehnten in einem sich als >Risikogesellschaft< (Beck 1986) begreifenden Gemeinwesen stärkere Aufmerksamkeit erlangt. Eine Fülle anwendungsorientierter Ethiken (Bereichs- oder Genitiv-Ethiken) wie etwa Wirtschaftsethik oder Umweltethik wurden formuliert. Auf der anderen Seite wird von einer "Ethikkrise" gesprochen: Ethik sei gar keine Wissenschaft, moderne Ethik könne die notwendigen Aufgaben nicht lösen, Ethik könne keine festen Lösungen mehr anbieten, es gebe nicht ein einziges System moralischer Regeln...

Die angesprochene Problematik der Folgen ärztlicher Heilkunst in ihrer Wirkung einer künstlichen Lebenserhaltung und eines Verstoßes gegen die natürlich Auslese wurde spätestens seit Platon erkannt. Biologisch gesehen, hat sich der Mensch, besonders seit dem Altertum, hinsichtlich seiner körperlichen Ausstattung verhältnismäßig wenig verändert, wenn man einmal von dem Gebrauch seiner angeborenen Fähigkeiten und von am Leben sich erhaltenden Kranken und erhaltenen Gebrechlichen und deren Häufigkeit absieht. Der Ersatz von Arbeit durch Maschinen verführt zur Vernachlässigkeit des Gebrauches der eigenen Fähigkeiten und Kräften und damit zu sich steigerndem Fall der Fähigkeiten, welche das soziale Zusammenleben mit einschließen. Dies verlangt eine Rückbesinnung auf das, wozu der Mensch eigentlich bisher schon imstande war, eine Frage, die im Grunde für jeden einzelnen Menschen gestellt werden muß oder noch besser ausgedrückt: die jeder sich stellen sollte. Sollen künftig die Impulse zum Leben vom Staat oder von der Gesellschaft ausgehen, etwa auf dem Wege der Schaffung von künstlich erzeugten Notlagen? Sollen die Menschenmassen und Massenmenschen über die Medien gesteuert werden; wie rettet man dann aber die AUTONOMIE (als verantwortete Freiheit) in die Moderne, in die Zukunft?

Hiermit wurde ein Begutachtungsthema für eine unabhängige wissenschaftliche, nämlich biotele, Problembehandlung aufgeworfen, deren Bearbeitung wohl geraume Zeit in Anspruch nehmen dürfte, falls überhaupt — wenigstens für absehbare Zeitperioden — sich Lösungen finden lassen. Ethikkommissionen können hier höchstens Ideen und Tatsachenmaterial zur Lösung beitragen; ob sie aus sich selbst heraus zu tragenden, epochemachenden Entschließungen kommen können, muß abgewartet werden. Die alternative biotel-gutachterliche Behandlung der Problematik sollte daneben zumindest nicht vernachlässigt werden: und schließlich wird ja doch auch eine VERGLEICHSEINRICHTUNG benötigt, welche urteilend zwischen Lösungsangeboten abwägt. Oder will man sich auf ein Mehrheitsvotum über Ethikfragen einlassen?

Was hier "Biomedikalisierung" genannt wird, weist (vermutlich unbeabsichtigt) auf eine gefährliche Entwicklung hin zu gesteigerter Abhängigkeit von Heilkunst und Medizintechnik hin; zwangsläufig wird damit BIOTELIE in eine zentrale Position gebracht, denn sie vereinigt (Sozial-) Hygiene, Naturrecht und poltische Kybernetik, um einer zu starken Medikalisierung des Lebens vorzubeugen. Krankheit bedeutet nämlich Abhängigkeit und Freiheitsverlust, was diejenigen am Deutlichsten erfahren, die davon betroffen sind.

http://www.oeaw.ac.at/ita/ta03/abstracts.htm#broechler

Stephan Bröchler, Helmut Elbers, Hochschulabsolventen als Mitarbeiter des Parlaments: Politikberater oder Bürohilfskräfte? Ergebnisse einer internetgestützen Befragung der persönlichen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, polis, Nr 52/2001 Arbeitspapier aus der Fernuniversität Hagen Fachbereich Erziehungs-, Sozial- und Geisteswissenschaften

Seit 1969 erhält jeder Abgeordnete die Mittel, sich persönliche Mitarbeiter heranzuziehen. Von den 746 Mitarbeitern haben 233 (also 31,4%) geantwortet, deutlich mehr aus Kreisen der CDU/CSU als aus der SPD. (Kontrollscheu?) Überwiegend handelt es sich um Studienabsolventen (70,9%), selten mit Doktor-Titel oder Vorlesungslizenz, 53 % kommen aus der Politikwissenschaft (a. a. O. S.24) , nur wenige Ingenieure und Naturwissenschaftler sind vertreten (a. a. O. S.36). Das Durchschnittalter ist 34 Jahre; dabei stehen sie "am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn". (Dieser Satz spricht für mich Bände!) Nur ausnahmsweise treten sie auf Grund einer Annonce ein, sondern meistens stammen sie aus der Studentenarbeit, mehr als die Hälfte sind Parteimitglieder und die meisten stammen aus Bonn und Berlin. (a. a. O. S.24) Detailwissen wird kaum beansprucht, es komme auf rasches Reagieren und die Organisationsfähigkeit an, das Methodische an. "Die intellektuell und kommunikativ anspruchsvolleren Arbeiten fallen ... seltener an" (a. a. O. S.10) Abstimmungen mit fremden Fraktionen treten gegenüber der Arbeit in der eigenen Fraktion zurück; bedeutende Zeit widmen sie dem Studium des fraktionseigenen Pressedienstes. (a. a. O. S.12) Den Kontakt mit den Wahlkreisen ihres Abgeordneten halten sie selten, für Sprechstunden werden sie zu 26,5 % eingesetzt; stärkerer Kontakt besteht zu den Lobyisten und Verbänden.(a. a. O. S.25) Gute Verbindungen zu den Wissenschaften sind häufig; dorthin zurückkehren wollen sie aber kaum. Sie schätzen sich als "Ideengeber" ein (a. a. O. S.26), haben Informationen heranzuschaffen ("Informationsschnittstellen").(a. a. O. S:36) Sie selbst gestehen sich nur moderate Einflußnahme auf die Politik ihres Abgeordneten zu (a. a. O. S:27), die persönliche Abhängigkeit von diesem und dessen Karriere wird teilweise als lästig empfunden, birgt aber auch Aufstiegsmöglichkeiten (a. a. O. S.28). Weiteres Fortkommen wird zur Hälfte im Parlament zur anderen Hälfte in Verbänden, Wirtschaft und Publizistik gesucht (Sprungbrettfunktion). (a. a. O. S:39) 44 % sind mit ihrer Tätigkeit zufrieden, 26,5 % sogar sehr zufrieden. von einer "Versozialwissenschaftlichung" der Politik ist die Rede. Man erkennt doch auch hier den Linkstrend über das gesamte Parteienspektrum hinweg., insbesondere wenn man die Lehrpläne der Politikwissenschaft einsieht und mit in Rechnung zieht.

http://www.fernuni-hagen.de/POLINST/pdf-files/polis-Heft52.pdf

 

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft in fünf Punkten ...

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist die zentrale Förderorganisation für die Forschung in Deutschland. Ihre Kernaufgabe besteht in der Finanzierung von Forschungsvorhaben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Universitäten und Forschungsinstituten und in der Auswahl der besten Projekte im Wettbewerb.
Ihren zentralen Auftrag, den Dienst an der Wissenschaft in allen ihren Zweigen, erfüllt die DFG als Selbstverwaltungsorganisation der deutschen Wissenschaft. Organisatorisch ist sie ein privatrechtlicher Verein. Ihre Mitglieder sind die meisten deutschen Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, wissenschaftliche Verbände sowie die Akademien der Wissenschaften. Die DFG erhält ihre Mittel von Bund und Ländern, die in allen Entscheidungsgremien vertreten sind, wobei die Wissenschaftler die Mehrheit haben....

Die DFG berät Parlamente und Behörden in wissenschaftlichen Fragen.
Als Stimme der Wissenschaft im politischen und gesellschaftlichen Diskurs berät und begleitet sie politische Entscheidungsprozesse mit wissenschaftlichem Sachverstand. Durch die Beratungen in den Senatskommissionen der DFG und durch die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse nimmt sie Stellung zu Strukturfragen der Wissenschaft und zur verantwortlichen Anwendung wissenschaftlicher Arbeitsergebnisse in der Gesellschaft. Mit einem Regelwerk zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis stellt sie einen international anerkannten Orientierungsrahmen bereit...

http://www.dfg.de/dfg_im_profil/dfg_5_punkte/

Verantwortete Wissenschaft

Mit Blick auf eine verantwortete Wissenschaft ist die DFG daran interessiert, leitende ethische Standards für die Forschung transparent zu machen und für deren Anwendung einzutreten. Eine international besetzte Kommission >Selbstkontrolle in der Wissenschaft< hat im Januar 1998 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis veröffentlicht und damit den national, aber auch international anerkannten Orientierungsrahmen für eine ethisch vertretbare Wissenschaft abgesteckt. Vor diesem Hintergrund ist der "Ombudsmann der DFG" berufen worden, ein Gremium, das in Fällen wissenschaftlicher Unredlichkeit zur Beratung und Vermittlung konsultiert werden kann. Darüber hinaus hat die DFG einen Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens ins Leben gerufen, der prüft, ob wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt und gegebenenfalls Sanktionsvorschläge unterbreitet.

http://www.dfg.de/dfg_im_profil/aufgaben/wissenschaftliche_verantwortung/

Gute Wissenschaftliche Praxis

Nach Beschluss der Mitgliederversammlung der DFG vom 17. Juni 1998 sind bei der Inanspruchnahme von Mitteln der DFG die Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis einzuhalten. Hochschulen und andere Forschungseinrichtungen, die DFG-Mittel in Anspruch nehmen möchten, müssen an ihrer Einrichtung entsprechend den Empfehlungen 1 bis 8 Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis etablieren.

