TEIL I

Ab Seite 3 unten: Anna Christmann

In welche politische Richtung wirkt die direkte Demokratie?

 

http://www.disud.de/Veroeffentlichungen/Neumann-Sachunmittelbare-Demokratie...

DISUD  Deutsches Institut für Sachunmittelbare Demokratie
 an der  Technischen Universität Leipzig

Zitierte Texte fremder Autoren in Times New Roman 12, eigene Texte in Calibri 10

Peter Neumann         

Sachunmittelbare Demokratie         

im Bundes- und Landesverfassungsrecht unter besonderer Berücksichtigung der neuen Länder

2009, 999 S., Gebunden, ISBN 978-3-8329-4081-2

Der Band widmet sich der sachunmittelbaren Demokratie, d.h. der  unmittelbaren Demokratie zu Sachfragen (Abstimmungen) in Abgrenzung zu  der personalunmittelbaren Demokratie, d.h. der unmittelbaren Demokratie  in Personalfragen (Wahlen).  Nach einer Erläuterung des Forschungsstandes wird die Diskussion um  unmittelbare bzw. direkte Demokratie in Sachfragen von den Anfängen der  Bundesrepublik im Bund, in Ländern und Kommunen bis heute in einem  Überblick analysiert. Dem folgt eine ausführliche Beschäftigung mit dem  Forschungsstand und dem Stand der Rechtsprechung zu den rechtlichen  Möglichkeiten und rechtlichen Grenzen der unmittelbaren Demokratie in  Sachfragen (Finanzvorbehalte, Quoren, etc.) sowie die Darstellung des  Verfassungsgebungsprozesses in den neuen Ländern bis hin zu der  Verabschiedung der Landesverfassungen und der Verabschiedung der  Ausführungsgesetze.  Des weiteren erörtert der Autor über die Verfassungsgebung hinaus die  Staatspraxis und die in diesem Zusammenhang auftretenden Rechtsfragen  zur sachunmittelbaren Demokratie in den neuen Bundesländern bis heute. Eine Bewertung sowohl des Verfassungsgebungsprozesses als auch der  Staatspraxis münden in einen Gesetzentwurf, der de lege ferenda Vorlage  für Korrekturen im Landesverfassungsrecht sein mag, und der die  Erkenntnisse im Bereich der Terminologie mit dem Ziel begrifflicher  Klarheit auch umsetzt.

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Die Bezeichnung „sachunmittelbar“ weckte bei mir einen Moment lang Hoffnungen, es könne die sachbezogene, an den Sachzusammenhängen orientierte Regelungspolitik als Vorspann der Machtpolitik oder zu deren Teilablösung angesprochen werden, mit der sich Biotelie verfahrensmäßig in Anlehnung an Karl W. Deutsch (Politische Kybernetik) befasst. Die Enttäuschung folgte in Sekunden, und es schossen Gedanken hoch, wie derjenige, ob man dann nicht auch zwischen „entscheidungsbezogener Demokratie“ (durch Stimmabgabe zur Sache, A) und „vermittlungsbezogener Demokratie“ (durch Stimmabgabe für Repräsentations-Personen, B) unterscheiden könnte, um zu unterscheiden zwischen
A für was Macht ausgeübt wird und
B wer die Macht ausübt.
Die eingebürgerte Bezeichnung „Direkte Demokratie“ suggeriert ja, dass die Macht unmittelbar vom Volk ausgehe, was nirgendwo bisher der Fall ist, weil immer Gruppen in den Entscheidungs- und Herrschaftsprozess eingeschaltet sind.
Das bisher noch utopische biotele Gutachtenverfahren dagegen kann mit einer gewissen Berechtigung beanspruchen, einen teilweisen Regierungsprozess direkt durch das Volk zu verwirklichen.
Ein bioteler Gesetzesvorschlag kann von jedem Einzelnen ausgehen, wie es bisher nur im gewerblichen Rechtsverkehr, im Patent- und Markenrecht ermöglicht wird. Jeder beliebiger Einzelne kann seinen Vorschlag, auch wenn er sich auf politisch-soziale Verbesserungen bezieht,  unter Gebührenzahlung für die Überprüfung des Vorschlags auf Brauchbarkeit bei einem KONTROLLKÖRPER-Büro einreichen.
Sein Vorschlag wird zunächst und nach Zurückweisung vertraulich behandelt. Bei Auslösung eines erheblichen wirtschaftlichen Vorteils über die Verwirklichung des Vorschlags über den biotelen Gesetzgebungsprozess, kann der Vorschlagende ohne besonderen Antrag mit einer Geldprämie rechnen. Jeder fähige Bürger kann also zum Gesetzgeber werden.
Die Überprüfung eines jeden biotelen Gesetzesvorschlag erfolgt durch möglichst sachkundige unabhängige Gutachter, die sich gegenseitig nicht kennen und bei ihrem Urteil an ein vorgegebenes Begriffsschema mit dem Ziel der dynamischen Stabilität (der nachhaltigen Entwicklung)  – sprich: des Gemeinwohles – gebunden sind. Die Gutachter üben dabei keine willkürliche Macht aus. Erst bei übereinstimmendem Gutachtenergebnis wird dieses zum biotelen Gesetzesvorschlag.
Eine Machtausübung erfolgt erst mit der elektronischen Abstimmung der vom jeweilig vorgeschlagenen biotelen Gesetz mutmaßlich direkt Betroffenen, deren Kreis für jeden einzelnen Gesetzesvorschlag zuvor unabhängig gutachterlich festgelegt war.
Der biotele Gesetzesvorschlag kommt also aus einer nicht vorher festgelegten oder behördlich irgendwie begrenzten echten Elite des Volks (bzw. der Weltbevölkerung, spätestens sobald die biotele Gesetzgebung eine transnationale geworden ist). Zum Gesetzesvorschlag wird die Eingabe durch die Arbeit unabhängiger, zufallsausgewählter Fachleute zum Gesetz erst durch das Ausbleiben der Ablehnung der zur elektronischen Abstimmung aufgeforderten direkt von den Gesetzesauswirkungen Betroffenen.
Von echter „Direkter Demokratie (DD)“  könnte m. E. also eigentlich erst bei der biotelen Gesetzgebung gesprochen werden. Die derzeitige „Sachunmittelbare Demokratie“ steht – was noch einmal betont werden soll – deutlich unter dem Einfluss von Gruppenherrschaften und Gruppeninteressen.
Die meisten der derzeitig feststellbaren Schwierigkeiten und Unverträglichkeiten der DD rührt von den Interessengegensätzen der zur Vertretung bestellten Machtelite und den sich um und in Volksbegehren und Volksabstimmungen (Initiativen und Referenden) bemühenden Gruppen mit anderen Machtinteressen.
In der Mehrzahl ist es Gutachtern auch mit Hilfe der Wissenschaften nicht möglich, mit annähernder Sicherheit auch bei biotelen Gesetzesvorlagen die Auswirkungen und Folgen derselben vorauszusagen; und in allen derartigen Fällen wird der Gesetzesvorschlag den Betroffenen nicht zur Abstimmung vorgelegt. Über die große Masse der Gesetze haben also weiterhin Parlament und Regierung zu entscheiden; dies gilt vor allem dort, wo eine Regelungsnotwendigkeit auch dann gegeben ist, wenn es zweifelhaft bleibt ob mit dem Gesetz zweckentsprechende Folgen verbunden sind. Allerdings darf erwartet werden, dass die Anzahl der „Regierungsgesetze“ nach Einführung der biotelen Gesetzgebung abnimmt, da viele Gesetze und Gesetzesänderungen der Korrektur mangelhafter Abfassung infolge ungenügender Berücksichtigung des Gemeinwohles dienen dürften.
Auch die „Regierungsgesetze“ sollen der Kontrolle des biotelen Gutachtenverfahrens unterworfen werden, die nur in dringenden Ausnahmefällen erst nach Inkraftsetzung eines Gesetzes erfolgen darf.
Nach Schweizer Vorbild – dort als fakultatives Referendum bezeichnet – kann auch das Inkrafttreten von Regierungsgesetzen von dem Ausbleiben des Vetos der von den Gesetzesfolgen mutmaßlich Betroffenen abhängig gemacht werden.

Studien zur Sachunmittelbaren Demokratie (StSD)   

Herausgegeben vom Deutschen Institut  für Sachunmittelbare Demokratie an der Technischen Universität Dresden  (DISUD an der TUD), Dresden

Die „Studien zur Sachunmittelbaren  Demokratie“ (StSD) beinhalten wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere Promotionen, die fakultätsübergreifend die direkte Demokratie in  Sachfragen (Sachunmittelbare Demokratie) in Deutschland, Europa und der  ganzen Welt thematisieren. Dabei werden nicht nur die verschiedenen gliedstaatlichen Ebenen, sondern auch einzelne Fragestellungen wirtschaftlicher, rechtlicher, historischer oder gesellschaftlicher Art  in den Mittelpunkt gestellt. Die „StSD“ machen dabei auch nicht Halt vor den zwischen den Staaten bzw. in Staatenbünden erörterten oder praktizierten direktdemokratischen Instrumenten oder den aus dieser  Praxis resultierenden Fragestellungen. Soweit die Europäische Union oder in Zukunft entstehende vergleichbare von Staaten geschaffenen  Strukturen Fragen zu Elementen der direkten Demokratie in Sachfragen  aufwerfen, sind auch diese Gegenstand in den „StSD“.

 

Christmann

In welche politische Richtung wirkt die direkte Demokratie?

Rechte Ängste und linke Hoffnungen in Deutschland im Vergleich zur direktdemokratischen Praxis in der Schweiz

Anna Christmann

2009, 121 S., Broschiert,
ISBN 978-3-8329-4204-5

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Die seit den 90er Jahren intensiver werdende Diskussion um die Einführung direktdemokratischer Instrumente in der Bundesrepublik schlägt sich auch in einer steigenden Zahl wissenschaftlicher Beiträge zu diesem Thema nieder. Unbeachtet blieb bisher jedoch die Diskrepanz zwischen der deutschen Debatte und der direktdemokratischen Praxis. Die Diskussion in der Bundesrepublik wird vor allem von den linken Parteien geschürt, die Erfahrungen mit direkter Demokratie in der Schweiz und anderen Staaten lassen hingegen eher eine rechts-konservative Wirkung vermuten. In der vorliegenden Untersuchung werden erstmals Umfragen unter Bundestagsabgeordneten und Schweizer Nationalräten vorgelegt, die aufzeigen, dass es sich um typisch deutsche Konfliktlinien handelt. In der Schweiz stehen die politisch linken Parteien der direkten Demokratie deutlich skeptischer gegenüber als die rechten. In einer empirischen Analyse der Schweizer Volksabstimmungen der letzten 20 Jahre bestätigt sich, dass die bisherigen Erfahrungen mit direkter Demokratie eher auf eine rechts-konservative Wirkung von Volksentscheiden schließen lassen – ein Widerspruch zur Haltung der deutschen Parteien. Neben diesem innovativen Beitrag zur wissenschaftlichen Debatte bietet das Werk einen aktuellen Überblick über den Forschungsstand zur Wirkung von Volksrechten.

Aus der Senatsbibliothek Berlin konnte ich diese Arbeit , die 2007 entstand, sofort  ausleihen.

In der Einleitung wird das Problem von Privatisierungen angeschnitten, die von linker Seite von Lothar Bisky (Die Linke) am 11.Mai 2006 in Diskussionen um die Einführung direkt-demokratischer Elemente auf Bundesebene im Bundestag abgelehnt wurden. Für direktdemokratische Elemente treten die linken Parteien und die FDP ein, dagegen äußern sich CDU/CSU. In der Schweiz haben „Gemeinden mit direkter Demokratie eine signifikant niedrigere Staatsquote im Vergleich zu Gemeinden ohne direkte Volksrechte (Kirchgässner 2001).“
Auch meinen Erwartungen nach, wären eher überzogene Anforderung an die  Staatsfinanzen von Volksinitiativen her zu erwarten gewesen, also eine „linke“ Tendenzverstärkung. Aber die Bürger wehren sich offenbar erfolgreich gegen die ständigen Anspruchs- und Machterweiterungssteigerungen ihrer Vertreter, sobald sie mitzubestimmen haben.
 In Kalifornien wurde mi der „Property Tax Limitation“ die Vermögenssteuer von zwei auf ein Prozent gesenkt und festgelegt, dass das Parlament diese Festsetzung nur mit Zweidrittel Mehrheit aufheben kann (S.15).
Das kalifornische Schulwesen, das über die Vermögenssteuer finanziert wurde, sei dadurch in Bedrängnis gekommen. (Als ob man es nicht hätte durch andere Steueraufkommen finanzieren können, meine ich.)
In der Bundesrepublik  drängen die Linken auf mehr direkt-demokratische Mitsprache; der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ wurde von Gerald Häfner (ehemals grüner Bundestagsabgeordneter) gegründet. (S.16)
Aber Referenden hätten eher eine bewahrende, „konservative und damit eher rechte Wirkung“.
An anderen Autoren mit ähnlichen Untersuchungen werden Kirchgässner 2002, Obinger/Wagschal 200 und Linder 2005 genannt. Chr. stützt sich auf die erweiterte Links-Rechts-Skala nach Kitschelt (1998) (S.17).
„Der Kern des Links-Rechts-Schemas, der sich am wenigsten verändert hat, ist die unterschiedliche Auffassung zur Gleichheit der Individuen… Nach Norberto Bobbio (1994) steht für die Linken die Gleichheit aller Menschen im Vordergrund, „Struktur von sozialer Ungleichheit... [muss] mit guten Gründen legitimiert werden..“ (zitiert nach Fuhse 2004)  Für Rechte sind die Menschen grundsätzlich unterschiedlich, der Rechtfertigung bedürfen für Rechte Versuche struktureller „Gleichmacherei“ [Apostrophierung übernommen], wie etwa im Wohlfahrtsstaat
Das Links-Rechts-Parteienschema wird trotz vielfacher Einwendungen von Chr. beibehalten. Auf andere Einteilungen wird hingewiesen. Genannt wird hierzu die dreidimensionale Cultural Theory von Mary Douglas und Aaron Wildavsky nach Egalitariern, Individualisten und Hierarchikern (S.23).

Als Thematische Konflikte werden (nach Hermann und Leuthold 2003) Sozialstaat, Bürgerrechte, Pazifismus den Linken und ökonomische Eigenverantwortung, Recht und Ordnung sowie militärische Verteidigung den Rechten zugeordnet. Das Schema habe sich ursprünglich aus dem Gegensatz von Arbeit und  Kapital entwickelt. (24) Kitschelt 1994, 2001 sieht noch die Achse „libertär“ für links und „autoritär“ für rechts.
Außerdem treten nach Kitschel (1998) Konflikte bei Gender, Umwelt, Politischer Partizipation und Multikulturalität hinzu.
Links steht für Einwanderung und Integration, für „Modernisierung und Öffnung versus Tradition und Alleingang“ (Hardmeier/Vatter 2003) Internationalisierung steht für links, Souveränität mehr für rechts.
Umweltpolitik für links-libertär, für Hermann/Leuthold 2003) „eine eigenständige Konfliktlinie“ (S.25)  .
Letztere Autoren sehen noch eigenständig eine liberal-konservative Achse und eine libertär-autoritäre (S.26).
Die großen Städte der Schweiz werden als links-liberal, die ländliche Deutsch-Schweiz als rechts-konservativ (nach Kitschel) eingestuft, eine Einteilung der auch Christmann folgt (S.27).

Geht man von Seiten der biotelen Zielsetzung, also der dynamischen Stabilität (oder der „nachhaltigen Entwicklung“, sofern man diese als eine des Lebens ansieht, aus, so ergibt sich eine ganz andere, noch wichtigere, Charakterisierung von links und rechts:
 
Links steht dann für Kurzsichtigkeit, Beschränkung auf die illusionäre Gleichheitsdoktrin bis zum Verlust der Unterscheidungsfähigkeit, steht für Gleichschaltung, Nivellierung auf ein niederes Entwicklungsniveau im Zusammenhang mit Vermassung, Senkung von schulischen Anforderungen, Bereitschaft zur Verteilung der Güter der nächsten anderen und Verdrängung und Erniedrigung von Leistungsüberlegenen aus Neid, beides als „soziale Gerechtigkeit“ gepriesen, steht für Abgehobenheit  von der Erfahrung, d. h. Wirklichkeitsferne, aus ideologischer Voreingenommenheit heraus (einem vereinfachten schablonenhaft fertigen Weltbild entspringend, das von der Anstrengung des Nachdenkens entlastet), Selbstüberschätzung und Überheblichkeit – der ungebremste Fortschrittsoptimism
us wurzelt hier – und hier fällt, fast verspätet in der Aufreihung, der Begriff Intoleranz, nämlich derjenigen gegenüber Andersdenkenden bei Überzeugung von eigener moralischer Überlegenheit einschließlich der ständig wiederholten Schuldübernahme für Versagen der Väter (Gutmenschentum, Schuldstolz).
Unmittelbare Lustanwandlungen und –bedürfnisse  werden, als „neues Moralverhalten“ verbrämt, zu Lasten der Nachkommenschaft befriedigt, wie denn Autonomie als Freiheit notdürftig begrenzt  nur durch Rechtsgesetze und gestützt durch erweiterte  Grundrechtsansprüche möglichst willkürlich  ausgelebt wird; die wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird gesenkt.

Rechts
steht für Realismus, Eingeständnis und Einkalkulation der menschlichen Schwäche und Unvollkommenheit als dauerhafte Begleitung, für kritische Haltung gegenüber bloß angepriesenem und noch unbewiesenem Fortschritt, für Dankbarkeit und Achtung vor den Erkenntnissen, Leistungen und Wohltaten der Vorfahren und Verzeihung der meisten ihrer Schwächen, Festhalten am  Bewährten, Freude am Gewachsenen der Natur, Lernbereitschaft auch aus Fehlern und Versagen und ständiges Bemühen um Vervollkommnung insbesondere auch des Urteilsvermögens, Förderung von Begabung,  Anerkennung von Leistung, Bereitschaft zur Selbstbeschränkung zur Erhaltung des Gleichgewichts, insbesondere auch des biologischen, unter Übernahme von Verantwortung und dabei auch Bereitschaft zur Selbstverteidigung bei Toleranz und Fairness und Einforderung derselben auch von anderen im zwischenmenschlichen Verkehr auf allen Ebenen, und dies auf der Grundlage der Gegen-, d.h. Wechselseitigkeit, als dem Prinzip der Gerechtigkeit; Minderheiten  werden berücksichtigt und auf Dauer geduldet, ja als Bereicherung der Vielfalt geschätzt, sofern sie nicht expandieren ohne die bisherige Mehrheit an zivilisatorisch-kultureller Gestaltungskraft zu behindern, sie durch Wettbewerb eher fördernd,  und ohne sie lediglich in der Reproduktionsfruchtbarkeit  zu übertreffen.
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird gehoben und ein ausgeglichener Haushalt in der Regel gewahrt.

Naturschutz ist ein urwüchsig konservatives Anliegen und wurde von den Linken, meist als „Umweltschutz“, usurpiert; zumal man m. E. die Begriffe Natur und Leben am liebsten als NS-belastet geächtet hätte.
Naturschutz droht in Deutschland nach der politisch geplanten Massenzuwanderung aber zur Illusion
zu verkommen. „Offene Republik“ und Naturschutz sind unverträgliche Widersprüche, insbesondere wenn die Einwanderer aus Gebieten mit bereits zerstörter Natur kommen und ihnen ihre Lebensgewohnheiten  zugestanden werden. Toleranz und Multikulturalität sind für Mohammedaner* Fremdbegriffe; multikulti ist wegen der extremkonservativen Haltung der Muslime und ihrer auch von ihnen angestrebten bevölkerungsstatistischen Ablösungsrolle von Anfang an Illusion: eben eine linke Vorstellung. Nationen, Völker, politische teilsouveräne Gliedstaaten mit noch überschaubaren Verhältnissen sind nach rechts-konservativer Vorstellung Voraussetzung von Demokratie; sie tragen und verstärken  Kulturentwicklung, Sesshaftigkeit bei Heimatliebe sowie Verantwortungswahrnehmung auch gegenüber der Natur. Von der ursprünglich linken Politik als Befreiungsbewegung muss bewahrt werden, dass der Wohlstand auch für die breite Masse wenigstens das Lebensnotwendige abdecken sollte; dieses Lebensnotwendige muss die Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten der geistigen und praktischen Fähigkeiten miteinschließen.

*Die Sprachumstellung auf „Muslime“ (Gott Ergebene) wurde von den bei uns herrschenden Kreisen nach den Wünschen der Einwanderer vollzogen. Gleichzeitig wird der fundamentale Unterschied zwischen Allah, dem Gott des Propheten Mohammed als einem Kriegsherren und Eroberer und dem Gott Jesu Christi als einem Friedenskönig vor dem Publikum verschleiert und eingeebnet.

Meine Kurzdefinition:
Links steht (heute) für illusionäre insgesamt lebensfeindlich wirkende Utopie, rechts (unter Ausschluss des Extremismus zumindest der Deutschstämmigen) für realitätsgerechtes, langfristig gesehen, lebensförderndes Verhalten.
Biotele Vorstellungen fallen freilich heute leider in Deutschland weitgehend unter die „unzeitgemäßen Betrachtungen“ [in Anlehnung an das Werk von Friedrich Nietzsche so bezeichnet].

Eine Demokratie, die sozusagen als europäisches Exportprodukt, die Weltpolitik zu bestimmen beansprucht, hat dich von der derzeitigen Linkslastigkeit zu befreien und biotele, also lebenstragende, Grundsätze und Verfahrensweisen zu entwickeln und zu verbreiten.  Anders und nach der heutigen Konstellation tendiert Demokratie zu einer Scheinbeteiligung der breiten Bevölkerung unter Förderung von Anspruchsdenken und zur verstärkten autoritären Machtentfaltung negativ-elitärer Minderheiten, die in der Regel ihre Stellung nicht über sachlich angemessenes Zusammenhangswissen und verantwortende Erfahrung, sondern häufiger  aus Cliquenwirtschaft heraus erringen konnten. Die ursprünglich stärker und geschichtlich notwendige linke Tendenz zur Beseitigung angemaßter Herrschaftsstrukturen muss insbesondere als Bekämpfung der weltweiten Korruption beibehalten und weiterentwickelt werden.  Die Tendenz zum Machtmissbrauch durch Eliten, insbesondere durch solche, die nicht über positive AUSLESE in die Machtposition gelangten und diese nun gegen Tüchtigere und Geeignetere für die jeweilige Führungsposition insbesondere auch als Clique verteidigen, ist gerade auch den Linken eigen, nachdem sie Vorrechte in der Rechtsposition über Adel, Erbschaft und erstarrte Formen des Brauchtums (größtenteils zu recht und notwendigerweise) abgeschafft haben. Der Zugang zum gesellschaftlich-sozialen Aufstieg muss dem Wettbewerb offen gehalten werden. Die perfideste und mieseste Art der Pfründen- und Stellungssicherung zulasten der Allgemeinheit ist derzeit durch die links-liberale Politik ohne politisch konservatives Gegengewicht im Gange und führt unweigerlich zum Zusammenbruch der Staatsordnung, falls dieser Fehlentwicklung nicht in Bälde gegengesteuert wird.

Kommen wir auf die Studie von Frau Christmann zurück. Die meisten Volksentscheide in der Welt werden in der Schweiz getroffen (Schiller 2002). Das obligatorische Verfassungsreferendum, wonach das Volk über Verfassungsänderungen  abstimmen muss, sei in den sechziger Jahren häufig gewesen, da jede neue Bundesaufgabe von den Kantonen einzeln übernommen werden muss. Von „der Entwicklung des Interventions- und Leistungsstaates“ ist in diesem Zusammenhang die Rede. Von 207 vorgeschlagenen Verfassungsänderungen erreichten  54 nicht die notwendige  Mehrheit.
Mit dem fakultativen Gesetzesreferendum seit 1874 können die Bürger Gesetzesvorlagen verwerfen, wenn in 100 Tagen 50.000 Unterschriften für ein Referendum  gesammelt wurden. 3,5% der Gesetzesvorlagen wurden so gestoppt. (Schiller 2002).
Seit 1891 gibt es zusätzlich die Volksinitiative zur Verfassungsänderung, wofür 100.000 Unterschriften innerhalb 18 Monaten erforderlich sind (20,21). Weniger als 10 Prozent davon haben Erfolg. Da Gesetzesänderungen durch Volksinitiative nicht möglich sind, erlangten gelegentlich auch nebensächliche Begehren, wie 1979 der Schutz der Fuß- und Wanderwege als Bundesaufgabe Verfassungsrang.
Wie in diesem letzteren Falle kommen dabei häufig auch (meist abgeschwächte) Gegenvorschläge des Parlaments zum Tragen. „Angenommene und verworfene Vorlagen“ werden in einer Tabelle aufgelistet (21).