Vgl auch .: http://www.zuv.uni-heidelberg.de/d6/fehlverhalten.html

Politik: Bürokratie behindert Zusammenarbeit deutsche nature - Urban & Fischer

Eine Zusammenarbeit von westlichen Wissenschaftlern und ehemaligen Biowaffen-Spezialisten aus der Sowjetunion könnte unsere Abwehrstrategien gegen Bioterrorismus schlagartig verbessern. Gleichzeitig würden damit Russlands wachsenden Problemen mit Infektionskrankheiten angegangen. Misstrauen und Bürokratie scheinen diesem Anliegen jedoch offenbar den Weg zu verbauen.
In Zeiten gewachsener Sorge gegenüber dem Bioterrorismus könnten westliche Regierungen von russischen Wissenschaftlern viel lernen, die unter dem Deckmantel eines vom Staat kontrollierten pharmazeutischen Unternehmens erfolgreich an der Entwicklung von Waffen zur Verbreitung von Pest, Milzbrand und Pocken gearbeitet hatten. Gleichzeitig leidet Russland heute unter Epidemien von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose und AIDS. Das Land könnte stark von Projekten profitieren, die den Kenntnisstand der Wissenschaftler auf die Untersuchung dieser Probleme ausrichten würden. Gemeinschaftliche Forschungsprogramme zwischen den USA und den ehemaligen Biowaffenlaboren in Russland existieren zwar, aber vorhandene kulturelle Unterschiede, gegenseitiges Misstrauen und restriktive Verordnungen blockieren diese vielversprechenden Forschungswege.

[Nature 12. Juni 2003: pp 678-680]

http://deutsche.nature.wissenschaft-online.de/#artikel9

Der Anschluß eines Nationalstaates an die BIOTELIE bedeutet keinerlei Gesichtsverlust, verletzt keine Nationalgefühle und gefährdet keine nationale Unabhängigkeit. Denn mit der Übernahme des biotelen Kontrollkörpers; wird unter dem Aspekt der PLURALITÄT nationale Eingeständigkeit bestärkt und sich abgebaut, wie etwa beim EU-Beitritt. Was das Vertrauen in die biotele Instanz schon anbahnen kann: auch Bürger nicht angeschlossener Nationen können (gegen Gebühr) Verbesserungsvorschläge einreichen und werden als prämienberechtigt behandelt. Von der Zusammenarbeit der Wissenschaft gingen bereits bedeutende Impuls zur internationalen Entspannung aus.

Scientia est potentia — Über Wissenschaft und andere Mächte
Vortrag von Prof. Dr. jur. Dr. hc. Manfred Erhardt anlässlich der Eröffnung der Graduate School der HUB am 15. 01. 03

„Mein Vortrag handelt in 15 Thesen vom >Viermächtestatus< der Bereiche Wissenschaft/Wirtschaft/Politik/Publizistik unter dem Gesichtspunkt ihrer Interaktionen und Interdependenzen, ihrer Verstehens- und Verständigungsbarrieren, ihrer eigengesetzlichen und eigensüchtigen Antriebe und der daraus resultierenden Klüfte zwischen den deutschen Eliten."

http://www2.rz.hu-berlin.de/bgss/docs/Vortrag_150103.pdf


Berlin, den 2. Juli 2003

An
Herrn
Prof. Dr. XY
Psychologisches Institut
einer -Universität in Berlin


Sehr geehrter Herr Professor Y,


Von Ihrer Bekannten (so wurde mir' s erzählt), Frau X, wurde mir geraten, mich doch einmal an Sie zu wenden. Es geht
hier nicht um einen inneren Konflikt, den ich auch habe (einen familiären), sondern um meine Sorge, daß mein größtes Lebenswerk, (jetzt verkürzt) in
http://www.biotelie.de   dargestellt, unfruchtbar versanden könnte. Ich arbeitete bis 1996 als hausärztlicher Internist im Wedding, unterhielt aber
auch 167-82 Wohngemeinschaften für psychisch Kranke und habe die Facharztanerkennung als Neuropsychiater, womit uns eine gewisse
Berufsnachbarschaft verbindet. Psychologie habe allerdings nur drei Semester studiert (in Freiburg i.Br., Prof. Heiss, und Berlin 1959/60) .

Vom psychologischen Standpunkt aus muß ich alles falsch machen, denn ich stoße heute - das war 1959 anders! - völlig ins Leere mit "meiner" BIOTELIE.
Es wäre freundlich von Ihnen, wenn Sie die Mühe auf sich nähmen, mir da offen Ihre Ansichten mitzuteilen.
Ich habe nicht ein einziges Exemplar meines Buches: "BIOTELIE  DIE CHANCE zur Rettung von Natur und Menschheit - Eine wissenschaftliche Provokation" verkauft.  
(1) Heute würde ich den martialischen Titel nicht mehr gewählt haben, da er so in die Ecke "Jesus, deine einzige Rettung" gerückt werden kann, was dem Inhalt nun gar nicht entspricht, weil er ja (2) wenig auf psychologische und esoterische Bedürfnisse eingeht. Daß der (3)
konzentrierte und geballte Inhalt anstrengt, räume ich ebenfalls ein.  Meine Neigung, (4) die anderen möglichst weitgehend zu Wort kommen zu lassen bei
der Darstellung der Problemstellungen und mich dann auf die Problemlösungsvorschläge zu konzentrieren, wird natürlich auch getadelt. (Die
meisten leben ganz überwiegend von den Ideen anderer, kleiden sie aber als eigene ein; bei mehr oder weniger häufigen Randhinweisen auf andere.)

Nun wende ich mit dem Aufruf STIMME DER WISSENSCHAFT ja  zunächst einmal an die Wissenschaftler, von denen man doch (5)  voraussetzen müßte, daß sie geistig beweglicher sind.  Von den wenigen, die ihren Protest äußeren, gewinne ich den Eindruck, daß (6) nur sie hohe Gedanken haben können und daß  solches schon gar nicht einem gewöhnlichen Praktiker widerfahren könne. Eine reine (paranoide?) Mutmaßung wäre, daß es —  zumindest eine grundsätzlicheund längst verinnerlichte —  Absprache gibt, daß (7) von außerhalb der Universität niemand in die Heiligtümer hereingelassen wird. Oder geht es um (8) unliebsame Konkurrenz im (unbequemen) Denken; oder einfach (8) um Faulheit und Überforderung durch die Masse des heute Gebotenen oder um eine verinnerlichte (9) Resignation, daß ja bekanntlich gar keine Rettung mehr möglich ist: deshalb  Ersatzbefriedigung durch Ruhm und Geld oder
umgekehrt ? Geht es auch darum, daß (10) politische Abhängigkeiten bestehen und BIOTELIE den Regierenden unbequem sein muß?
oder einfach darum, daß sich (11) ohne Bezahlung nichts mehr bewegt?

Tatsächlich wurde mir - bei aller eigenen Anstrengung - dieses Werk wie eine Offenbarung gegeben: es ist eine mir zugestoßene Vision. Ich selbst war
erstaunt, was man mit diesem biotelen Regelwerk, dessen Einzelbestandteile ja uralt sind,  für erstaunliche fruchtbare Resultate erzielen kann. Man
könnte es wie ein Uhrwerk betrachten (und heute auch animiert graphisch darstellen), in dem die biotelen Aspekte wie Zahnräder ineinandergreifen
und sich fördern. Dreht man an einem Rad, so dreht man die anderen mit. Und dabei gibt es auch gegenläufige Räder, wie etwa den Aspekt der AUSLESE, so
zusagen eine Reparaturzentrale, welche den Aspekt der PLURALITÄT als Vielfalt durch Anpassung erhält  Und dabei muß ins Auge fallen (und trotzdem
beschreibe ich dies hier so deutlich hier zum ersten Mal), daß PLURALITÄT eben doch zugleich auch Vielheit bedeutet, die über AUSLESE auf ihr Maß für
ein Gleichgewicht zurückgebracht wird.. (Nur ist Vielheit, die Quantität, lediglich eingeschränktes Ziel, zumal sie nur zu halten ist, wenn Vielfalt
in Qualität sie stützt)  STIMME DER WISSENSCHAFT könnte ein hervorragendes Mittel zugunsten des biotelen Aspektes der AKTIVITÄT, nämlich zur Steigerung der Handlungsfähigkeit in fast allen Bereichen werden.
Warum sieht das denn keiner, warum hilft mir denn keiner? , so meine verzweifelte Frage.

Deshalb im Wortlaut auch an Sie, Herr Prof. Y die Einladung, wie ich sie inzwischen an über30 Professoren überwiegend aus den Max-Planck-Instituten richtete:

Vor zwölf Tagen gründete ich (ehemals niedergelassener hausärztlicher Internist im Wedding nach Vorbereitung seit 1951) zusammen mit meinem
Schulfreund, dem Biochemiker i. R. und Arzt  Dr. Dr. Werner Schneider Freiburg, die nicht eingetragene Vereinigung STIMME DER WISSENSCHAFT  und lade Sie herzlich zur Teilnahme ein. Die Satzung findet sich auf  der geplanten beigeklammerten Seite 8 (index7) der Homepage http://www.biotelie.de : Aus dem MANIFEST auf Seite 1 (index) in Verbindung mit dem Link "Aspekte" dort ergibt sich der wesentliche Inhalt des Vorhabens.

Wir hoffen die Hürde des Arbeitsbogens (Seite 3-5) bald überwinden und dann einen Modellversuch auf die Wege bringen zu können.

Aus unseren schwachen Kräften heraus als Universitätsaußenseiter kann dies aber nur gelingen, wenn wir wenigstens ideell den Rücken gestärkt bekommen.

Deshalb meine Bitte verbunden mit  freundlichen Grüßen aus Berlin


Wolfgang Wagner

P. S. ich bitte darum, nachfolgende Angaben in meine zu veröffentlichenden Zusammenstellung zur Vereinsgründung übernehmen zu dürfen

Ich hatte den Lebenslauf des Angeschriebenen und die Zusammenfassung eines seiner Arbeitsprojekte aus dem Internet heruntergeladen

2. Juli 2003

Sehr geehrter Herr Dr. Wagner,   ich habe Ihre Thesen überflogen. Sie sind stark normativ und von diversen politisch-ethischen Imperativen durchsetzt; einen Anknüpfungspunkt an Psychologie als empirische Wissenschaft sehe ich nicht. Ich möchte Sie deshalb dringlich bitten, meinen Namen NICHT mit von Ihnen vorangetriebenen Organisationen, Aktionen etc. zu nennen!   Mit freundlichen Grüßen

Unterdrückt hatte ich mein Recherchenergebnis  nach den Begriffen "implizit" und "explizit", wozu ich mich wegen ihres häufigen Gebrauchs (vor allem des ersteren in einem zitierten Beitrag) bewogen sah, bei der mir nachstehende Fremduntersuchung in die Augen stach:

Becher, Marion & Schestag, Alex - Soziale Normen auf implizit und explizit sexualbezogenen Chat-Channels  

  „YOURE ALL PERVERTS GET A LIFE WITHOUT CPU“  

ein Chatter im DALNet-Channel  #sex  

Abstract
... Auf implizit sexualbezogenen Channeln werden sexualbezogene Aussagen öfter geahndet als auf explizit sexualbezogenen Channeln.
b. Es gibt Unterschiede zwischen IRCNet und DALNet auf  implizit bzw.explizit sexualbezogenen Chatchanneln bezüglich der Reaktionen auf sexualbezogene Äußerungen bzw. deren Häufigkeit. Die Art und Richtung dieser Kulturunterschiede bleibt offen.

c. Die kategorisierten sexualbezogenen Aussagen lassen sich hinsichtlich des in ihnen jeweils zum Ausdruck kommenden Konzepts von Sexualität den
bekannten sexualpädagogischen Ansätzen zuordnen.