Die Tabelle 2.4.1.: „Links-liberale und rechts-konservative Posionen nach Themenfeldern (eigene Darstellung in Anlehnung an Hermann und Leuthold 2003)“ wird nachstehend wiedergegeben.

Hierzu möchte ich persönlich entgegen der „zeitgemäßen“ Deutungen zu einigen Festlegungen aus bioteler Sicht –also einer Sicht konservativ gegenüber dem Leben – anmerken:
zu Themen-Zeile 4: „Recht und Ordnung“ müssen gerade auf Bürgerrechten aufgebaut  werden, wobei allerdings die Fähigkeiten von geistigen Eliten über die Aktivität von Einzelnen besonders zum Tragen kommen müssen.
„Integration  von Fremden“ sollte kein auszubauender Erwerbszweig sein, sondern bei Daueraufenthalt der Fremden auf Assimilation – entsprechend guter historischer Erfahrungen – abzielen und der Erhaltung der gewachsenen eigenen Kultur nicht entgegenstehen.
„Individuelle Entscheidungsfreiheit“ ist ein sprachliches Feigenblatt gegenüber der systematischen ideologischen linken Indoktrination möglichst bereits im Grippen-Alter und in den Medien!

zu Themen-Zeile 5: Pazifismus bedeutet in einer waffenstarrenden Welt Selbstaufgabe. Selbst die kleine Schweiz unterhält ein Heer, das gerade auch  in der NS-Zeit im Nachbarland zur Bewahrung der Souveränität beitrug.
Wenn die Souveränität an größere und mächtigere Bürokratien abgetreten wird, so bedeutet dies einen Verlust an oder sogar der Freiheit.
zu Themen-Zeile 5: „Umweltschutz“ muss als Naturschutz greifen, die „Offene Republik“ widerspricht dem Naturschutz.

 

 

Themen

links-liberal

rechts-konservativ

Soziale Fragen

Ausbau-Sozialstaat

Minimierung des Sozialstaats,
Ökonomische Eigenverantwortung

Wirtschaft/
Öffentliche Finanzen

Umverteilung

Leistung muss sich lohnen

Staatsordnung/
Bürgerrechte/Mora-
lische Fragen/
Traditionen

Ausgebaute Bürgerrechte

Integration von Fremden

Individuelle Entschei-
dungsfreiheit

Recht und Ordnung

Abgrenzung nach Außen

Bewahrung moralischer
Grundregeln und Traditionen

Außen- und Sicher-
heitspolitik

Pazifismus

Öffnung nach Außen

militärische Verteidigung

Nationale Souveränität

Umwelt/Energie

Umweltschutz

Nutzung der Ressourcen

Tabelle 2.4.1: Links-liberale und rechts-konservative Positionen nach Themenfeldern (Eigene Darstellung in Anlehnung an Hermann und Leuthold 2003)

(S.28)

…Dabei hat sich die Position der Liberalen in Deutschland und in der Schweiz stetig geändert, je nach Koalitionspartner. Die deutsche FDP hatte eine stärker liberal geprägte Zeit gemeinsam mit der SPD in den 70er Jahren, aber auch eine konservativere Zeit an der Seite der Kohl CDU. Die Schweizer FDP orientiert sich seit den 90er Jahren zunehmend an der SVP, wodurch sie in die konservative Ecke gerückt ist… (S.29)

3 Wer will direkte Demokratie und was wird von ihr erwartet?

Diesbezüglich richtete Chr. eine Mail-Umfrage an die Bundestagsabgeordneten (72 Antworten von 613) sowie  an die Schweizer Nationalräte (50 Antworten von 200), zumal in ähnlichen Umfragen die Rücklaufquote bei schriftlicher Befragung niedriger war (Wagschal)  und eine mündliche Befragung ausschied (S.30).
Die Gründe der niedrigen Beteiligung werden in der fehlenden Anonymität und in der Arbeitsüberlastung vor allem der deutschen Abgeordneten vermutet, von denen manche Antwort auch von Hilfskräften stammen konnten. Die Verweigerer waren über alle Fraktionen verteilt, die kleineren, vor allem die linken, stärker vertreten (31,32). In der BRD treten Linke stärker für die Bürgerrechte ein. Dadurch dürfte im Ergebnis das Eintreten und das Interesse an Bürgerrechten insgesamt als geringer einzuschätzen sein, als die Antworten es vermuten lassen. In der Schweiz war die SVP  (Schweizer Volks-Partei) mit 30% etwa so stark im Verhältnis zu anderen Parteien bei den Rückmeldungen vertreten wie ihr Parlamentsanteil. Die SP (Sozialdemokratische Partei Schweiz) dagegen mit 20% schwächer, da sie im Parlament mit 26% mit der SVP fast gleichzieht. Die FDP (Freisinnig-Demokratische Partei) bot 24 % Rücklauf bei nur 18% Nationalratsmitgliedern. Die CVP (Christlich Demokratische Partei der Schweiz) lieferte 10% Rückmeldungen bei Stimmenanteil von 14 % (32). Die Umfrageantworten  wurden von Mitte Juni 2007  bis10.Juli 2007 berücksichtigt. Der Fragebogen zielte auf die Einstellung der Abgeordneten zur direkten Demokratie ab und darauf, ob der Abgeordnete von direkter Demokratie eine Richtungsbeeinflussung der Politik erwartet. Für die BRD wurde eine Skala von 0 (für Ablehnung) bis 10 (für Befürwortung höchstmöglicher Ausgestaltung) aufgestellt, für die Schweiz eine Skala von -5 bis +5, wobei  0 für das Beibehalten der bereits eingeführten direkten Demokratiepraxis steht (33,34).
Für die Bundestagsabgeordneten entnehme ich der Tabelle, dass bei der FDP bei 9 Antworten der Durchschnitt bei Skalenwert 8 lag, bei CDU/CSU  bei 23 der Durchschnittskalenwert bei 1,8, bei den Grünen 8 / 8,6, bei SPD lauteten die Ergebnisse 20 / 5,8, bei der Linken 12 / 9,5 und Total 72 / 6 (35). Bei der CDU/CSU lehnten 11, also fast die Hälfte jede Form der direkten Demokratie auf Bundesebene ab.
Bezüglich der „Erwartungen an die Ergebnisse direkter Demokratie in Prozent“ mit der Fragestellung: „Glauben Sie, die Ergebnisse direktdemokratischer Abstimmungen in der Bundesrepublik Deutschland würden mit Ihrer politischen Einstellung eher übereinstimmen oder würden Sie ihr eher widersprechen?“ wurde ein Säulendiagramm mit Ordinatenwerte von 0 bis 80 erstellt und die Säulen [A] „eher übereinstimmen“ [B] „eher widersprechen“ und [C] „lässt sich nicht sagen“ auf der Abszisse aufgereiht. Lediglich für die CDU kam noch die Säule [D] für verweigert etwa bei Ordinatenhöhe 8 hinzu. Für die CDU lese ich die übrigen Säulenhöhen mit  A = 44 (d.h. 44 % der Antworten), B = 35, C = 13 ab, für SPD mit A = 55 (d.h. 55% der Antworten), B = 30, C = 15; für die FDP mit A = 56, B = 11, C = 32; für Die Linke mit A = 67, B = 8, C = 25; für BV90/Grüne A = 38, B = 62. Bei den Grünen ist die Beteiligung eigentlich zu gering für eine Tendenzeinordnung (37).
Ein weiteres Säulendiagramm ist den „Erwartungen an die Ergebnisse direkter Demokratie auf der Links-Rechts-Skala in Prozent“  gewidmet. Die Fragestellung lautete: „Politische Richtungen unterscheidet man oft nach rechts-konservativ und links-liberal. Würden Sie sagen, dass direkt demokratische Mittel in eine bestimmte politische Richtung wirken?“  Die Säulen stehen für [A] „Ja, sie wirken eher rechts-konservativ“, [B] „Ja, sie wirken eher links-liberal“, [C]  „Nein, das lässt sich allgemein nicht sagen“. Ergebnisse: CDU/CSU mit B = 12, C = 78;  SPD mit A = 14, B = 9, C = 68; FDP mit A = 22, B = 10, C = 67;  Linke mit B = 18, C = 82; Grüne mit A = 25, B = 12, C = 62.
 „Fragt man allgemein, ob direkte Demokratie in die eigene politische Richtung der Befragten wirkt, kann sich eine Mehrheit festlegen, nur 20% sagen, dass sich das nicht allgemein sagen lässt. Fragt man allerdings, ob direkte Demokratie allgemein in eine politische Richtung wirkt, will sich eine große Mehrheit von 78% nicht festlegen (darin drei Prozent Verweigerung). (38)

… unter den befragten CDU-Abgeordneten gibt es nicht einen, der glaubt, das direkte Demokratie rechts-konservativ wirkt, was am ehesten der eigenen politischen Meinung entsprechen würde… Ebenso bei der Linken, die sich in einer überwältigenden Mehrheit auf keine politische Richtung festlegen will (über 80%) “ FDP und Grüne haben zu geringe Fallzahlen, um bei drei Antwortkategorien irgendwelche Schlüsse ziehen zu können, die SPD-Abgeordneten bewegen sich mit ihrem Antwortverhalten genau im Schnitt.“ (39)

Meines Erachtens hat die CDU jedoch den wesentlichen Teil ihres konservativen Flügels inzwischen verloren und ist weitgehend „sozialdemokratisiert“.

3.2.3 Was wird von direkter Demokratie erwartet? (39)

Hierzu wurden den Abgeordneten 14 Thesen vorgelegt und mit den Zustimmungszahlen in eine Abbildung 3.2.3.1. aufgenommen:
Die Abgeordneten sollten alle Thesen ankreuzen, denen sie zustimmen könnten. Nur die drei ersten Thesen erhielten wenigstens von der Hälfte der Befragten die Zustimmung. Die 14. These bezog sich typisch auf Deutschland, wo lange die Ansicht verbreitet war, die DD habe zum Ende der Weimarer Republik beigetragen.
(Meiner Auffassung nach, lag diese Deutung einfach bereits außerhalb der Erinnerung und des Interesses der Befragten.)

DD bewirkt, dass politische Entscheidungen näher an den Bürger rücken

60

DD bringt mehr demokratische Legitimation Im Allgemeinen

57

DD führt zu weniger Politikverdrossenheit

50

DD fördert den Populismus

30

DD kann das System blockieren

38

DD führt zu mehr politischer Bildung in der Bevölkerung

35

DD bewirkt weniger sachkundige Entscheide

29

DD ist minderheitenfeindlich

29

DD ist eine Prämie für Demagogen, da das Volk verführbar ist

22

DD führt zu einer Erhöhung der Wahlbeteiligung

21

DD bevorzugt in der Regel den Status quo

15

DD überfordert die Bürger

13

DD führt zu mehr Stabilität

8

DD hat zum Ende der Weimarer Republik beigetragen

7

Abb.- 3.2.3.1 Zustimmungsrate der Bundestagsabgeordneten zu Thesen zur direkten Demokratie in Prozent

Das auswertende Blockdiagramm:

Abbildung 3.2.3.3 Die drei Thesen mit den höchsten Zustimmungsraten nach Fraktionen (Zustimmungsraten in Prozent) , also Thesen 1 – 3,

habe ich ausgelassen und erläutere das Ergebnis mit einer Zustimmungsrate aus CDU/CSU zwischen 9 und 17 %, dem der SPD zwischen 46 und 70%, dem der FDP zwischen 67 und 78%, dem der Linken zwischen 100 und 91% und der Grünen zwischen 98 und 100% (40).
Besonders die
CDU/CSU verbinden mit der DD negative Auswirkungen.
Hierzu wurden die Zustimmungsraten zu drei negativen Thesen in einer Ab. 3.2.3.3. im Blockdiagramm zusammengestellt, die sich auf die These 5: „Kann das System blockieren“, These 7: “bewirkt weniger sachkundige Entscheidungen“, These 4: “fördert den Populismus“ beziehen. Aus dem Diagramm lese ich grob zusammenfassend folgende Ergebnisse ab: Für die CDU/CSU  80 bis 92%, für die SPD 20 bis  40%, für die FDP 11bis 32%, für die Linke 8%, für die Grünen 25%, total zwischen 28 und 42 %.
Zu einer vierten negativen These: These 14 „hat zum Ende der Weimarer Republik beigetragen“ nahmen nur CDU/CSU mit 22 % Stellung. Die Frage nach einem ausgebauten System der DD konnten 89% der Abgeordneten beantworten, in 83% wurde die Schweiz genannt; 15% der Abgeordnetenkonnten drei oder mehr Staaten nennen (S.41). Aber viele Abgeordneten, die sich an der Studie erst gar nicht beteiligten, werden wohl schlechter über DD informiert gewesen sein.

3.3 Nationalräte und direkte Demokratie

3.3.1 Wer ist für direkte Demokratie?

Im Nationalrat der Schweiz gibt es 200 Abgeordnete in sechs Fraktionen und mit 15 dreimal so viel Parteien wie in der BRD. Zur Auswertung wurden jeweils mehrere Parteien nach der Links-Rechts-Skala gemäß dem Parlamentarier-Rating 2005 von Hermann und Jeitziner (NZZ, 25.11.2005) zusammengefasst. (S.42)
EDU (Eidgenössische Demokratische Union) wurden der SVP (Schweizerische Volkspartei) zugeschlagen, welche die DD auf der Skala von-5 bis +5 mit 3,9 (nach Spearman‘ s rho Korrelationskoeffizient) am höchsten bewerten.  Die EVP (Evangelische Volkspartei der Schweiz) wird mit der CVP (Christlich Demokratische Partei der Schweiz) vereint, und beide beurteilen die DD mit 0,6 am schwächsten positiv. FDP (Freisinnig-Demokratische Partei Schweiz) kommen auf 1,1, SP (Sozialdemokratische Partei Schweiz) und PdA (Partei der Arbeit) auf 1,3, Grüne auf 2, alle Parteien zusammen auf 2. Anders als in Deutschland wird die DD von  den rechten Parteien am positivsten geschätzt, und die Hochschätzung der DD nimmt dem Linksrang der Parteien gemäß ab.

3.3.2 In welche Richtung wirkt direkte Demokratie?

66% der antwortenden Nationalräte meinen, dass das Volk  ihrer persönlichen Meinung als Abgeordnete entsprechend abstimmt (S.43,44), nur 18% meinen das Gegenteil. Für12% lässt es sich nicht sagen und 4% verweigern die Antwort. (S.43,44) Im Bockdiagramm 3.3.2.1. nehmen die Fraktionen SVP (+PDU), FDP und CVP +EVP) zu über 80% Übereinstimmung an, die SP (+PdA) zu 18%.  Eher keine Übereinstimmung nehmen SP (+PdA)  zu 55% an, SVP (+EDU) zu 12%, die übrigen 0%. Nicht sagen lässt es sich für 12% der SVP (+EDU) , 8% der FDP, 13% der CVP (+EVP) und 55% der SP (+PdA).  Von den Grünen gaben die drei Befragten je verschiedene Antworten. (S.44)
Auf demBlockdiagramm3.3.2.2. werden die Erwartungen an die D auf der Links-Rechts-Skala in % wiedergegeben und inder Fragestellung mit rechts-konservativ und links-liberal benannt. Eine große Mehrheit von 72% aller Fraktionen gibt mit 62 bis 73% Schwankungen an, dass man dies nicht entscheiden könne. SVP (+EDU) rechnen zu 18% sowohl mit einer Rechts- als auch mit einer Linkswirkung, SP (+PdA) zu 28% mit einer Rechts- und zu 9% mit einer Linkswirkung, die FDP zu 18% und die CVP (+EVP) zu 29% lediglich mit einer Wirkung nach rechts. Insgesamt meinen 20%, dass DD rechts-konservativ und 8%, dass sie links-liberal wirkt. (S.45) Und dennoch, so bemerke ich, drängen die linken Parteien nicht auf Abschaffung der DD, und sie könnten wegen nicht ausreichender Mehrheit eine solche Abschaffung gar nicht durchsetzen.

3.3.3 Welche Wirkung wird direkter Demokratie zugeschrieben?

In Abbildung 3.3.3.1. werden wieder die Thesen zur Befragung aufgelistet (These 14 zur Weimarer Republik wird ausgelassen) und die Zustimmungsraten in Prozent wiedergegeben:

DD bewirkt, dass politische Entscheidungen näher an den Bürger rücken

94

 

DD bringt mehr demokratische Legitimation Im Allgemeinen

94

 

DD führt zu mehr politischer Bildung in der Bevölkerung

76

 

DD führt zu mehr Stabilität

72

 

DD führt zu weniger Politikverdrossenheit

62

 

DD kann das System blockieren

30

 

DD bevorzugt in der Regel den Status quo

30

 

DD fördert den Populismus

26

 

DD ist eine Prämie für Demagogen, da das Volk verführbar ist

12

 

DD ist minderheitenfeindlich

6

 

DD führt zu einer Erhöhung der Wahlbeteiligung

6

 

DD überfordert die Bürger

2

 

DD bewirkt weniger sachkundige Entscheide

0

 

 

 

 

Den ersten beiden Thesen hatten auch  die Bundestagsabgeordneten hoch zugestimmt. Die politische Bildung und die politische Stabilität werden von den Schweizern sehr viel stärker positiv bewertet. (S.46)
Das Blockdiagramm  3.3.3.2. über die vier Thesen mit den höchsten Zustimmungsraten nach Fraktionen ergibt 100 % Zustimmung bei CVP (+EVÖP) und Grünen, SVP (+EDU) nehmen sich bei These 1 und 2 auf 92% zurück, bei These 3 und 4 du 78%; die SP (+PdA)  stimmen These 1 und 2 ebenfalls zu 90% zu, der These 3 zu 47% und der These 4 zu  55%. Wie bei der CDU/CSU werden von der DD auch negative Wirkungen erwartet. (S.47)

In einem weiteren Blockdiagramm 3.3.3.3.werden Thesen mit großem Unterschied zwischen den Zustimmungsraten besonders der SVP und SP dargestellt.
Es wurden die These 6 zur Systemblockierung, These 7 zur Bevorzugung des Status Quo, These 8 zur Populismus-Förderung und These 9 zu Demagogen-Verführung ausgewählt.
Für These 6 und 7 entschieden sich SVP (+DVU) zu 18 und 12%, SP (+PdA) zu 64 und 56%, FDP zu 33%, CVP (+EVP) zu 14 und 29%; die Grünen entschieden  nur über These 7 mit 33%.
 Für These 8 und 9 entschieden sich SVP(+DVU) gar nicht, SV (+PdA) zu 37 und 28%, FDP zu 50 und 18%, CVP (+EVP) 43 und 14%.

3.4 Fazit der Umfrage

.. im Bundestag ..befürworten…die kleinen Parteien die Einführung direktdemokratischer Elemente stark, die SPD ebenfalls, aber in geringerer Intensität. Die CDU/CSU lehnt die Einführung von Volkentscheiden auf Bundesebene ab. (S.48)
Inder Schweiz ist das Parteienspektrum etwas anders aufgeteilt: die Spund die kleineren Parteien beurteilen die direkte Demokratie weniger positiv als die rechts-konservative SVP, die die direkte Demokratie durchweg positiv bewertet…  (S.49)

4 These und theoretische Grundlage
….
4.1  Unterschiedliche Wirkung von Referenden und Initiativen

Linder verwendet  die Bilder „Gaspedal“ für die Initiative und „Bremse“ für das Referendum (2005, S.264).Dies.. verdeutlich..[t], dass der Initiative eine progressive Wirkung zugeschrieben wird, das Referendum hingegen bewahrend wirkt.