In dieser Untersuchung wurden jeweils zwei implizit und zwei explizit sexualbezogene Channel eine Stunde lang mitgeloggt. Im IRC ist es problemlos möglich, das Geschehen auf einzelnen Channeln mitzuprotokollieren. Dabei wird ein ASCII-File angelegt, in dem die Uhrzeit, zu denen die jeweiligen Aussagen gemacht wurden, mit aufgezeichnet wird. Die Aufzeichnungen fanden auf den Channeln #flirt.de, #aussieflirts, #sex.de und #sex statt....
http://www.nicoladoering.de/PESI/sexchat/s_chat.doc

Übrigens scheinen mir "implizit" und "explit" lediglich verstümmelte Anleihen von "apriori" und "aposteriori" von Immanuel Kant zu sein;
im Unterschied zu Kants Diktion ist der Gebrauch dieser Modewörter aber viel verschwommener, entsprechend der großen Abweichungen schon der Bedeutungsableitungen aus den Subjektiven und Verben. (Unter Explikation  versteht man doch eine "Erklärung, Erläuterung", die sich doch auf ein "innerlich bereits Angelegtes" beziehen kann, usw.) Kann es auf "angeborene Intelligenz " hin angelegte Tests geben?

Zunächst einmal war ich enttäuscht; denn nach der persönlichen Anbahnung und aufgrund meines persönlich gehaltenen Schreibens hätte ich eine detailliertere und substantiellere Kritik erwartet. (Betonen muß ich , daß Prof. Y selbst mit Frageboten arbeitet!)  Nun, etwas vorgewarnt war ich: schon bei der "68er Generation" müßte ich vorsichtig sein, zumal ich mit negativen Äußerungen selbst Abwehr provoziere. (Und Psychologen sind auch Menschen.)

Die Feststellung von "ethisch-politischen Imperativen" im biotelen System trifft natürlich zu: aber ist nicht alles Subjektive implizit auch Gegenstand der Psychologie, und alles Normative ohnehin? Sind nun die biotelen Aspekte nun der Zielsetzung der dynamischen Stabilität (der Lebenserhaltung) implizit, also im Leben selbst angelegt, oder inwieweit  werden Aspekte (und etwa welche) der Zielsetzung  historisch-kommunikativ-explizit angedient ?
Welch hohen Anteil hat die Psychologie nicht an der Politik! Zu respektieren ist natürlich, daß viele andere politische Ansichten haben.
Und darin liegt ja schon ein wichtiger Anknüpfungspunkt für empirische psychologische Untersuchungen.

Wie kann verhindert werden, daß ein Gutachter etwa den Aspekt der AUSLESE aus innerer, anerzogener Tendenz zur Verteilungsgerechtigkeit (die ihn vermutlich selbst nichts kostet!) überdehnt und das einschränkende Verbot übersieht oder bewußt übergeht, daß die AUSLESE nicht eingeschränkt werden darf? Müssen beim Auseinanderklaffen zweier Urteile, selbstverständlich wieder über das unabhängige Gutachtenverfahren, Untersuchungen darüber angestellt werde, ob ein Auseinanderklaffen von Urteilen von politischen Grundauffassungen herrührt? Oder solle man aus Wirtschaftlichkeitsgründen bei gewissen Fragestellungen eine ganze Generation von der Begutachtung ausschließen, bei deren Mitgliedern man damit rechnen muß, daß derartige ideologische Mißdeutungen auftreten? Ist das System der BIOTELIE etabliert, d. h. wird es länger Zeit praktiziert, so dürften die biotelen Begriffe wohl allgemein verinnerlicht sein und ideologische Fehldeutungen seltener werden. Trägt man von außen in einem festen Definitionsrahmen (explizit) Fragen an einen Probanten (oder Gutachter) heran, so übt man natürlich eine Kontrolle auf dessen Antworten aus. Provoziert und erwartet man Eigenfomulierungen (bei den biotelen Gutachtern etwa Besserformulierung der Problemstellung oder deren Neuformulierung) so ging man "implizit" vor und richtet man sich an die Eigeninitiative des Gutachters. (Mir erscheint dieser Zusammenhang und Unterschied eigentlich fast als selbstverständlich: wir bekommen explizit das heraus, was wir als Fragen hineinstecken oder — falls die Probanden mitspielen bzw. mitspielen können — implizit das, was wir erwarten.)

Ein weiteres Problem bedürfte der Klärung und wäre empirisch-psychologischer Untersuchung wert, falls es nicht im biotelen Gutachtenprozeß sich selbst auflöst: wie beeinflussen verschiedene Persönlichkeitsstrukturen die Urteilsabgabe von Gutachtern? Sicherlich ist es richtig, daß jeder Mensch anders ist und sich von jedem anderen unterscheidet. (Das kann man auch als Hunde- oder Katzenhalter schon bestätigen.) Trotzdem ist es meine Überzeugen, daß jeder normalsinnige Mensch den Bildschirm oder den Tisch, auf dem er steht, gleichartig wahrnimmt; warum sollte es nicht auch Gutachtenübereinstimmungen geben, wo das verschiedenen Gutachtern übereinstimmend Beurteilte überwiegt?

Eine Antwort des Angeschriebenen war deutlich: die Weigerung sich einer "Bestrafung" wegen Nichtmitwirkung zu entziehen, einer Strafandrohung die man als ungeheuerlich empfindet. Aber die Verlegenheit, in der sich der Einladende selbst befindet, wird dabei nicht in Betracht gezogen. Den FU-Studenten händigte ich im Jahr 2000 meine Einladungen auf dem "Campus" mit Farbnachdrucken von Geldscheinen aus, wofür ich mich dann im Text etwa so entschuldigte: "So etwa würde man für Materielles werben....!" Ein Lächeln konnte das manchmal auslösen oder eine witzige Bemerkung: Werbewirkung konnte ich nicht in einem Maße erzielen, daß sich von hundert Angesprochenen nur ein einziger darnach übers Internet gemeldet hätte. Vielleicht sehen andere Psychologen dankbar neuen Stoff im biotelen Gutachtenverfahren: — wenn es erst einmal etabliert und vom Makel des Außenseitertums oder der Spinnerei geheilt ist! Aber daß keiner wie andere ist, das möchte ich doch gerade erproben, indem ich zwei weiteren Kollegen dieselbe Anfrage und Einladung schicke. (Der zweite antwortete erst gar nicht.)

 

Mauthner-Gesellschaft - Verein der Sprachkritiker

HENRY POINCARÉ, Der Wert der Wissenschaft

....man definiert einem Kinde nicht ein Schaf, man sagt ihm: das ist ein Schaf.

Ist die Wissenschaft künstlich?
Wir werden oft gefragt, wozu die Mathematik gut ist, und ob die feinen Konstruktionen, die ganz und gar unserem Geist entstammen, nicht künstlich und Kinder unserer Launen sind. Zwischen denen, die diese Frage stellen, ist ein Unterschied zu machen. Die praktischen Menschen verlangen von uns nur das Mittel, Geld zu erwerben. Diese verdienen keine Antwort; vielmehr sollten wir sie fragen, wozu man so viele Reichtümer ansammelt, und ob man über der Sorge, sie zu gewinnen, Kunst und Wissenschaft vernachlässigen darf, die allein unsere Seelen befähigen, sie zu genießen.

Übrigens ist eine, nur auf die Anwendung gerichtete Wissenschaft unmöglich; Wahrheiten sind nur fruchtbar, wenn eine mit der anderen verkettet ist. Wenn man sich nur an diejenigen hält, von denen man einen unmittelbaren Erfolg erwartete, so fehlen die verbindenden Glieder, und es ist keine Kette mehr.

Die Menschen, die die Theorie am meisten verachten, finden darin, ohne es zu ahnen, eine tägliche Nahrung; wäre man dieser Speise beraubt, so würde der Fortschritt schnell innehalten, und wir würden bald in chinesischer Regungslosigkeit erstarren.

Doch genug von diesen unverbesserlichen Praktikern. Außer diesen gibt es noch Menschen, die die Natur erkennen wollen und nur danach fragen, ob wir imstande sind, sie ihnen besser kennen zu lehren.

Um ihnen zu antworten, brauchen wir nur auf die beiden schon errichteten Denkmäler der Wissenschaft, die Himmelsmechanik und die mathematische Physik hinzuweisen. ...

Dies wurde in einem jahrhundert geschrieben, in welchem der Mensch die Natur in ihrem Geltungsbereich zwar bereits zu schmälern begann, es aber noch geradezu als vermessen gegolten hätte, wir seien eines so raschen Tages imstande, das Gleichgewicht der Natur zu bestimmen, d. h. sie selbstmörderisch aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die Masse der Menschen waren aber damals "praktische Menschen", die sehr wohl auf Geldverdienst für ihr Überleben angewiesen waren, und denen auch die Wissenschaften zu helfen hatte., auch wenn sie sich nicht sogleich zum Seelengenuß von Kunst und Wissenschaft emporheben konnten.

Darum zögere ich nicht, zu sagen, daß die Mathematik um ihrer selbst willen gepflegt zu werden verdient, und zwar die Theorien, die nicht auf die Physik angewendet werden können, ebensogut wie die anderen.

Selbst wenn das physikalische und das ästhetische Ziel nicht unzertrennlich wären, so dürften wir weder das eine noch das andere opfern.

Aber zudem können diese beiden Ziele gar nicht voneinander getrennt werden, und das beste Mittel, das eine zu erreichen, ist, das andere ins Auge zu fassen, oder wenigstens es nie aus dem Gesicht zu verlieren. Ich will mich bemühen, dies zu beweisen, indem ich die Natur der Beziehungen zwischen der reinen Wissenschaft und ihren Anwendungen darlege.

Der Mathematiker darf dem Physiker nicht bloß Formeln liefern, es muß zwischen ihnen ein viel engeres Zusammenarbeiten bestehen.