4.1.1 Das Referendum und die Bevorzugung des Status quo: Eine Bevorzugung rechts-konservativer Positionen?

Das Referendum bietet dem Volk die Möglichkeit, ein Gesetz, das das Parlament verabschiedet hat, vor dessen Inkrafttreten zu stoppen. Es ist ein Verhinderungsinstrument. Mit neuen Gesetzen reagiert die Regierung oder das Parlament in der Regel auf Veränderungen im Staat oder in der Gesellschaft. Gesetze werden aktuellen Entwicklungen angepasst oder Lücken werden geschlossen. Wird gegen Gesetze dieser Intention das Referendum ergriffen, wirkt es als Bremse, der Staat wird blockiert, da er nicht auf Entwicklungen reagieren kann.
In Konkurrenzdemokratien kann es vorkommen, dass Gesetze der Regierung auch als Richtungsänderung im Vergleich zu einer vorhergehenden Regierung erlassen werden.(S.51,52). Hier geht es nicht unbedingt um progressive Gesetze. In solchen Fällen kann das Referendum in seiner Wirkung auch Neuerungen bewahren, die von einer neuen Regierung wieder abgeschafft werden sollen. In Konkurrenzdemokratien wie der Schweiz kommt es in der ‚‘Regel nicht zu solchen „Wiederherstellungsgesetzen“.
Das Referendum wirkt aber nicht nur bei verlorenen Abstimmungen als Bremse,,,, weil beschlossene Gesetze nicht in Kraft treten können.  Größer ist die innovationshemmende Wirkung durch das Risiko, dass gegen neue Gesetze ein Referendum ergriffen werden kann. Daher ist es zur Regel geworden, dass vor der Verabschiedung von Gesetzen möglichst viele Interessengruppen in den Entscheidungsprozess eingebunden werden. Durch dieses „Vernehmlassungsverfahren“ sollen mit dem Ziel, dass möglichst alle Parteien dem Gesetzesvorschlag zustimmen können, Kompromisse gefunden werden.
Das führt zu einem hohen Konsenszwang und einem sehr geringen politischen Spielraum…
Gesetze werden also „referendumsicher“ gemacht und verändern den Status quo damit meist nur gering. Aber warum fürchtet die Regierung das Referendum so sehr? Trechsel und Sciarini zeigen auf, dass der Einfluss der Eliten auf den Ausgang einer Referendumsabstimmung sehr gering ist. Sie können durch Einigung beeinflussen…
Wenn über ein Gesetz abgestimmt wird, stehen die Chancen, dass es angenommen oder verworfen wird jedoch 50:50. (Trechsel/Sciarini 1998, S.110f.).
Linder begründet diese hohe Zahl von Gesetzen, die vom Volk verworfen wurde auch damit, „dass es leichter ist, eine Abstimmung zu verlieren als zu gewinnen“ (Linder 2005,S.260)
Mit einer schematischen Darstellung begründet er, dass es oft mehr als eine Konfliktlinie bei Abstimmungen gibt, die das Lager der Befürworter spalten kann…
Von einer „grundsätzlichen Risikoaversion“ ist die Rede und damit von „einer systematischen Bevorzugung des Status quo durch das Referendum“. (S.52) So abwegig ist diese Volkshaltung nicht, da ja „die Unsicherheiten über die Auswirkungen alternativer Handlungsmöglichkeiten und … die Transaktionskosten einer Entscheidung“ unsicher sind (Brunetti 1997, S.170).
Uninformierte Bürger vor allem würden am Status quo festhalten (Christin, Hug und Sciari 2002) In der repräsentativen Gesetzgebung würden „Transaktions- und Informationskosten zur Analyse der Auswirkungen neuer Gesetze.. oft an Expertenkommissionen ausgelagert. Zudem müssten Politiker eine Bilanz vorlegen, um wieder gewählt zu werden… (Brunetti 1997,172) Wegen des Vorwurfs eines Innovationshemmnisses gegenüber dem Referendum machte Thomas Sägesser 2000 zum „konstruktiven Referendum“ den Vorschlag, zwischen dem Regierungsvorschlag und einem Alternativvorschlag –anstelle zum Status quo – abstimmen zu lassen. (S.53) Unterschriftengegen ein Geset zu sammel, sei einfacher als noch zusätzlich einen eigenen Vorschlag einzubringen, meint Chr., weshalb man dann folgerichtig auch das konstruktive Referendum nicht beibehalten , weil sonst bevorzugt. In der Schweiz gibt es auf Bundesebene nur eine Verfassungs- keine Gesetzesinitiative. In Italien dagegen existiert das abrogative Referendum   funktionslogisch als Referendum einzustufen – , das erst nach Inkrafttreten eines Gesetzes und oft mit Jahrzehnten Verspätung wirkt und überholte Gesetze abzuschaffen oder abzuändern zwingt. Das Referendum begünstige die Verteidiger des Status quo und Reform- und Veränderungstendenzen. Bei der Vermeidung von Autobahnen für den Umweltschutz liege der Vorteil damit eher bei den Linken. Auch hätte sich das Umverteilen und der Klassenkampf heute erledigt. (S.54)
Aber insgesamt bleibe das Referendum ein rechts-konservatives Verhinderungsinstrument und führte zum Aufstieg der SVP in den 90er Jahren, deren Vorsitzender Christoph Blocher besonders erfolgreich gewesen sei.
Die Initiative habe sich als „Belastung für Stammbürger, politische Behörden und Verwaltung“, so Blocher (Hartmann/Horwath 1995).
4.1.2. Die Initiative: Stärkung der Linken?
Mit der Initiative können vom Parlament nicht behandelte Themen auf die Agenda gebracht werden; sie ist auch ein Minderheiteninstrument und will Neuerungen herbeiführen, wie den Ausbau des Sozialstaates in den 80er Jahren durch die Linken. (S.55) Ein Referendum ist erfolgreich, wenn es von Regierung und Parlament verloren wird, eine Initiative, wenn das neue Gesetz bzw. der neue Verfassungsartikel vom Volk angenommen wird, was schwerer zu erreichen ist.
4.2 Wo liegt der Unterschied, wenn das Volk statt der Elite entscheidet?
In rein repräsentativen Demokratien entscheidet die Elite mit Sachfragen befasste Elite, direkt-demokratische Elemente bewirken dass das Volk in Sachfragen mitentscheidet. (S.56)
4.2.1 Die progressiv-libertäre Elite
Menschen höherer Bildung seien libertärer eingestellt (vgl. Kitsche 2001,S 427). Innerhalb der politischen Elite sei „die Konzentration der Hochgebildeten deutlich größer als in der Gesamtbevölkerung. 83% der Mitglieder des deutschen Bundestages waren in der 16 Legislaturperiode Hochschulabsolventen“ (Kürschner 2006).
„Eliten bewegen sich in internationaleren Strukturen und sind stärker mit anderen Kulturen und Menschen konfrontiert, Ihre Berufsperspektive verbessert sich zudem mit zunehmender Internationalisierung eher, als dass die durch Globalisierungseffekte bedroht wäre“ (vgl. Widmer 2003, S.19) „Vor Unbekanntem haben Menschen Angst, und die breite Masse der Bevölkerung ist bei weitem nicht so mobil wie die Elite und kennt daher nur die unmittelbare Lebensumgebung. (S.57,58) Sie wünscht sich, dass sich das Leben im eigenen Land so angenehm wie möglich gestaltet.“ (ebd.)
Hiergegen möchte ich doch einwenden, dass sich heute auch der weniger schulisch ausgebildete Inländer an seinem Arbeitsplatz und in seinem Wohnumfeld durchaus internationalem Publikum und internationalen Einflüssen ausgesetzt sieht, und dass es häufig andere Einflüsse sind als diejenigen, mit denen die Studierten es zu tun haben.
4.2.2 Die rechenschaftspflichtige Elite
„Im Gegensatz zu Parlamentsentscheidungen, in denen sich die Politiker für eine Position entscheiden und diese ihren Wählern erklären müssen, sind Volksabstimmungen anonym. Es gilt das Wahl- und Stimmgeheimnis… ohne Rechtfertigungsdruck“ (Chr.) , was die „Hervorkehrung des jeweils ‚schlechteren Ichs‘ des Bürgers“ begünstige (Offe 1998, S.87). Bei einer Entscheidung “vor ihren Mitbürgern“ würde diese „womöglich im Sinne der Allgemeinheit“ ausfallen. (Bolliger 2004, S.45, Papadopolous 1998, S.177)
Vom Stimmbürger sei zu erwarten, dass er sich gegen den Vorteil anderer wende, auch wenn er dabei nicht unmittelbar benachteiligt wäre, also Entscheidung aus Missgunst. (S.58)
Dann wird der Problemlösungsdruck auf den Politiker angeführt, besonders gelte dies für die Sozial- und Minderheitenpolitik, deren Begünstigungen lediglich einer Randgruppe zugutekomme, was für traditionell linke Anliegen eine Benachteiligung durch Volksabstimmungen erwarten lasse.
4.3. Fangen die Institutionen Proteste ab, bevor sie Veränderungen bewirken können?
„Protestkraft  wird in institutionelle Bahnen umgeleitet, in denen sie oft hängen bleibt“. An die Stelle der Demonstration, des Streiks tritt dann eine Volksinitiative. In der Schweiz komme mit gleicher Tendenz die Konkordanz zum Tragen, welche die Sozialpolitik ins Regierungsgeschäft einbinde und die Protestfähigkeit der Sozialdemokratischen Partei schwäche (Neidhart, 1970). Damit sei die Konkordanz nicht automatisch Folge der direkten Demokratie, denn im US-Bundesstaat Kalifornien praktiziere man die Konkordanz nicht. (S.59)

5 Empirische Befunde

…Es wurden eine Hauptthese und drei Nebenthesen formuliert:
 H: Direkte Demokratie hat eine rechts-konservative Wirkung.
H0: Direkte Demokratie hat keine systematische Wirkung auf eine besimmte politische Richtung,
N1: Referenden sind das Instrument des rechts-konservativen Spektrums, Initiativen werden von der links-liberalen Seite genutzt.
N2: Stehen Referendum und Initiative in einem politischen System zur Verfügung, überwiegt die Wirkung des Referendums.
N3: Die Entscheidungen der politischen Elite sind links-liberaler als die des Volkes.

Chr. verweist anschließend auf das umfangreiche politische Schrifttum zur DD, vor allem zur Sozial- und Steuerpolitik sowie Zur Minderheiten- und Bürgerrechtspolitik (S.60,61) In Außen- und Umweltpolitik seien die Studien seltener.

5.1.1 Sozialpolitik

Wagschal (1997) , Obinger (1998) und Obinger/Wagschal (2000) werden für die Arbeitshypothese über niedrigere Staatsquote bei Staaten mit direktdemokratischen Elementen herangezogen unter rechts-konservativem Einfluss, im Verbund mit der Arbeitshypothese von expansiven, redistributiven, protektiven Vorlagen von links-liberaler Seite sowohl in der Schweiz als in Kalifornien. In der Schweiz zeige das Referendum neben dem senkenden Ausgabeniveaueffekt in der Sozialpolitik einen Verzögerungs- und einen strukturellen Effekt (O-W 2000, S.479) (S.61) letzterer drücke sich darin aus, dass auf Bundesebene nur wirtschafts-liberale Rahmengesetze in der Sozialversicherung geschaffen werden konnten, was auf Referendumsdrohungen von Seiten der Ärzte und Krankenkassen zurückgeführt wird.  44 Vorlagen wirkten Ausgaben-erhöhend, 70 restriktiv. Von 27 Referenden waren 18 von rechts-konservativer Seite angeregt, davon 9 gegen expansive Vorlagen, 6 gegen protektive. Von 25 sozialpolitischen Initiativen ging nur eine von rechts aus.
Die Bremswirkung der Referenden führte zum Erfolg über die Initiativen in der Gesamtwirkung.
Als kurzzeitig schubgebende Initiativen werden die Gleichstellung von Mann und Frau, Ausbau AHV und Herabsetzung des Rentenalters vermerkt. Ursächlich werden die Vermögensunterschiede der Abstimmungsbürger herangezogen und das Fernbleiben der bildungsfernen Schichten, die den Sozialstaat in Anspruch nehmen, was mich etwas erstaunen lässt. (S.62)

5.2.2 Finanz- und Steuerpolitik

Finanzreferenden sind nur in manchen Kantonen und Gemeinden vorgesehen. Kirchgässner (2002 S.320) befasste sich mit der Staatsquote der Schweizer Kantone, die 1986 bis 1997, die in Kantonen mit Finanzreferendum um drei Prozent niedriger lag. Auch Freitag et al (2003) bestätigte die Bremswirkung der Referenden und die expansive Wirkung von Initiativen auf die Steuerbelastung der Bürger, wobei bereits das Referendumsrecht als Drohung bremsend wirkte. (S.63) Chr. spricht von der alten Konfliktlinie Arbeit-Kapital zwischen links und rechts. Linke fordern höhere Steuern von Besserverdienden zugunsten eines starken Staates mit Umverteilung zugunsten der Schwächeren. Rechte wollen den Einzelnen und den Unternehmern mehr Geld lassen und stellten die Gemeinschaft zurück.

5.2.3 Minderheitenpolitik

Eine vielbeschworene Formel sei die von der „Tyrannei der Mehrheit“, gegen die sich Minderheiten nicht wehren könnten. Dabei gilt die Volksmehrheit als intoleranter als die Eliten, die geringen Einfluss auf die Abstimmungen hätten (Bowler/Donovang 2001, S.125)  Parteien richteten ihre Programme grundsätzlich nach der Mehrheit aus. Aber Rechtfertigungsdruck verhindere eindeutige Diskriminierungen von Minderheiten im allgemeinen. Zusammenschluss von Minderheiten zu Wählergruppen begründe weiteren Schutz; Minderheitenpolitik werde zunehmend  Domäne der Linken, die sich für aktive Zuwanderungs- und Integrationspolitik einsetzten. (S.64,65). Auf weitere Studien wird verwiesen.
Nicht erwähnt  wird bei Chr. zeitgeistentprechend das Thema von wachsenden Minderheiten, vor allem solcher mit hohen Geburtenzahlen,  und die hieraus erwachsenden Probleme der Verdrängung einheimischer Kultur.

5.1.3.1 Minderheiten und direkte Demokratie in Kalifornien

Mit der mit 59% vom Volk angenommenen Proposition 187 aus 1994 wurden Immigranten ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis von der medizinischen Versorgung ausgeschlossen und deren Kinder vom Schulbesuch.
Ein Bundesgericht stoppte das Inkrafttreten wegen Verfassungswidrigkeiten (Hoyos/Grant 1997, S.203).
Besonders Gamble (1997) verweist auf 74 Abstimmungen zulasten von Homosexuellen, AIDS-Kranken und Obdachlosen, die zu 78% angenommen worden seien. Bei sonstigen Abstimmungen seien nur 33% zum Zuge gekommen. (S.65) Je kleiner und je homogener die Bevölkerung, desto schwieriger seien Minderheitenrechte zu wahren. Da die bisher angeführten Untersuchungen die DD auf kommunaler Ebene mit einbezogen habe, sei nicht gesagt, ob kommunale Parlamente nicht in gleicher Weise entschieden hätten (Bowler/Donovang 2001, S.133) Ähnlich auch Paul Tiefenbach von „Mehr Demokratie e.V“ (2002, S.2) Minderheiten diskriminierende Vorlagen bewegten sich von 20% auf der Schweizer Bundesebene bis 78% bei den US-Kommunen. Auf der kantonalen Ebene der Schweiz liegt jedoch die Annahmequote von 62% auch relativ hoch. Auf der Schweizer Bundesebene richten sich 6% der Volksentscheide gegen Minderheiten, auf Kantonsebene 4% und auf US-Staatenebene 4%. Minderheiten stehen der DD dementsprechend skeptischer gegenüber; dies zeigt sich im Vergleich zwischen Hispanics und Republikanern (Bowler/Donovang 2001, S.138) Auch Homosexuelle sind skeptisch gegenüber DD. Aber auch bei Umfragen  zwischen Weißen und Christen als angenommene Mehrheitsbevölkerung liegt die Zustimmungsquote zur DD nur um die 50% herum (Bowler/Donovang 2001, S.141) Für Chr. nicht verwunderlich, da auch Weiße und Christen einer Minderheit angehören können. (S.66)
Haider-Markel (2007, S.313) ergänzt die genannten Untersuchungen in den USA und hält Minderheiten in rein-parlamentarischen Demokratien für besser vertreten, insbesondere Schwule und Lesben.

5.1.3.2 Direkte Demokratie und Minderheiten in der Schweiz

Die bereits von Bowler und Donovang bearbeiteten Zahlenerhebungen gehen ursprünglich auf Frey/Goette 1998) zurück, welche eine Benachteiligung von Minderheiten durch DD ausdrücklich  verneinen (S.1346).
Auf Schweizer Bundesebene würden minderheitendiskriminierende Vorlagen seltener angenommen als die übrigen. Auch hier vermisst Chr. den Vergleich zu Parlamentsentscheidungen.
Abbildung 5.1.3.2. bringt die Mittelwerte der Ablehnungsquoten der Periode 1990 – 2002 nach Anzahl Gesuchen, Anzahl Fälle in Klammern, aus Helbling/Kriesi 2004,S.27 bezüglich von Einwanderungsgesuchen:

Formaler Einbürgerungsmodus

Anzahl Gesuche

Urne

GV

Bürger-
gemeine

Parlament

Exekutive

Andere

Total

Zwischen
1 und 9

0.0
(2)

2.1
(12)

0.0
(6)

0.0
(6)

0.0
(1)


(0)

0.1
(27)

Mehr als 9

30.6
(6)

8.2
(19)

2.4
(21)

3,5
(37)

2.8
(15)

2.1
(8)

5.5
(106)

 

 

 

 

 

 

 

 

(S.67)
Die Einbürgerungsverfahren in Schweizer Gemeinden sind unterschiedlich, teils entscheidet das lokalem Parlament, teils die Gemeindeversammlung, in einigen Gemeinden wird an der Urne entschieden; der Bund ist nicht zuständig. Mit 30,6% ist die Ablehnungsquote an der Urne am höchsten. In Gemeinden mit weniger als 10 Einbürgerungsgesuchen, die meist unter 2000 Einwohner aufwiesen, kam es bei Fehlen eines direkt-demokratischen Verfahrens nicht zu Ablehnungen.
Bolliger (2007) untersuchte bei 525 Volksabstimmungen 1874 – 2005 , ob Sprachminderheiten durch DD benachteiligt wurden; er fand nur 15 Überstimmungen zu  Lasten der Minderheiten, außer 18 Fällen  im Tessin.
Sprachminderheiten stimmen großenteils in Abstimmungen mit den anderen Bürgern zusammen (Bolliger 2007, S.434ff) (S.68) Nach Chr. bleibt der Vorwurf der Minderheitenfeindlichkeit durch DD bestehen. (S.68.69)
Was wundert‘s, meine ich, dass Gemeinden nicht in Jubel ausbrechen, wenn etwa Familien mit besonderem Zusammenhalt und hoher Geburtenraten einwandern, welche an den gemeinsamen Aufbauarbeiten und sozialen Einzahlungen keinen Anteil haben? Der Anreiz, in das Land mit dem höchsten Lebensstandard einzureisen ist doch nur allzu verlockend, und die räumlichen Möglichkeiten sind sehr begrenzt.

5.1.4 Außenpolitik

Eigene und fremde Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, private Unternehmen und Medien mischen hier mit (Bernarth/Goetschel/Sxhwarz 2002, S.6) ; und die Bürger interessieren sich für Außenpolitik nur in Krisen (Goetschel 1992, S.69). (S.69) Die Rechte der Schweizer Bürger hinsichtlich der Außenpoltik wurden 2003 sogar noch erweitert(vgl. Schulte 2006). Die Eliten der Regierung erlitten von Seiten des Stimmvolks etwa 1986 bei Ablehnung des UNO-Beitritts und 1992 des EWR-Beitritts (knapp mit 49,7%), 1997, 2001 EU-Beitrittsverhandlungen  herbe Niederlagen. Dabei hatte sich die Regierung bereits 1992 um EU-Beitritt entschlossen. Der bilaterale Weg zwischen den Regierungen war gangbar mit den bilateralen Verträgen von 2000 und dem Schengener Abkommen 2005.  (S.70) Der UNO-Beitritt kam 2002 durch eine Volksinitiative zustande. Widmer 2003, S.20 spricht von einem „Gefälle der geistigen Offenheit“ zwischen Eliten und Volk.
Nach Chr. ist das Schweizer Volk“ im Alltag nicht mit internationalen Problemen befasst“.

5.1.5 Umweltpolitik

Thomas Gebhart (2002) stellte fest, dass die obligatorischen und fakultativen Referenden die Verschärfung von Umweltstandards bremsten, wobei schon das Drohpotential gegenüber der Regierung wirksam werde. (S.71)
Referenden kommen also mehr der Wirtschaft entgegen. Bei den Volksinitiativen, die etwa von den Umweltverbänden ausgehen liegen die Dinge andersherum. Aber von 21 Abstimmungen zwischen 1977 bund 2000 wurden nur zwei  angenommen. Andererseits wurden vom Bundesrat Anregungen aus Initiativen aufgenommen. Auch Gebhart erwartet auf Grund seiner Untersuchungen keine Tempobeschleunigung
in der Umweltpolitik von der DD.

5.1.6  Zwischenfazit

Die Nebenthesen N1 und N2 aber auch N3 werden in der Literatur bestätigt. (S.72)

3.2  Richtungswirkung direkter Demokratie

Die Abstimmungen der letzten zehn Jahre wurden auf folgende Fragen hin untersucht:
Wer nutzt direkte Demokratie?
Wer hat welche Abstimmungsparolen herausgegeben?
Welche und wessen Abstimmungsparolen wurden befolgt?

Zugrundegelegt wurden Datensätze aus der Übersicht über alle Volksentscheide der letzten zwanzig Jahre, welche die Initiatoren kenntlich machen, welche in einem Anhang 2 verzeichnet sind,
Und Individualdatensätzen der Vox-Analysen Dez 1996 bis 2006 in Anhang 3. (S.73)

5.2.1 Wer nutzt direkte Demokratie

Papadopoulos (1994b, S.137) kam für 1970 bis 1987 zum Ergebnis, dass linke und rechte Parteien das Referendum gleich häufig nutzten, aber die rechten dabei erfolgreicher waren. Eine kleine Rechtspartei reichte fünf Referenden ein und gewann davon zwei, die Linksparteien waren nur beim jedem fünften von ihnen angeregten Referendum erfolgreich (Linder 2005, S.260). Dabei habe nach Linder der Status quo einen natürlichen Vorteil, wobei die rechten Parteien in den siebziger Jahren den Sozialstaatsausbau behindert hätten. Papadopoulos  setzte die Untersuchungen für 1987 bis 2006 fort.

Abbildung 5.2.1.1: Ergriffene Referenden 1987-2006 nach Initiatoren und Erfolgsquote (aus Vox-Analysen 1987-2006)

Initiator

Anzahl ergriffe-
ner Referenden

Erfolgreich

Prozentualer
Erfolg

SVP

7

2

29%

CVP

1

0

0%

Schweizer Demokraten

4

2

50%

EDU

1

0

0%

Arbeitgeber

5

2

20%

Bauern

2

2

100%

Rechts-konservative

20

8

40%

SP

2

1

50%

GRÜNE

6

1

17%

Partei der Arbeit

2

0

0%

Gewerkschaften

5

1

20%

Arbeitslose

1

1

100%

Links-liberale

16

4

25%

Gesamt

36

12

33%

 

 

 

 

Sonstige Initiatoren

26

6

23%

Referenden Gesamt

36

18

29%

Eta*

0,264

N = 36

 

Eta-Quadrat

0,070

 

 

 

 

 

 

*Angegeben ist das Zusammenhangsmaß Eta für den Mittelwertvergleich der abhängigen Variablen „Ja-Stimmen in Prozent“ mit der erklärenden Variablen „Initiatoren“ mit den Ausprägungen „rechts-konservativ“ und „linksliberal“

Die „sonstigen Initiatoren“ werden von Ad-Hoc Komitees oder Organisatoren vertreten, die nicht eindeutig in das Links-Rechts-Schema eingeordnet werden können. (S.74,75)

Das Zusammenhangsmaß Eta bestätigt mit einem Wert von 0,264, dass es einen Zusammenhang zwischen Initiator und dem Ja-Stimmenanteil gibt, wenn auch keinen allzu starken (Eta-Quadrat gibt an, dass 7% der Varianz der Ja-Stimmen durch den Initiator erklärt werden.) Das bedeutet, dass rechts-konservative Initiatoren in Referenden einen höheren Nein-Stimmen Anteil erreichen, als links-liberale.

Anders bei den Initiativen. (S.75)

 Abbildung 5.2.1.2 Abgestimmte Initiativen 1987-2006 nach Initiatoren und Erfolgsquote (aus Vox-Analysen 1987-2006)

Initiator

Anzahl ergriffener Initiativen

Über 40%  (davon angenommen)

Prozentualer Erfolg (über 40%)

SVP

4

3

75%

Schweizer Demokraten

3

1(1)

33%

Bauern

2

1

50%

Rechts-konservative

9

5

56%

 

 

 

 

SP

8

3(1)

38%

GRÜNE

4

2(1)

50%

LdU (Landesring der Unabhängigen]

1

0

0%

Gewerkschaften

5

2

40%

Links-liberale

18

7

39%

 

 

 

 

Gesamt

27

12

44%

Sonstige Initiatoren

44

8(3)

18%

Initiativen Gesamt

71

20(6)

28%

Eta*

0,280

N =27

 

Eta-Quadrat

0,078

 

 

 

 

 

 

 

Initiator

Anzahl ergriffener Initiativen

Über 40%  (davon angenommen)

Prozentualer Erfolg (über 40%)

SVP

4

3

75%

Schweizer Demokraten

3

1(1)

33%

Bauern

2

1

50%

Rechts-konservative

9

5

56%

 

 

 

 

SP

8

3(1)

38%

GRÜNE

4

2(1)

50%

LdU (Landesring der Unabhängigen]

1

0

0%

Gewerkschaften

5

2

40%

Links-liberale

18

7

39%

 

 

 

 

Gesamt

27

12

44%

Sonstige Initiatoren

44

8(3)

18%

Initiativen Gesamt

71

20(6)

28%

Eta*

0,280

N =27

 

Eta-Quadrat

0,078

 

 

 

 

 

 

 

Initiator

Anzahl ergriffener Initiativen

Über 40%  (davon angenommen)

Prozentualer Erfolg (über 40%)

SVP

4

3

75%

Schweizer Demokraten

3

1(1)

33%

Bauern

2

1

50%

Rechts-konservative

9

5

56%

 

 

 

 

SP

8

3(1)

38%

GRÜNE

4

2(1)

50%

LdU (Landesring der Unabhängigen]

1

0

0%

Gewerkschaften

5

2

40%

Links-liberale

18

7

39%

 

 

 

 

Gesamt

27

12

44%

Sonstige Initiatoren

44

8(3)

18%

Initiativen Gesamt

71

20(6)

28%

Eta*

0,280

N =27

 

Eta-Quadrat

0,078

 

 

 

 

 

 

 

*Angegeben ist das Zusammenhangsmaß Eta für den Mittelwertvergleich der abhängigen Variablen „Ja-Stimmen in Prozent“ mit der erklärenden Variablen „Initiatoren“ mit den Ausprägungen „rechts-konservativ“ und „linksliberal“

Da Ad-Hoc-Komitees und Verbände eine Vielzahl von Initiativen einreichten, lassen sich 27 der71 Initiativen keinem bestimmten politischen Lager zurechnen.(S.75,76) Da nur jede zehnte Initiative erfolgreich ist, wäre keine aussagekräftige statistische Zahl herausgekommen, hätte man nur die angenommenen Initiativen berücksichtigt. Bei einem durchschnittlichen Erfolg von Initiativen von 30% (Linder 2005, S.265) , wurde ein Erfolg von 40% bereits als Achtungserfolg verbucht, zumal die Regierung auch nach Ablehnung doch teilweise auf deren Inhalt in Gesetzesform reagiert.
In Umkehrung zum Verhältnis bei den Referenden kamen auf 18 Initiativen des links-liberalen Lagers 9 aus dem rechts-konservativen. (S.76,77) Aber die rechts-konservativen Initiativen waren erfolgreicher.
Die Erfolgsquote der linken und rechten Parteien liegt mit 44% deutlich höher als diejenigen der anderen Initiatoren, wo sie bei 18% liegt. Chr. rechnet diese Überlegenheit der besseren Organisationsfähigkeit der Parteien und der stärkeren Identifikation des Stimmvolks mit letzteren zu. Schließlich, so merke ich an, reagieren ja auch die Parteien auf Initiativen anderer Herkunft für ihre Interessen werbend.