Die mathematische Physik und die reine Analysis sind nicht nur aneinander grenzende Mächte, die gute Nachbarschaft halten, sie durchdringen sich gegenseitig, und ihr Geist ist derselbe. Das wird man besser verstehen, wenn ich gezeigt habe, was die Physik von der Mathematik empfängt und was die Mathematik dagegen von der Physik entlehnt. ...

Um bei dem Vergleich zu bleiben: die Schriftsteller, die die Sprache verschönern, die sie als eine Kunst behandeln, machen daraus gleichzeitig ein Werkzeug, das viel biegsamer und viel geeigneter ist, die Feinheiten des Gedankens wiederzugeben.

Es ist also verständlich, wie der Analytiker, der ein rein ästhetisches Ziel verfolgt, gerade hierdurch dazu beiträgt, eine Sprache zu schaffen, die geeigneter ist, den Physiker zu befriedigen.

Aber das ist nicht alles; das Gesetz geht aus der Erfahrung hervor, aber es geht nicht unmittelbar daraus hervor. Die Erfahrung ist persönlich, das daraus entnommene Gesetz ist allgemein; die Erfahrung ist nur annähernd, das Gesetz ist genau oder trachtet wenigstens danach, es zu sein. Die Erfahrung vollzieht sich immer unter verwickelten Umständen; der Wortlaut des Gesetzes schafft diese Verwickelungen weg. Man nennt das >die systematischen Fehler verbessern<.

Mit einem Wort, um aus der Erfahrung das Gesetz zu entnehmen, muß man verallgemeinern; das ist eine Notwendigkeit, die sich dem allerbedächtigsten Beobachter aufdrängt.

Wie aber verallgemeinern? Jede einzelne Wahrheit kann ersichtlich auf unendlich viele verschiedene Arten ausgedehnt werden; man muß eine Wahl treffen, wenigstens vorläufig. Was wird uns bei dieser Wahl leiten?

Das kann nur die Analogie. Aber wie unbestimmt ist dieses Wort! Der natürliche Mensch kennt nur die groben Analogien, die den Sinnen auffallen, die der Farben und Töne. Er würde nicht darauf gekommen sein, zum Beispiel das Licht und die strahlende Wärme miteinander in Verbindung zu bringen.

Wer hat uns die wirklichen, tiefen Analogien kennen gelehrt, die die Augen nicht sehen, die der Verstand ahnt?

Es ist der mathematische Geist, der die Materie verschmäht, um sich an die reine Form zu halten. Er ist es, der uns lehrt, Dinge mit dem gleichen Namen zu nennen, die sich nur durch den Stoff unterscheiden, zum Beispiel die Multiplikation der Quaternionen und die der ganzen Zahlen.

Wären die soeben erwähnten Quaternionen von den englischen Physikern nicht so unmittelbar angewendet worden, so würden viele nur eine müßige Träumerei darin sehen, und doch hätten sie uns, indem sie uns lehrten, zusammenzubringen, was der Anschein trennt, schon fähiger macht, in die Geheimnisse der Natur einzudringen.

Das sind die Dienste, die der Physiker von der Analysis zu erwarten hat; damit diese Wissenschaft sie ihm aber leisten kann, muß sie im allerweitesten Sinne gepflegt werden, ohne Rücksicht auf den unmittelbaren Nutzen. Der Mathematiker muß als Künstler arbeiten....

Die Philosophie von Le Roy
Wir haben viele Gründe zum Zweifel; müssen wir aber diesen Skeptizismus bis an die äußersten Grenzen treiben, oder sollen wir unterwegs innehalten? Bis an die äußersten Grenzen gehen ist die verlockendste und bequemste Lösung, die auch viele angenommen haben, die daran verzweifelten, noch etwas aus dem Schiffbruch zu retten.

Unter den Schriften, die von dieser Neigung beeinflußt sind, müssen die von Le ROY ("Revue de métaphysique et de morale"/1899-1901) an erster Stelle genannt werden. Dieser Denker ist nicht nur ein Philosoph und Schriftsteller von größtem Verdienst, er hat sich auch eine tiefe Kenntnis der mathematischen und phsyikalischen Eigenschaften erworben, und sogar eine wertvolle mathematische Erfindungsgabe bewiesen.

Fassen wir seine Lehren, die zu zahlreichen Diskussionen Anlaß gab, in einigen Worten zusammen:

Die Wissenschaft besteht nur durch Übereinkommen, und nur diesem Umstand verdankt sie ihre scheinbare Sicherheit; die wissenschaftlichen Tatsachen - und um so mehr die Gesetze - sind das künstliche Werk der Gelehrten; die Wissenschaft kann uns also keinerlei Wahrheit lehren, sie kann uns nur als Richtschnur unserer Handlungen dienen....

Vor allem diese Aussage führt uns an das Vorhaben STIMME DER WISSENSCHAFT und an BIOTELIE heran. Hier wird betont, daß Übereinkommen in den Urteilen die Wissenschaft ausmacht; gemeint ist aber das Übereinkommen der mit einigem Erfolg um den jeweiligen Gestand der Wissenschaft Bemühten, der im Nachhinein eingeholte demokratische Konsens der Bürgerschaft bezieht sich doch mehr auf die emotional erträglichen Folgen der Wissenschaftsanwendung; und hoffentlich auch endlich darauf, daß Wissenschaft zur Anwendung betrieben wird und auch anwendbar bleibt. Diese Auffassung engt die Freiheit der Wissenschaft keineswegs über Gebühr ein: es bleibt Luft für die Grundlagenforschung, die nicht unmittelbar angewandt werden kann. Aber wenn sich auch jedes Steckenpferd auch zur Wissenschaft hochstilisieren läßt: die Staatskasse soll man dafür nicht über Gebühr strapazieren, sonst stehen im modernen Marstall der königlichen Wissenschaft zuletzt nur noch Steckenpferde.
Die übelsten der dort herumlungernden Prinzipienreiter sind doch die, welche sich den Beruf der Kritikers anmaßen, im Namen der (sophistik-marxistischen) Dialektik sich sogar dazu versteigen, mit sturer bis speiender Verneinung, ihrem Herunterreißen und Zerstören (in angemaßter Rolle des Lucifer) selbstlos das Gesetz der Geschichte zu betreiben, wo sie sich doch nur eigene Sporen verdienen wollen.

Indem die anti- intellektualistische Philosophie die Analysis und die Rede zurückweist, verurteilt sie sich selbst dazu, unübertragbar zu sein. Es ist eine wesentlich innere Philosophie, oder wenigstens ist das, was sich übertragen läßt, nur das Verneinende. Es ist also nicht zu verwundern, daß sie für einen äußeren Beobachter die Form des Skeptizismus annimmt.

Das ist der schwache Punkt dieser Philosophie; wenn sie sich treu bleiben will, erschöpft sie ihre Macht in einer Verneinung und einem Ausruf der Begeisterung. Jeder Schriftsteller kann diese Verneinung und diesen Ausruf wiederholen und ihre Form ändern, ohne etwas hinzuzufügen.

Und wäre es nicht viel folgerichtiger zu schweigen? Es sind lange Abhandlungen geschrieben, dazu mußt man sich doch der Worte bedienen! War man hierdurch nicht viel mehr >diskursiv< und infolgedessen weiter von dem Leben und der Wahrheit entfernt als das Tier, das ganz einfach lebt, ohne zu philosophieren? Ist nicht dieses Tier der wahre Philosoph? .

Ebenso haben die Menschen zu ihrem Vergnügen Spielregeln festgesetzt, wie zum Beispiel die des Trick-Track, die sich sogar mit noch mehr Recht als die Wissenschaft auf die allgemeine Zustimmung stützen können. Ebenso wirft man auch, außerstande zu wählen und doch zu einer Wahl gezwungen, eine Münze in die Luft, um zu entscheiden nach Kopf oder Schrift.

Die Regel des Trick-Track ist zwar eine Regel des Handelns, wie die Wissenschaft; glaubt man aber, daß der Vergleich zutrifft, und sieht man den Unterschied nicht? Die Spielregeln sind 'willkürliche' Übereinkommen, und man hätte auch die entgegengesetzten Verabredungen treffen können, 'und sie wären nicht weniger gut gewesen'. Die 'Wissenschaft' ist eine Regel des Handelns, die Erfolg hat - wenigstens in den meisten Fällen -, während die entgegengesetzte Regel keinen Erfolg gehabt hätte.

Man verzeihe mir diese kurzen Bemerkungen, und daß ich sie so kurz gemacht und die Frage kaum gestreift habe. Ich will hier nicht die Sache des Intellektualismus führen; ich will von der Wissenschaft und für die Wissenschaft reden. Durch Definition sozusagen ist sie entweder intellektualistisch oder sie ist überhaupt nicht. Es kommt mir gerade darauf an, zu wissen, 'ob' sie ist.

Die Wissenschaft als Regel des Handelns
Für Le ROY ist die Wissenschaft nur eine Regel des Handelns. Wir sind unfähig, irgend etwas zu erkennen, und doch sind wir ins Leben hineingestellt; wir müssen handeln, und wir haben uns aufs geradewohl Regeln gesetzt. Die Gesamtheit dieser Regeln nennt man Wissenschaft.

Wenn ich sage: um Wasserstoff herzustellen, lasse man eine Säure auf Zink wirken, so stelle ich eine Regel auf, die Erfolg hat; ich hätte sagen können, man lasse destilliertes Wasser auf Gold wirken; das wäre auch eine Regel gewesen, nur hätte sie keinen Erfolg gehabt.

Wenn also die wissenschaftlichen Rezepte als Regel des Handelns einen Wert haben, so besteht er darin, daß wir wissen, daß sie, wenigstens im allgemeinen, erfolgreich sind. Aber das zu wissen heißt schon 'etwas' wissen, und wie kann man dann sagen, daß wir nichts wissen können?

Die Wissenschaft sieht voraus, und deswegen kann sie nützlich sein und als Regel des Handelns dienen. Ich weiß wohl, daß diese Vorhersage oft durch den Erfolg widerlegt wird; dies beweist, daß die Wissenschaft unvollkommen ist und wenn ich hinzufüge, daß sie es immer bleiben wird, so bin ich sicher, daß 'dies' wenigstens eine Vorhersage ist, die nie widerlegt werden kann. Sicher ist, daß sich der Gelehrte weniger oft irrt, als der Prophet, der aufs Geradewohl voraussagt. Andererseits ist der Fortschritt langsam aber beständig, so daß sich die Gelehrten, obwohl sie immer kühner werden, immer weniger täuschen. Das ist wenig, aber es ist doch etwas. ...