5.2.2 Wer gibt welche Abstimmungsparolen heraus?

Chr. konzentriert sich auf die Parolen der SVP und der SP, die symbolisch für recht-konservativ und links-liberal stehen. (S.77) Hierzu wird eine Untersuchung des gfs Bern 2007 herangezogen (www.polittrends.ch) und dabei  werden Abstimmungen ausgeschieden, bei denen das Links-Rechts-Schema nicht greift. (S.77,78)
Es blieben 75 Abstimmungen übrig, die in einer Abbildung 5.2.2.2:
Abstimmungsparolen von SVP und SP nach Abstimmungsinstrument 1996 -2006
(aus Vox-Analysen 1996 -2006)
durch liegende Säulen für Ja- und Nein-Parolen dargestellt sind.
Ich gebe die Ergebnisse als Zahlen wieder:

 

SVP Nein

SVP Ja

SP Nein

SP Ja

Initiative

28

7

11

24

Fakultatives Referendum

13

14

11

17

Obligatorisches Referendum

1

5

1

6

Bei 35 Initiativen gab die SP also für 24 die Ja-Parole aus, die SVP für 28 die Nein-Parole; die SP stimmte häufig auch mit Ja für Fremd-Initiatoren.
Beim Fakultativen Referendum stimmte die SP häufiger mit Ja und damit für die  Regierung. Beim Obligatorischen Referendum ist kein Unterschied auszumachen. (S.79)

5.2.3 Wessen Parteiparolen werden befolgt?

Welches politische Lager kann eher die Stimmbürger hinter sich vereinen? Welche Partei kann mehr Abstimmungserfolg für sich verbuchen, hätte also die Parteiparole entsprechend dem Abstimmungsergebnis herausgegeben?
Dies sind entscheidende Fragen, um zu prüfen, ob eine politische Seite durch direkte Demokratie systematisch begünstigt wird….

Abbildung 5.2.3.1: Abstimmungserfolge von SP und SVP 1996-2005 in Prozent (eine Darstellung nach Vox-Analyse 1996-2006)
In zwei stehenden Säulen ausgedrückt, ergeben sich bei den 75 Abstimmungen für die SVP 64% und die SP 51% Entsprechungen der Abstimmungsergebnisse mit deren Parolen. Die schlechteren Ergebnisse für die SP wird von Chr. auf die schlechten Erfolgschancen von Volksinitiativen zurückgeführt. (S.80)
Abbildungen 5.2.3.2. und 5.2.3.3 befassen sich mit den Zusammenhängen zwischen Abstimmungsinstrument, Befolgung der Parteiparole und dem Abstimmungserfolg der SP bzw. der SVP mi den Korrelationskoeffizienten Spearmean’s rho und Signifikanzberechnung.

Die SP hat wegen der sehr viel häufigeren Herausgabe  der JA-Parole und deren selteneren Annahme die schlechtere Erfolgsquote. (S.81)

Abbildung 5.2.3.4: Befolgung der Parteiparole in Prozent der eigenen Parteisympathisanten nach Partei und Abstimmungsinstrument (Eigene Berechnungen nach Vox-Analysen 1996-2006)

 

SP

SVP

N

Obligatorisches Referendum

77

84

7

Fakultatives Referendum

78

72

28

Volksinitiative

67

79

36

Gegenentwürfe

76

70

4

 

 

 

 

Total

72

76

75

Die Abhängigkeit vom Abstimmungsinstrument mit rs=-0,33 auf dem 99%-Level klar signifikant… bei der SP.
…Nur bei der Volksinitiative liegt die durchschnittliche Unterstützung der Parteiparole  durch ihre Anhänger um ca. 10 Prozentpunkte tiefer. Bei der SVP gibt es diesen Abfall nicht…
Bei beiden Parteien gibt es einen leicht positiven Zusammenhang zwischen der Parteiparole und dem Abstimmungserfolg, der jeweils auf dem 95%-Niveau konstant ist. Das bedeutet, dass Nein-Parolen häufiger erfolgreich sind als Ja-Parolen. Auch dieser Zusammenhang lässt sich auf die Initiativen zurückführen,  bei denen Nein-Parolen erfolgreicher sind, weil Initiativen in der Regel abgelehnt werden…
Bei den fakultativen Referenden sind dagegen weder Ja- noch Nein-Parolen im Vorteil, da sie eine ungefähre Annahmequote von 50% haben… (S.82)

Mit Abbildung 5.2.3.5: Abstimmungserfolg bei oppositionellen Parolen 1996-2006: Nein bei Referenden, Ja bei Volksinitiativen (eigene Berechnungen nach Vox-Analysen 1996-2006)
wird in stehenden Säulen gezeigt, dass die SP mit Oppositioneller Parole bei 1 obligatorischen Referendum nicht erfolgreich war, bei Fakultativen Referenden in 6 Fällen, bei Volksinitiativen in 20 Fällen;
erfolgreich mit Oppositioneller Parole war die SP in 5 Fakultativen Referenden und 2 Volksinitiativen.
Für die SVP ergeben sich 1 Erfolg mit oppositioneller Parole bei obligatorisches Referendum,  5 Erfolge gegenüber 10 Misserfolgen beim fakultativen Referendum und 6 Erfolge mit oppositioneller Parole gegen Volksinitiativen neben einem 1 Misserfolg.
Ein Erfolg bei Ja-Parolen bei Initiativen und Nein-Parolen bei Referenden ist höher zu bewerten, als ein Abstimmungserfolg in den übrigen Fällen. Eine Initiative übt dann entscheidende Wirkung aus, wenn sie angenommen wird… Beim Referendum ist es umgekehrt. Wird zugestimmt, wird das Gesetz angenommen und damit die Regierungspolitik umgesetzt. (S.83)
Zuletzt suchte Chr. nach den „Abstimmungen, bei denen SVP und SP jeweils die größte Zustimmung ihrer eigenen Anhänger zur Parteiparole erreichte“. Der SVP gelang dies bei Fakultativen Referenden und Initiativen am besten, der SP bei Obligatorischen Referenden; SP-Anhänger vertrauten also eher der Regierungsvorlage. (S.84) „Der Zusammenhang zwischen der prozentualen Befolgung der Parteiparole der eigenen Anhänger und dem tatsächlichen Abstimmungserfolg“ wurde in Abbildungen 5.2.3.3.und 5.2.3.3.dargestellt und für die SVP mit rs=0,34 und für die SP mit 0,62 ermittelt. Die SP war damit eher durch das Abstimmungsverhalten ihrer eigenen Anhänger erfolgreich, während die SVP durch Stimmen außerhalb ihrer Anhängerschaft zum Erfolg kam. Ich selbst erkläre mir den Unterschied daraus, dass die Anhänger der SP der illusorisch-utopischen Ideologie des Sozialismus folgen, welche in ihren Zukunftserwartungen weit von den realen Möglichkeiten abweicht, aber für die selbst, nämlich die SP-Klientel erhebliche Vorteile und Bevorzugungen abwirft, welche die anderen, die arbeitende Mehrheit, über die Inanspruchnahme der Staatskasse zu bezahlen haben.
Mit der SVP stimmen auch Anhänger der FDP und der CVP, mit der SP eher die der GRÜNEN. 50 % der Abstimmungsberechtigten aber fühlen sich keiner Partei nahestehend. Ich selbst erkläre mir die stärker konservative Einstellung der Schweizer Bevölkerung auch aus dem hohen allgemeinen Wohlstand heraus.
Befürworter der DD berufen sich auf deren befreiende Wirkung von der Parteipolitik und höheren Sachzugewandtheit (Wagschal 2007, S.303).Unter diesem Gesichtspunkt wären die konservativen Aspekte aber auch ohne DD in der Schweiz ausreichend nach Ansicht von Chr. vertreten .

5.3 Fazit der empirischen Befunde

Alle drei Nebenthesen werden, allerdings in unterschiedliche Stärke, gestützt, Widerlegungen fehlen. (S.85)
Nebenthese N3 kann darauf gestützt werden, dass in den verschiedenen Politik-Bereichen die Elite progressiver und weltoffener agiert als das Stimmvolk, so Chr. Nicht bedacht, zumindest aber nicht ausgesprochen wird, durch Chr., dass doch die Rechts-Konservativen schließlich ebenfalls über Eliten verfügen, die über den eigenen Tellerrand blicken. (
S.86) An anderer Stelle begründet Chr. die Weltoffenheit und progressive Aufgeschlossenheit der links-liberalen Eliten mit deren stärkeren Kontakten im Ausland und deren erhöhten Berufschancen über die Landesgrenzen hinaus über eine sich nach außen stärker öffnenden Politik.
Aber es geht den linken Eliten doch nicht zuletzt auch um die eigenen Berufschancen gerade auch im Inland.
Die Politik- und Gesellschaftswissenschaften, seit 1945 von der Siegermacht USA den deutschen Universitäten verstärkt aus Gründen der Umerziehung auferlegt, haben sich inzwischen geradezu zu einem Wasserkopf entwickelt, der den wissenschaftlichen wie auch wirtschaftlichen Fortschritt gefährdet. Allein für das neue Forschungsfeld der „Gender-Wissenschaften“ soll es inzwischen 200 weibliche Professuren geben! (JF).
Und darin sind sich alle Parteien von Einfluss bei uns einig: bei Bildung und Wissenschaft darf nicht gespart werden. Besonders die bei uns herrschenden Links-Liberalen betonen, dass die Entwicklungsmöglichkeiten für alle gleich sein müssen. Wider die Tatsache der Unterschiedlichkeit der Menschen und deren Entwicklungsmöglichkeiten werden als Scheinkulisse möglichst viele Kinder der elterlichen Erziehung bereits im Krippenalter weitgehend entzogen und vor allem als Heranwachsende in einer einheitlich Gesamtschule mit erwünschtem Wissen und Verhaltensregeln bei ständig erniedrigten Leistungsanforderungen indoktriniert.  Und dies, nachdem man Jahrzehnte gestattet hat, dass sich insbesondere muslimische Familien sprachlich-kulturell gemäß ihrer Religion und den Expansionsabsichten  insbesondere der türkischen Regierung abschotteten, so dass bei den muslimischen Kindern bei der Einschulung erhebliche Defizite hinsichtlich  der deutschen Sprache die Regel sind. Auch die Inklusion von geistig behinderten Kindern in den normalen Schulbetrieb geschieht wider alle Vernunft und Erfahrung und in der Regel zu Lasten aller Beteiligten. Da diese Fehlentwicklung nun auch auf die bisher wirtschaftlich erfolgreichen Länder Baden-Württemberg und Bayern ausgedehnt werden, kann deren finanziell-kultureller Abstieg wohl kaum aufgehalten werden, der Abstieg also auch derjenigen Länder, die neben Hessen maßgeblich zu Leistungen beim Länderstrukturausgleich bisher herangezogen werden.
Durch die allgemeine Erfahrung und mannigfaltige Studien wird belegt, dass das Bildungsniveau insgesamt laufend absinkt, so dass heute selbst beim Angebot vieler offener Ausbildungsplätze der Nachwuchsbedarf nicht mehr gedeckt werden kann. (Derzeit, 19.11.13.,  ist dies gerade den Berliner Polizeinachwuchs betreffend Medienthema.) Die dauernde Berieselungen aus digitalisierten Quellen unterdrückt gedankliche Selbsttätigkeit zusätzlich. Hier schon müsste die biotele Auslegung des AUTONOMIE (sprich des Freiheits)-Begriffs ansetzen.