Wir können diesen Fortschrittsoptimismus, aus der jetzigen schrecklichen Lage von Natur und Menschheit heraus, schwerlich noch teilen; der stetige Fortschritt ist längst nicht mehr "beständig" und bestandserhaltend: wir benötigen eine Umkehr, eine radikale Wende und Rückbesinnung, wir benötigen eine Wertung zugunsten des Lebens, welche die Wissenschaft und Forschung in Selbstkontrolle begleitet.

http://www.mauthner-gesellschaft.de/mauthner/tex/poinc.html

Rund um den Wiener Kreis
Die Befreiung der Wissenschaft von Scheinsätzen und den Kampf gegen die metaphysische Konstruktion von sinnleeren Aussagen machte sich der Verein-
Ernst-Mach zur Aufgabe, der besser bekannt war als Wiener Kreis. Der logische Empirismus, bzw. Positivismus dieser Schule brachte zwar viel Aufklärung, scheiterte aber mit dem Aufbau einer Einheitswissenschaft.
http://www.mauthner-gesellschaft.de/mauthner/can/wk_.html

Laurent Verycken : Formen der Wirklichkeit - Recht

>Was ist der Staat?Die Rechtsgelehrten und Metaphysiker antworten uns darauf, daß der Staat das allgemeine Interesse sei.<
- MICHAIL BAKUNIN

Wenn unsere Interessen mit anderen kollidieren, gibt es zwei Möglichkeiten, einen Streit zum Austrag zu bringen. Die eine beruth auf dem Verzicht einer gegenseitigen Rechtfertigung des Handelns und wird gewöhnlich mit dem Namen Gewalt bezeichnet. Der anderen liegt die Idee des moralisch, bzw. rechtlich geregelten Verfahrens zugrunde. Die Idee einer übergeordneten Autorität besteht darin, die Konkurrenz unter den Interessengruppen innerhalb der Gesellschaft unparteiisch zu überwachen und zu regulieren. Der gesetzliche Rahmen soll einen Faktor der Sicherheit und Gewißheit in das soziale Leben einführen.

Gesellschaftliche Organisation heißt im Staat, daß das Verhalten von Menschen durch verfestigte Erwartungen geregelt wird. Ordnung bedeutet vor allen Dingen Sicherheit und Sicherheit vor allem Rechtssicherheit. Der Staat soll die Organisation der Gesellschaft auf der Grundlage bestimmter Regeln und Gesetze sein, denen sich jeder Bürger zu fügen hat. Der Staat ist deshalb als Machtverhältnis definiert. >Ein Staat ist die Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen.< (IMMANUEL KANT: Metaphysik der Sitten, o.J., S.30) Staat heißt Herrschaft kraft Legalität. Legalität ist die logische Vorraussetzung des Staatsbegriffs.

Eine demokratische Regierung leitet die Ausübung von Gewalt von der Zustimmung der Mehrheit der Regierten her. Wirklicher Träger der Verfassung soll das Volk sein und das Gesetz der Ausdruck des allgemeinen Willens. Jeder Staat gibt deshalb vor, die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten. Der politische Apparat ist auf den Willen des Volkes hin organisiert, dessen Artikulation dann zu Rechtfertigung politischer Entscheidungen wird. Die Abstraktion vom
Willen des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt und muß durch allgemeine Wahlen zum Ausdruck kommen. Die Wahl soll der Ausdruck des demokratischen Prozesses sein. Eine Demokratie scheint zu funktionieren, solange der Wahlritus funktioniert.

Demokratie beruht auf der Idee der Kommunikation und nicht auf Autorität oder Gewalt und gilt deshalb als die ideale Verfassungsform, in der sich die Bevölkerung zu artikulieren vermag und ihre Bedürfnisse realisieren kann und soll. Die Idee der Demokratie besteht darin, daß Macht nicht in geballten Organisationen liegen darf. Gewaltenteilung, Wahlen und Gerichte sollen Institutionen sein, die den Kampf der Interessengruppen auf Austragungsformen beschränken, die physische Waffengewalt ausschließen. In der Rechtstheorie wird deshalb versucht, die Legalität von Macht zu bestimmen. Jede gesellschaftliche Institution benötigt eine, wie auch immer geartete, Legitimation.

Die Idee der Kommunikation, welche in der Legitimationsbegründung durch den Diskurs seinen zeitgenössischen Ausdruck findet, findet in der modernen Nachrichtentechnik mit ihren früher nicht gekannten Möglichkeiten zum Nachrichtenaustausch seine Stütze; aber "der mündige Bürger" ist bisher nicht aus der Mediokratie hervorgegangen, schon eher der verführte und verdummte. Die Kommunikation, wenngleich sie beginnend bei der Nachrichtenübermittlung verbessert werden kann und muß, ist nur ein Teilaspekt richter- und rechtstaatlicher Ordnung. Letzter kann keineswegs lediglich über Kommunikation, auch nicht über die Idee einer umfassenden Kommunikation, legitimiert werden.
Das Gemeinwohl wird durch Aufklärung allein nicht bestmöglich garantiert, sondern die Aufklärung — im doppelten Begriffssinne der Herstellung (oder noch allgemeiner ausgedrückt: Gewinnung) von Klarheit und deren Verbreitung in die Öffentlichkeit hinein — muß die Kommunikation ergänzen, ihr sozusagen schon zugrundegelegt werden. Konsens (Einstimmung oder Zustimmung) kann Macht allein nicht rechtfertigen (also legitimieren). Am deutlichsten drückt sich dies darin aus, daß es Anarchisten gibt, also Leute, die Macht überhaupt als illegitim ablehnen. BIOTELIE fordert eine Ordnung, die auch religiös (von letzter Sinndeutung her) gerechtfertigt werden könnte, ohne hierauf Anspruch zu erheben.

Dies gilt nicht nur für Regierungen, sondern auch für Gewerkschaften, Fabriken oder Universitäten. Von entscheidender Wichtigkeit ist immer, wie die Legitimation zustande kommt. Legitimität kann nur existieren, wo sich Macht rechtfertigen läßt und ist deshalb immer ein bestreitbarer Geltungsanspruch. Die Repression liegt weniger in der Existenz der Institutionen, als in ihrer Legitimation. Legitimität bedeutet die Anerkennungswürdigkeit einer Ordnung. Die Gewalt allein stützt eine Regierung nicht, es bedarf dazu anerkennungswürdiger Gesetze. Hierin unterscheidet sich die Legalität von der Legitimität eines Gesetzes. Legitimität ist ein ethisches und kein juristisches Problem.

Recht bedeutet vor allen Dingen Rechtfertigung. Recht ist aber eine Norm und existiert nur in den Köpfen der Menschen. Eine Norm ist eine Idee eines richtigen Verhaltens. Die Idee eines richtigen Verhalten bedeutet, daß das richtige Verhalten nicht als Tatsache, sondern als Aufgabe, nicht als etwas Wirkliches, sondern als etwas zu Verwirklichendes vorzustellen ist. Normen, bzw. Werte und Ziele sind keine Gegenstände der Erkenntnis, sondern der subjektiven Wahl. Jede Rechtfertigung geschieht in Bezug auf subjektive Wertvorstellungen und Interessen, beruth aber nicht auf der Notwendigkeit zwingender Tatsachen. Die logischen Gesetze, das ideale Recht und die Werte machen den Bereich eines Gesollten aus; stehen also für etwas, das sein soll und nicht für etwas, das ist.

Man kann die Rechtsordnung, die sich im Staat institutionalisiert, in Analogie mit dem Instinktgefüge der Tiere setzen, ja als Instinktersatz definieren, der über die Möglichkeiten der Instinktregelungen hinaus die Fähigkeit zum Überleben steigern kann. Freilich stehen Moral und Recht zu den Instinkten dabei in einem Spannungsverhältnis, das zu Einbußen und Verlusten an SPONTANEITÄT tendiert. Niedergelegt ist das Recht natürlich nicht nur in den Köpfen der Menschen, sondern auch als materialisierte oder materiegebundene Symbolordnung auf Ton, Stein, Papier. elektronischen Speichern. Gesetze stehen nicht nur für ein Sollen und damit für Zukunft, sondern auch für ein Sein und eine Wirklichkeit und damit für Gegenwart; Gesetze sind im Verein mit moralischen Gewohnheiten als geschichtliche gewachsene und weiter wachsende Klammer integraler Bestandteil des Menschseins. Die Rechtsordnung ist nur in sekundärem Sinne durch freien (oder Willkür-) Willen verfügte Ordnung, im primären Sinne hat sie der Erhaltung des Lebens zu dienen und vereint sich mit Ethik und Moral zur Pflichtordnung., deren Maßstab die Verhaltensauswirkung, der Erfolg sein muß, auch wenn durch Schwäche und Unvermögen entsprechend gerichtete Willensanstrengungen ins Leere laufen. ("Ut desínt virés támen ést laudánda volúntas": wenn auch die Kräfte fehlen, so ist doch der Wille zu loben.) In der Rechts- und Staatsordnung verbinden sich objektive und subjektive Welt, sie fließen zusammen und bedingen sich gegenseitig, ansonsten wäre Recht nicht lebensbestimmend und weltformend. So ganz mag ich den Dialektikern also nicht zustimmen, wenn sie behaupten:

>Der rechtliche Begriff hat es mit dem Ordnen von subjektiven Willensinhalten und nicht mit der objektiv-wissenschaftlichen Erkenntnis der praktischen Körperwelt zu tun, aber der Empirismus macht, ... wie die traditionelle Erkenntniskritik überhaupt, den Versuch, Geltung strikten Wissens durch Rekurs auf die Quellen des Wissens zu rechtfertigen. Indessen fehlt den Quellen des Wissens, dem reinen Denken und der Überlieferung ebenso wie der sinnlichen Erfahrung, Autorität. Keine von ihnen kann unvermittelte Exiden und originäre Geltung, keine kann mithin Kraft der Legitimation beanspruchen. Die Quellen des Wissens sind immer schon verunreinigt, der Weg zu den Ursprüngen ist uns verstellt. Daher muß die Frage nach der Herkunft der Erkenntnis durch die Frage nach ihrer (praktischen) Geltung ersetzt werden.< (JÜRGEN HABERMAS in THEODOR ADORNO: Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, Frankfurt 1989, S.240 )

Sind wir damit nicht bei der Frage nach den Kaisers Bart angekommen? "Praktische Geltung" (als Sollen) rechtfertigt sich doch nur durch Bewährung, d. h. durch Bedeutung für das Sein und im Sein; das Motiv für ein bioteles Gesetz ist die Erhaltung des Lebens, als (starkes) Motiv wird es als in der Natur (in Gott) angelegt geglaubt, durch Gesetzgebung und Staatsautorität wird es in die Willensphäre überführt (ohne daß ich bestreiten will, daß ein gewisser Anteil von biotelen Gutachtenanträgen und Verbesserungsvorschlägen auch dem Willen und der Willensdurchsetzung einzelner entspringen und dienen kann). Die biotelen Gutachter selbst sind, jedenfalls primär, keine Willensträger und Gesetzgeber, sie haben den ihnen jeweils vorliegenden Gutachtenantrag lediglich zu bearbeiten.

Es ist nicht das Wissen, welches das Recht schafft, sondern der Wille. Jedes Gesetz verdankt seinen Ursprung einem praktischen Motiv. Die Gesetze des Staates sind allenfalls erwünschte Zweckmäßigkeiten. Staat und Recht stehen in einem Wechselverhältnis, eines ist ohne das andere nicht zu haben. Die Fragen nach dem Zweck des Rechts und dem Zweck des Staates sind untrennbar. Rechtsetzung ist deshalb die Hauptfunktion der Staatsgewalt.

Es ist kein Zufall, daß in Nachfolge und Befolgung marxistischer Ansätze bei den Intellektuellen heute (die weit überwiegend links indoltrineirt sind) der Staat als bereits überlebtes Fossil betrachtet, ver- und mißachtet und sogar bekämpft wird; zumal sich die einzelnen und Cliquen ja nur über Rechtsbruch Sondervorteile verschaffen können. (Berühmt-berüchtigtes Kommunistisches Hauptmotto: "Was dein ist ist auch mein, was aber mein ist, ist noch lange nicht dein" ) Von einer Minderheit der von aller Wirklichkeit unbeirrbaren Gutmenschen abgesehen, ist Pazifismus eine Bequemlichkeitshaltung und dient aggressiven Besitz- und Machtgierigen als Wunderwaffe zur Entwaffnung des Rechts und zur Ausbeutung der Wehrlosen.

Demokratie ist das gleiche Recht für alle. Das ganze Recht kann seiner Definition nach nur in der Anwendung von gleichem Maßstab bestehen. Die Grundthese der Demokratie ist, daß es keine Klassen gibt. Die Definition der Gleichheit im klassischen Liberalismus ist die politische, d. h. die abstrakte Gleichheit vor dem Gesetz. Daß die Bürger vor dem Gesetz gleich sind heißt nichts anderes, als daß Gesetze herrschen. Staatliche Macht leitet sich ab aus Regeln, die allgemein, d. h. prinzipiell für jeden gelten sollen.

>Das Grundprinzip der Demokratie ist die Auffassung, daß die allen Menschen gemeinsamen Wesenszüge, Bedürfnisse und Interessen Vorrang haben vor denen einzelner Organisationen, Institutionen oder Gruppen.< ( LEWIS MUMFORD: Mythos der Maschine, Frankfurt 1980, S.271)

Maßgebend sind nur gleiche Eigenschaften und Bedürfnisse der Menschen, also allgemeine Merkmale, die auf viele Menschen zutreffen. Ohne den Gleichheitsbegriff der Person ist Recht überhaupt nicht denkbar.

>Wenn nicht im Hintergrund jener sozialen Typen der Gleichheitsbegriff der Person stünde, so fehlte es an dem Generalnenner, ohne den eine Vergleichung und Ausgleichung, ohne den Erwägungen der Gerechtigkeit, ohne den Privatrecht und vielleicht überhaupt Recht nicht denkbar wären.< (GUSTAV RADBRUCH: Rechtsphilosophie, Stuttgart 1973, S. 226)

Die juristische Isolierungs- und Systematisierungstendenz der typisierenden Methode verhält sich indifferent gegen die individuelle Besonderheit und zieht aus der konkreten Ganzheit der Erlebnisse nur einen abstrakten, allgemeinen Faktor heraus. Das Recht ist darum immer im Rückstand auf die individuellen Tatsachen. Gerade weil die Logik nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmt, ergeben sich in der Praxis der Rechtsprechung immer Fälle, welche nach den bestehenden Gesetzen nicht behandelt werden können. Diese werden dann unter analoge Fälle gerechnet und oft geradezu gewaltsam unter gewisse Gesetze subsumiert. Wenn neue Fälle, d. h. unvergleichbare Tatsachen auftreten, dann erweist sich das Gesetz immer als ungenügend.

Alles Denken uns Sprechen verlangt ein Typisieren geschieht also in Analogien; dabei kann ich davon überzeugt sein, daß alle Menschen neben uns einen etwa vor uns stehenden Stuhl oder Tisch genau so sehen wie ich. Im System BIOTELIE wurden alle Vorgänge um das Denken im Aspekt des VERGLEICHENS zusammenfaßt, der die höchste Funktionsstufe, nämlich die Urteilskraft bezeichnet. Gerade aber hinsichtlich der Urteilskraft sind die Menschen stärker unterschieden, was auch dann noch gilt, wenn das Informationsmaterial, auf welches das Urteil jeweils aufbaut, vergleichbar ist. VERGLEICHEN hat eigentlich nur dort Sinn, wo PLURALITÄT vorhanden ist und ist die Voraussetzung zu begründbarer AUSLESE (letztere auch schon in der Art der Entscheidung).

Da alle Gesetze nur allgemeine Prinzipien niederlegen, müssen sie ausgelegt werden. In diesen Auslegungen wird aber weniger das Gesetz den Menschen angepasst, sondern die Menschen im Sinne des Gesetzes interpretiert. Wo wir aber das Problem der Individualisierung nicht beachten, indentifizieren wir Recht und Gesetz, also Legitimität und Legalität, wodurch eine Legitimation überflüssig wird. Sokrates verweigerte deshalb seinen Richtern jegliche objektive Bestimmung seines Lebens. Niemand kann von einer Person sprechen, ohne wirkliche Einfühlung und Verständnis dieser Person. Jeder Fall ist singulär. Der Begriff der juristischen Person ist eine erfundene Konstruktion. Ein Legalist versteht von den Menschen nur so viel, wie er für die Rechtsprechung braucht. Es gibt aber kein objektives, das heißt von den besonderen Umständen unabhängiges Gesetz, weil es keinen objektiven Menschen gibt. Verschiedene Rechtsnormen existieren in verschiedenen Ländern, weil es mehrere irreduzible, also nicht mehr weiter rückführbare Grundnormen gibt. Der Geist der Gesetze ist überall verschieden.

Soweit bei der Auslegung der Gesetze im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse und Umstände von Einzelnen oder von Rechtsbeziehungen unter den Gesichtpunkten des Gemeinwohles, also unter biotelen, eine Urteilsübereinstimmung unabhängiger Gutachten möglich ist empfiehlt sich das biotele Gutachtenverfahren nicht nur zur Rechtssetzung, sondern auch zur Rechtsauslegung (also in richterlicher Funktion), die dann sekundär wiederum rechtssetzend wirken kann. Dies ist ein gewisser zusätzlicher Schutz vor richterlicher Willkür durch Übereinstimmung, vor allem dort, wo die Vertragslage unklar oder fiktiv ist.

Alles
Recht beruht auf Übereinstimmung und Vertrag. Daß Gesetze zustimmungsbedürftig sind, ist die formale Voraussetzung der demokratischen Freiheit. Bloße Fakten oder bloße Gewalt können kein Recht schaffen. Wo objektive Fakten Recht schaffen, gilt keine Moral. Voraussetzung für Recht und Moral ist der freie Wille. Jedes Rechtsverhältnis ist ein Willensverhältnis. Immer gilt der Grundsatz: Legitimität geht vor Legalität. Sittlichkeit, als Voraussetzung allen Rechts, schafft sich allein durch persönliche Überzeugung Geltung, nicht durch physische oder ideologische Gewalt. Die legitime Ausübung von Macht kann deshalb immer nur einen Folge eines Rechtsvertrages sein, zu dem sich zwei Seiten freiwillig bekennen. Ein allgemeingültiges objektives Recht, das nicht der ausdrücklichen Zustimmung bedarf, ist ein Unding. Der Gewalt nachgeben ist ein Akt der Notwendigkeit, nicht des Willens. Gesetze, denen nicht wirklich freiwillig zugestimmt wird, haben auch keine Rechtskraft dem einzelnen gegenüber.

BIOTELIE wirft in die Debatte, ob nicht auch Fakten Recht schaffen können. Sie begründet nämlich die Rechtordnung nicht auf die positivistische Fiktion eines ursprünglich (hochwahrscheinlich nie zustandegekommenen) Gesellschaftsvertrages, der durch stillschweigende Unterwerfung in historischer Folge ständig erneuert werde, sondern durch die naturrechtliche Verpflichtung der Staatsgewalt, der Erhaltung des Gemeinwesens zu dienen, und damit den einzelnen möglichst große Entwicklungsmöglichkeiten zu gewährleisten.

Jeder Rechtssatz, der sich aus objektiven Tatsachen ableitet, entspringt dem Bedürfnis, einen Status, er im Prinzip das Ergebnis roher Gewalt ist, mit irgendeiner Ideologie zu rechtfertigen. Aus einer absoluten und totalitären Auffassung ergibt sich aber allenfalls Macht, kein Recht. Wo im Recht die Möglichkeit der Übereinstimmung, bzw. Zustimmung aufhört, da verkehrt sich Recht in Unrecht und rechtlicher Zwang in Gewalt. Legalität ohne Legitimation ist die Definition von Diktatur. Allgemeingültigkeit kann nicht anders, als durch die konkrete, persönliche und ausdrückliche Zustimmung jedes einzelnen Menschen in einem Sozialverband erreicht werden. Da der allgemeine Wille nur in der idealen und utopischen Vorstellung existiert, wird darum in der Regel die stillschweigende Zustimmung zum Gesellschaftsvertrag schon als eine ausdrückliche behandelt.

Das biotele Gutachtenverfahren begnügt sich mit der Übereinstimmung der Urteilenden ungeachtet von deren Zustimmung, die gesonder von dem von den Konsequenzen der Durchführung eines Urteils betroffenen Teil der Bürgerschaft eingeholt wird. Legitimierte Allgemeingültigkeit von Maßnahmen kann sich aus den vitalen Bedürfnissen der Gesellschaft ableiten.

Eine wesentliche Problematik des Demokratieprinzips liegt in der Verallgemeinerbarkeit der individuellen Willen, Meinungen und Bedürfnisse. Demokratie ist Wahl, Wahl ist Willensübertragung. Jede Wahl ist ein abstraktives Verfahren, das auf der Verallgemeinerung individueller Interessen und des freien Willens der Menschen zu einem Allgemeininteresse beruht. Und hier liegt das Problem: In einer Mehrheitsdemokratie gibt es lediglich Machtansammlungen, aber keine Willensansammlungen.
Macht kann zwar übertragen werden, nicht aber der Wille. Ein Mensch selbst kann nicht vertreten werden. Vertreten werden bestenfalls einzelne Interessen. Über den Wahlmodus ist aber der ganze Bürger repräsentiert. Kein Wille, weder der Wille des Einzelnen, noch der Wille des Volkes ist übertragbar ohne Willensentäußerung. Niemand kann seinen Willen verallgemeinern, ohn ihn nicht zugleich aufzugeben. Ein Wille kann nur funktionieren, wenn er ungebrochen einer und in sich unteilbar ist. Ein geteilter Wille ist unvorstellbar. Keiner kann deshalb für den andern wollen. Wenn der Wille eines Einzelnen nicht übertragbar ist, dann ist es auch der Wille eines ganzen Volkes nicht. Es gibt keinen Willen des Volkes. Und deshalb ist es auch Unsinn, im Namen des Volkes Recht zu sprechen.

Wille ist ohne Allgemeinheit. Der freie Gesellschaftsvertrag als Grundlage für den staatlichen Vertretungsanspruch eines allgemeinen Interesses ist nur eine Fiktion.

>Es dauern die Staaten nur so lange, als es einen herrschenden Willen gibt, und dieser herrschende Wille für gleichbedeutend mit dem eigenen Willen angesehen wird. Es kann sich der Staat des Anspruchs nicht entschlagen, den Willen des Einzelnen zu bestimmen, darauf zu spekulieren und zu rechnen. Für ihn ist's unumgänglich nötig, daß Niemand einen eigenen Willen habe; hätte ihn Einer, so müßte der Staat diesern ausschließen (einsperren, verbannen usw.); hätten ihn Alle, so schafften sie den Staat ab.< (MAX STIRNER: Der Einzige und sein Eigentum, Stuttgart 1972, S. 214)

Durch den Mehrheitskonsens der Untertanen wird der Staat nicht begründet. Der staatliche Apparat wird durch das Wahlrecht lediglich legalisiert, aber keineswegs legitimiert. Souveränität ist daher die zentrale Frage des Staats. Das Recht behält nur soweit Recht, wie die Macht reicht. Oft wird darum von Rechtsfragen geredet, wo es sich lediglich um Machtfragen handelt. Der Machtkampf maskiert sich als Rechtsstreit.

>Das positive Recht ist Herrschaftstechnik, ist eine besonders dünn aufliegende Herrschaftsideologie.<, und dieser herrschende Wille für gleichbedeutend mit dem eigenen Willen angesehen wird. ( ERNST BLOCH: Naturrecht und menschliche Würde, Frankfurt 1985, S.208)

Die Pazifisten müssen sich vorhalten lassen, daß sie sich in Nähe der Anarchisten bewegen, welche in Ablehnung von Macht und Gewalt dem Staat die Daseinsberechtigung absprechen und damit dem Recht die Grundlage entziehen. Der biotele Staat hat das Zeug zum Überleben, weil er die Starre abgelegt hat und das Mißverständnis, das schon in seinem Namen begründet ist: denn er ist ein dynamischer Staat mit einer zwar im Kern beharrlichen aber sich ständig selbst ergänzenden Verfassung (Konstitution), die für ihre (täglich mögliche) Erneuerung nicht auf eine Zweidrittel-Parlaments-Mehrheit warten muß; und Flexibilität ist bisher keine Tugend der Demokratie!

Alles Recht ist wesentlich dazu bestimmt, praktische Ordnungsfunktionen zu erfüllen. Der Zweckgedanke des Rechts zielt auf eine harmonisierende Gestaltung des Gemeinschaftslebens ab. Politische Programme empfehlen daher Strategien zur Herbeiführung unproblematischer Situationen in Bezug auf Herrschaft und Ordnung. Durch ein Gefüge von Sanktionen wird ein einheitlicher Konsens herbeigeführt. Physische Gewalt findet nur noch da Anwendung, wo die ideologische Beherrschung versagen sollte. Das Rechtsbewußtsein ist deshalb Teil des politischen Bewußtseins. Alle staatlichen Gesetze sind politisch. Politik heißt Integration der ewig antagonistischen gesellschaftlichen Vielheit zur staatlichen Einheit. Im Recht wird die Gewalt monopolisiert. Der theoretische, bzw. juristische Anspruch wird dem praktischen, politischen Nutzen untergeordnet.

Alle Rechtfertigungen sind pragmatischer Art.

Letzteres trifft für die biotele Kontrollkörper-Gesetzgebung vielleicht am ehesten im Falle ihrer direktdemokratischen Legitimierung : denn die könnte als sekundär aufgefaßt werden, um die Konformität mit der derzeitigen Verfassung und vor allem Doktrin herzustellen. Der Verdacht richtet sich aber nur auf gegen das Mehrheitsprinzip bei der Anwendung der Vetofunktion; denn die Zustimmung der Betroffenen, ja der Bevölkerung (und der Völker) insgesamt ist ja für die Erhaltung gemäß den biotelen Aspekten der SPONTANEITÄT (in welchen Funktionen auch immer), der AUTONOMIE, also der Freiheit und der HYPARCHIE, nämlich der Minimierung von Gewalt, Zwang und Bedrohung, unverzichtbar. Aus Einsicht der Wissenschaft in die Vernünftigkeit von Maßnahmen allein läßt sich die Durchsetzung von Gesetzen, die ja auch mit Zwangsmaßnahmen erfolgen können muß, nicht rechtfertigen, zumal die Emotionalität der Wissenschaftler bei der Urteilsabgabe ja zurückgedrängt wurde.

>Bei der zu bevorzugenden Tatbestandsfeststellung kommt es nicht so sehr darauf an, daß die absolute Wahrheit eruiert wird, sondern daß des Streitens ein Ende werde. Hätte das Suchen nach dem wirklichen Tatbestand, das Forschen nach der Wahrheit kein Ende - und wie könnte es ein Ende haben, da dem Menschen doch absolute Wahrheit unerreichbar bleibt -, dann würde das gerechteste Recht im Prozess seiner Anwendung vereitelt. Darum will das positive Recht Recht vor allem eine Friedensordnung sein. Auch im Interesse von Ruhe und Sicherheit muß es ausgeschlossen sein, daß jeder beliebige seine subjektive Meinung über das, was gerecht sei, an Stelle der von der berufenen Autorität gesetzten Normen stellen dürfe. Anstelle des Ideals der Gerechtigkeit tritt mit dem Prinzip der Rechtskraft das Ideal des Friedens. Und dieses Friedensideal ist dem Gerechtigkeitsideal direkt entgegengesetzt.< (HANS KELSEN: Aufsätze zur Ideologiekritik, Neuwied 1964, S.109)

Die Demokratie des Mehrheitsrechts ist vielleicht sogar gefährlicher, als die offene Diktatur, weil sie den Menschen die Illusion von Freiheit und Legitimität gibt und die Notwendigkeit des Widerstands deshalb gar nie ins Bewußtsein tritt.

>Der technokratische Konservatismus ist ein besonders subtile Form antidemokratischen Denkens und Handelns, weil er die Demokratie nicht autoritär abschafft, sondern etatistisch technokratisch aufhebt: Wenn alle Fragen Sachfragen sind, haben Partizipation und Interessenpluralismus ihre Bedeutung verloren.< (RICHARD STÖSS: Konservative Aspekte der Ökologiebewegung in Ästhetik und Kommunikation Heft 36, Berlin 1979, S. 28 )

Die biotele Kontrollkörpergesetzgebung ist freilich ein solcher "konservativer" Faktor der Technokratie, anscheinend fast ein Automatismus und streckenweise Selbstläufer (der freilich immer wieder der Korrektur und neuer Steuerungsimpulse bedarf und diese erfährt, in diesem Sinne eben "Kontrollkörper" ist, Kontrolle verkörpert). Aber es wird doch auch berücksichtigt, daß eben nicht "alle Fragen Sachfragen sind", daß in jedem einzelnen Regelungsfall eine Konfrontation mit empfindenden und mit Willen begabten Subjekten stattfindet, die nicht ohne weiteres sich von Vernunft und Sachlichkeit leiten lassen. Außerdem findet im biotelen Rechtsstaat eine neue Gewaltenteilung zwischen bioteler Gutachtengesetzgebung und Regierungsgesetzgebung statt; es wird gar nicht unterstellt, daß nur Sachfragen zu regeln wären: denn jede Entscheidungssituation, deren Sachverhalt ungeklärt und Entscheidungsfolgen noch gar nicht absehbar und wissenschaftlicher Klärung zugänglich sind, muß anders und möglichst unter Konsens zwischen den Betroffenen (vermutlich optimal — wenigstens im größeren Rahmen — repräsentativ-demokratisch) geregelt werden. Solche Regelungsfälle, vermutlich die große Mehrheit der anfallenden, sind eben im Grunde keine oder — bis zur Klärung des Sachverhaltes — noch keine Sachfragen.

Die Demokratie, wie wir sie kennen, ist erst im 18.Jahrhundert von Locke und Rousseau entwickelt worden. Mit dem Demokratiegedanken änderte sich auch die Definition von Legitimität. Die Legitimität des demokratischen Staates beruhte nicht mehr auf der Natur oder auf Gott, sondern auf einem Vertrag. Im Gesellschaftsvertrag wird die Nation zum Ursprung aller Legalität und zur Quelle des Rechts. Die Grundlage einer rechtmäßigen Regierung kann jetzt nur noch auf Abstimmungsmehrheit gegründet werden. Der allgemeine Wille ist aber Resultat, nicht Ursprung des Staates. Parlamente gab es lange, bevor es das allgemeine Stimmrecht gab. Jeder Staat entstand und behauptete sich anfangs durch äußere Gewalt. Zuerst kam die Gewalt, der Gedanke zu überzeugen ist erst später gekommen. Das Stimmrecht war noch vor nicht allzulanger Zeit auf Eigentümer von Grundbesitz und freie Mitglieder von Zünften beschränkt. Es galt ein auf die Vermögenskreise beschränktes Zensuswahlrecht. Für das aktive Wahlrecht mußten z.B. im Frankreich des letzten Jahrhunderts noch 1000 Francs, für das passive 300 Francs bezahlt werden. Im England des 17.Jahrhunderts waren Almosenempfänger, Bedienstete und Lohnempfänger vom Wahlrecht ausgeschlossen.

Das Wahlrecht war auf Eigentum gegründet. Diejenigen Bürger, die wenig oder gar keinen Steuerbetrag zahlten, besaßen keinerlei politischen Rechte und durften auch nicht wählen. Bis zum 19.Jahrhundert

>lag die Aufgabe der Gesetze hauptsächlich darin, Eigentum zu schützen, nicht Freiheit zu garantieren, denn die Freiheit mit allen ihren Rechten und Privilegien war grundsätzlich durch Eigentum garantiert.< (HANNAH ARENDT: Über die Revolution, München 1974, S.233f)

Solange vom Wahlrecht eine konkrete Änderung der bestehenden Verhältnisse befürchtet werden mußte, durften nur diejenigen wählen, die ein Interesse an der herrschende Ordnung hatten. Mit dem allgemeinen Stimmrecht wurde der politische Kampf dann auf den Wahlkampf beschränkt. Der Stimmzettel hatte die Flinte ersetzt. Mit dem Aufkommen der Demokratie trat an die Stelle der offenen Gewalt die versteckte Gewalt der Mehrheitsbeschlüsse. Die politische Existenz der Bürger wurde auf den Wahlvorgang reduziert. Heute ist das Prinzip der Mehrheitsherrschaft die Grundlage des demokratischen Glaubensbekenntnisses. Wahlen bieten aber immer nur die Möglichkeit zwischen verschiedenen Herrschaftsausübern zu wählen, nicht aber die Möglichkeit sich der Beherrschung durch andere zu entziehen.

Allgemeines Wahlrecht ist das Recht der Mehrheit, ihren Willen der Minderheit aufzuzwingen. Das Mehrheitsprinzip heißt im wesentlichen, daß die Gemeinschaft in allen sozialen Beziehungen das Recht hat, nach dem Nützlichkeitsprinzip für die größte Zahl einzugreifen. Der Allgemeinnutz soll dem Eigennutz vorgehen. Interessen sind politisch nur als Gruppeninteressen von Bedeutung. Was ein Mensch für richtig hält, hat keine politische Bedeutung, solange er dafür nicht eine ausreichende Mehrheit gewinnt. Die formale Demokratie beruht auf einer mechanischen Gleichheit, auf dem Prinzip der Zahl. Das gesamte Wahlrecht ist ein Verfahren, bei dem die
Wahrheit auf Zahlen gegründet ist. Jeder Zählvorgang verlangt aber Vergleichbarkeit des zu Zählenden und diese Vergleichbarkeit ist nur über Verallgemeinerung zu erreichen. Menschen werden deshalb politisch auf die abstrakte Zahl herabgewürdigt.

>Siegessicher proklamierten sie das allgemeine Wahlrecht ... als Grundlage der neuen Staatsordnung. Diese arithmetische Flagge war ihnen sympathisch, die Wahrheit ließ sich durch Addition und Subtraktion ermitteln, man konnte sie auf dem Rechenbrett ausrechnen und mit Stecknadeln abstecken.< (ALEXANDER HERZEN: Die gescheiterte Revolution, Frankfurt 1977, S.169)

Das Nützlichkeitsprinzip kann eher die biotele Gutachteninstanz als Richtschnur für sich in Anspruch nehmen als ein Parlament: wenn es um den Nutzen der Allgemeinheit geht, dem auch die Parlamente verpflichtet sein sollten. und die Regierungsbeamten sich verpflichtet haben.
Legalität wird im biotelen System aber dadurch legitim, daß es sich als durch die Wissenschaft gestützt der Wahrheitssuche (also der Philosophie im ursprünglichen Sinne) verpflichtet und wegen der Nichtentscheidbarkeit von Sinnfragen den Staat im agnostishen Sinne zurm säkularen erklärt, aber dabei mitschwingen läßt, daß Sinnverneinung (Nihilismus) keine lebenstragende oder auch nur lebensförderliche Haltung ist, sondern daß hinter der Macht des Zufalls doch eine Zielstrebigkeit, eine Art göttlicher Wille stehen könnte; aus der Suche einer annähernden Übereinstimmung begründet sich die Legitimität des biotelen Staates und tritt damit in kulturenversöhnenden Gegensatz einer Ableitung der Staatssouveränität oder besser Staatsautorität vom Willen des Volkes, dessen Fiktion sich als gut und richtig doch wieder nur als einem höheren Willen unterworfen rechtfertigen läßt.

Irgendwie läuft dieses Rechenexempel dem Aufschwung der Mathematik und Naturwissenschaften parallel, von denen das biotele System ja eigentlich nur die Konsequenz ist : den es verläßt sich ja auch auf die Wahrscheinlichkeitsrechnung, allerdings in entwickelterer und geschickterer Anwendung. Die Stimmen werden auch in der jetzigen Demokratie gewogen; denn entschieden wird in Ausschüssen, innerhalb derer auch wieder die Stimmen verschieden gewichtet sind: setzt sich doch meist ein Vorsitzender durch, oft schon im Moment wenn er den Vorsitz errungen hat. Das qualitative Bewerten von Stimmen geschieht im biotelen Gutachtenprozeß aber unter sachlicheren Gesichtspunkten.

Die Zahl entscheidet über Sieg und Niederlage. Stimmen werden gezählt, anstatt gewogen. Die Theorie der Repräsentationsdemokratie entsprechend ist die Unterdrückung der knappen Hälfte einer Bevölkerung durch die knappe Mehrheit erlaubt. Unter Umständen bestimmen 51% der Wähler über 49% der Stimmen. Es ist also eine äußerst fragwürdige Verpflichtung der Minderheit, sich der Wahl einer Mehrheit unterwerfen zu müssen.

>Die Demokratie ... sie beruth nur auf der Zahl und hat als Maske den Namen des Volkes.< (PIERRE-JOSEPH PROUDHON in OTTHEIN RAMMSTEDT (Hrsg): Anarchismus, Köln/Opladen 1968, S.6)

Die Zahl entscheidet über Sieg und Niederlage. Stimmen werden gezählt, anstatt gewogen. Die Theorie der Repräsentationsdemokratie entsprechend ist die Unterdrückung der knappen Hälfte einer Bevölkerung durch die knappe Mehrheit erlaubt. Unter Umständen bestimmen 51% der Wähler über 49% der Stimmen. Es ist also eine äußerst fragwürdige Verpflichtung der Minderheit, sich der Wahl einer Mehrheit unterwerfen zu müssen.

>Die Demokratie ... sie beruth nur auf der Zahl und hat als Maske den Namen des Volkes.< (PIERRE-JOSEPH PROUDHON in OTTHEIN RAMMSTEDT (Hrsg): Anarchismus, Köln/Opladen 1968, S.6)


Da über biotele Gesetze einzeln abgestimmt wird, trifft für diese nicht zu, daß ein Gesetz sogar gegen den Willen der Mehrheit in Kraft tritt, wie es bei der Regierungsgesetzgebung der Fall sein kann, da die Regierung ja durch die Wahl eine Vollmacht en bloque erhält. Aber die Regierung kann solche Macht gegenüber der Mehrheit auch zugunsten des Gemeinwohls nutzen und damit einen wichtigen Ergänzungsbeitrag leisten.

Demokratie ist die Regierungsform, in der das Volk durch gewählte Vertreter die regierende Macht ausüben soll. Allein die Existenz eines Parlaments ist noch lange kein Beweis für eine demokratische Ordnung. Im Parlament wird meist über Sachen abgestimmt, die zum Zeitpunkt der Wahl noch gar nicht zur Debatte standen. In der Demokratie stimmt der Bürger auch dem Gesetz zu, das gegen seinen Willen geht. Das Volk fügt sich Entscheidungen, die von andern oft eilfertig getroffen werden, die von den vorliegenden Problemen meist auch nicht viel Ahnung haben und oft auch nicht besonders an ihnen interessiert sind. Auftretende Meinungsverschiedenheiten mögen wichtig oder unwichtig sein, sie werden immer nach dem Willen der Mehrheit entschieden. Das Mehrheitsprinzip ist aber keine Begründung von Herrschaft, sondern selbst eine Form der Herrschaft. Die Mehrheit hat immer recht ist lediglich eine Umformung des Slogans: Der Stärkere hat immer recht!

>Oktroyiert ist jede nicht durch persönliche freie Vereinbarung aller Beteiligten zustandegekommene Ordnung. Also auch der Mehrheitsbeschluß, dem sich die Minderheit fügt.< (MAX WEBER: Soziologische Grundbegriffe, Tübingen 1978, S.74)

Die Mehrheitsdemokratie ist auch nur ein Anpassungssystem wie alle andern auch.

Da BIOTELIE sich nicht auf den Mehrheitswillen beruft, sondern auf die Urteilsübereinstimmung der Wissenschaft, leistet sie (mit Ausnahmen zur Überbrückung von aktuellen Notsituationen, in denen Mehrheitsbeschlüsse aus der Wissenschaft aus unaufschieblicher Dringlichkeit zum Gesetzesantrag erhoben werden, um in einer Gefahrensituation Zeit zu gewinnen) die Verwirklichung des Ideals der Einstimmigkeit eines Volksteiles ohne Rückbindung an dessen spezielle Eigeninteresse. Die Wissenschaft spricht hier (ausnahmsweise einmal) mit einer Stimme. Aber der so zustande gekommene biotele Gesetzesantrag ist dann auch eigentlich gar keine Willensäußerung mehr (es sei den man unterstelle dem Gesetzesantrag eines beliebigen Einzelnen, daß er einen persönlichen Willen verkörpere). So im Interesse des Volkes (bis hin zur Menschheit) erfolgt, stellt die biotele Gesetzgebung als eine STIMME DER WISSENSCHAFT die eigentliche Verkörperung legitimer Demokratie dar und schlägt naturhaft (fast "automatisch"-kybernetisch) den Bogen zwischen Sein und Sollen, zwischen Wirklichkeit und Rechtsordnung. Ohne Zustimmung der Mehrheit der Betroffenen ist aber jeder biotele Gesetzesentwurf in den Sand gebaut, damit ist die Brücke zur heutigen demokratischen Doktrin geschlagen, welche allerdings die Berücksichtigung des Gemeinwohles einigen Verfassungsartikeln und den Politikern und (wo Streitfälle auftauchen) Richtern anvertraut, während der Volkswille (oder des Volkes zufällige oder manipulierte Stimmungslage an periodischen Wahlterminen?) mystische Weihen erhält.

http://www.mauthner-gesellschaft.de/mauthner/can/recht.html

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Stand: 27. Januar 2005.