Chr. zieht zur Stützung ihrer Hauptthese
 
H: Direkte Demokratie hat eine rechts-konservative Wirkung
noch die Auswertung der Erfolgsquote der Schweizer Parteien bei Abstimmungen heran (Wagschal 2007, S.312 f.). Dabei schnitten die Sozialdemokraten in allen Abstimmungen seit 1848  mit 55.6%  deutlich schlechter ab als die SVP mit 76.9%. (S.86)
Der Schlusssatz zum Kapitel Schweiz mutet etwas sybillinisch an:
Das bedeutet nicht unbedingt, dass Staaten mit direktdemokratischen Elementen rechts-konservativere Politikergebnisse aufweisen als Staaten ohne direkte Demokratie. Vielmehr lässt sich sagen, dass Staaten mit direkter Demokratie eine rechts-konservativere Politik machen, als sie ohne direktdemokratische Elemente hervorbringen würden. (S.87)
Schwingt hier die Auffassung mit, dass links-liberale Politik sich in der Praxis –natürlich als die einig vernünftige beurteilt – doch durchsetzt, selbst wenn die von rechts-liberaler verzögert wird?

6 Blick über die Schweiz hinaus

Es wird als Überblick über die Referenden weltweit auf Butler und Ramey 1994 verwiesen und nach Hinweisen für die Hauptthese in der Praxis der DD in anderen Ländern gesucht.

6.1 Kalifornien

Kalifornien kennt wie die Schweiz obligatorische Verfassungsreferenden und fakultative Gesetzesreferenden sowie Initiativen (vgl. Möckli 1994, S.118ff.) Mit einem Recall kann ein amtierender Regierungschef abgesetzt werden. Das Instrument der Initiative wird gegen Gesetze häufiger eingesetzt als das des Referendums.
Die Erfolgsquote liegt bei der Initiative bei 34% also höher als in der Schweiz (Schiller 2002,S.115). Gegenvorschläge durch das Parlament gibt es nicht, aber die gerichtliche Überprüfung angenommener Initiativen, die dabei häufig für ganz oder teilweise ungültig erklärt werden. Sechs von zehn angenommenen Referenden zwischen 1960 und 1980 wurden gerichtlich ganz oder teilweise aufgehoben. (S.88)
Obinger und Wagschal (2000, S.487) stellen auch in Kalifornien das Übergewicht des Status-quo-Effekts fest.
Auch die Sozialpolitik wird restriktiver gegenüber der Staatstätigkeit. Gamble (1997, S.262) spricht sogar vom Leiden der Minderheiten und dem isolierenden Effekt der DD. Auch Billerbecl (1989,S.121) spricht von einem Lähmungseffekt auf den Staat infolge des Misstrauens der Bürger in diesen. Billerbeck führt drei angenommene Strafrechtsverschärfungen 1972 und 1982 an, darunter die Bestätigung der Todesstrafe. 1972 bis 1986 nahm eine große Mehrheit drei minderheitenfeindliche Vorlagen an, vor allem diejenige für Englisch als alleinige Amtssprache. Konservative und wirtschaftsliberale Vorlagen werden eher angenommen bei höherer Erfolgsquote für die Konservativen (Tiefenbach 2004, S.89) (S.89) In Kalifornien wird bevorzugt die Initiatve eingesetzt, offenbar weil  es unkomplizierter ist und schneller und ohne Gegenvorlage der Regierung zur Abstimmung kommt; auch ist es nicht an Fristen nach Gesetzesgültigkeit gebunden. Der Erfolg der Initiative in Kalifornien ist – wie bereits gesagt – höher als in der Schweiz; es wirkt insgesamt bremsend gegenüber Neuerungen. (S.94)

6.2 Italien

Von verschiedenen direktdemokratischen ‚ Elementen war nur das abrogative Referendum von Bedeutung, das aber eher als eine Initiative einzuordnen sei. Lange bestehende Gesetze können mit diesem Instrument abgeschafft oder verbessert werden. 500.000 Stimmen sind dafür zu sammeln bei 50% Mindestbeteiligung der Bürgerschaft. Genutzt wurde es, um veraltete Gesetze abzuschaffen und als „verspätetes fakultatives Referendum“ zur Abschaffung neu eingeführter Gesetze (vgl. Capretti 2001, S.94)
In den 70er und 80er Jahren versuchten die Konservativen es vergeblich zur Verhinderung von Liberalisierungen im Eherecht und Schwangerschaftsabbruch. 1991 bis 1993 wurde das gesamte politische System in Italien erneuert, vom Wahlsystem bis zur Abschaffung von Ministerien und Erweiterungen im Umweltschutz. Es ging um die Beendigung von Korruption und Schmiergeldaffären bei der konservativen DC wie bei der sozialistischen PSI unter Machteinschränkung des Staates (Luthardt 1994, S.75). (S.90)
 Italien sei, so Chr., das einzige Land ohne überdurchschnittlichen Erfolg der Konservativen durch DD.

6.3  Irland

In Irland gibt es seit 1837 das obligatorische Verfassungsreferendum als einziges Instrument der DD, mit dem vom Parlament beschlossene Verfassungsänderungen vom Volk abgelehnt werden können.  Themen waren die EU-Verträge und ethisch-moralische Fragen. Die EU-Verträge von Nizza 2001 wurden abgelehnt, 1998 sogar die Aufhebung des Anspruchs auf das gesamte Inselterritorium bestätigt. Seit 1861 ist ein Schwangerschaftsabbruch verboten, es sei denn das Leben der Mutter gefährdet, nin den 80er Jahren wurden weitere Lockerungen von konservativen Ad Hoc Komitees gestoppt und 1983 dem Gesetz sogar Verfassungsrang beschafft. 1992 wurde lediglich eine Lockerung der Informations- und Reisefreiheit in der Abtreibungsfrage erreicht; 2002 wurde eine Gesetzesverschärfung knapp verhindert. (vgl.Gindulis/Obinger 2007,S.451) Auch das Scheidungsrecht wurde noch 1986 abgelehnt und erst 1995 angenommen. (S.91)

6.4 Dänemark

Auch hier gibt es ein obligatorisches Verfassungsreferendum sowie ein obligatorisches Referendum zur Änderung des Wahlrechtsalters. Souveränitätsübertragungen können ohne Referendum vom Parlament nur mit einer 5/6 Mehrheit durchgesetzt werden. Das Parlament kann selbst bindende oder nicht-bindende fakultative Referenden veranlassen (Nannestad 2003, S.77f.). Zwischen 1920 und 2000 gab es nach Nannestad 16 Abstimmungen.1972 stimmten die Dänen für den EWG-Beitritt und 1998 für die meisten Amsterdamer Verträge. Trotz hoher Parlamentszustimmung wurden die Maastrichter Verträge 1992 abgelehnt (Schymik 2004, S.12). Eine Reihe von Sonderregelungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Europa wurden vom Parlament positiv zur Volksabstimmung gebracht. Dänemark wirkt aber nicht in Justiz, Inneres, Unionsbürgerschaft und Verteidigung in der EU mit, auch nicht bei der Wirtschafts- und Währungsunion (Schumacher, Schymik 200, S.31).
Euro und politische Union Europas werden vom dänischen Volk abgelehnt, von der Regierung jedoch angestrebt (Schymik 2004, S.13). (S.92)

6.5. Fazit des Länderüberblicks

Eine konservative und Neuerungen ausbremsende Wirkung der DD ist auch in anderen Ländern zu erkennen.
Nur in Italien seien durch Volksabstimmungen Neuerungen erreicht worden. Das italienische abrogative Referendum entspricht jedoch in seiner Wirkung mehr einer Initiative. Es kann erst ein Jahr nach Geltung eines Gesetzes gegen dieses ergriffen werden, wobei der Vorteil dieses bereits neu eingetretenen Zustands sich zugunsten des angefochtenen Gesetzes auswirkt. Daher rühre die progressive Kraft des abrogativen Referendums, so das von anderen Autoren diese Umkehrung der Status-quo-Wirkung durch eine Fristenregelung auch für die Schweiz vorgeschlagen worden sei (Brunetti 1997,S.177).  (S.93)

7 Fazit

In der deutschen Debatte treten die Links-Liberalen für DD ein, während die konservative CDU/CSU sie auf Bundesebene ablehnt, was den Erfahrungen in der Schweiz widerspricht. Wieder betont Chr. „die Unterschiede zwischen den grundsätzlichen Einstellungen der politischen Elite und des Volkes“, indem sie die Äußerungen der rechts-konservativen Eliten etwa in der „Jungen Freiheit“ offensichtlich als solche einer nicht-politisch wirksamen Elite übergeht und unterschlägt, wobei Entsprechendes in der Schweiz nicht möglich ist. (S.95)
Chr. hält eine noch nähere Erforschung der indirekten Auswirkungen von Referenden und Initiativen für angezeigt. Bei internationalem Vergleich der Wirkung von Referendum und Initiative könne noch deutlicher werden, dass die Ausgestaltung direktdemokratischer Mittel auf ihre Auswirkungen Einfluss habe, wie in Italien erkennbar sei. Chr. tritt offensichtlich gemäß dem links-liberalen Zeitgeist für die Förderung des Entwicklungstempos als Fortschritt ein, auch dort, wo eine ausgewogenere Sicht die modernen Entwicklungstendenzen für nachteilig und schädlich hält und dafür auch mit Beweisen aufwarten kann. (S.96)
Ein Grundübel besonders für die deutsche Demokratie ist doch das Verdrängen der rechts-konservativen Gedankenwelt aus dem öffentlichen Bewusstsein durch gezielte links-liberal dominierte Medienlenkung.

7.2. Schlussfolgerungen für die deutsche Debatte

Diem Bundestagsabgeordneten scheinen „schlichtweg schlecht über praktische Erfahrungen mit der direkten Demokratie informiert“.  Dies gilt auch für die Forderung der Partizipation des Volks an der Demokratie.
Zumindest die Schweizer Nationalräte scheinen besser informiert, denn nur 6% von ihnen schätzten, dass DD die Wahlbeteiligung erhöhe, gegenüber 21% der Bundestagsabgeordneten. Aber tatsächlich liegt die Wahlbeteiligung  in der Schweiz mit 45.6% (Linder 2005, S.67)  signifikant niedriger als im europäischen Durchschnitt. (S.97)
Wieder wage ich die Frage, welchen praktischen Nutzen der hohe Aufwand für die Politikforschung denn hat, wenn sie von den handelnden Politikern gar nicht wahrgenommen werden?
Zur Erklärung zieht Chr die Theorie des Akteurszentrierten Institutionalismus (Scharpf 2000) heran.
„Politisches Handeln wird im Akteurszentrierten Institutionalismus ‚als Ergebnis der Interaktionen zwischen strategisch handelnden, aber begrenzt rationalen Akteuren, deren Handlungsmöglichkeiten, Präferenzen und Wahrnehmunen weitgehend, aber nicht vollständig, durch die Normen des institutionellen Rahmens bestimmt werden, innerhalb dessen sie interagieren“ (Scharpf zitiert nach Schmidt 2004, S.320) beschrieben.
Politikfelder-Entscheidungen werden damit vom historischen, kulturellen und institutionellen Rahmen und den hieraus entspringenden Bevorzugungen stärker bestimmt als von rationalem Handeln, das sich auf Sachinformationen und empirischen Erkenntnissen stützt.
DIE LINKE und GRÜNE sein aus Protestbewegungen hervorgegangen und begünstigen deshalb regierungsoppositonelle Einrichtungen „aus partizipatorischen Motiven“ heraus; konservative Parteien (Chr. bezeichnet die CDU/CSU noch als solche) befürchten eine Bedrohung des Parlamentarismus durch DD. Nur aus ihren Abgeordneten kamen zu 21 % die Stimmen, welche die Weimarer Republik als durch DD geschwächt beurteilten, was historisch inzwischen widerlegt ist (vgl. Schiffers 2002). (S.98,99)
Evers erklärt es für erstaunlich, dass die herrschende Staatswissenschaft die empirischen Politikforschungsergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt. Es gebe „keine einzige wissenschaftliche Studie aus der Feder eines Gegners direkter Demokratie“. (1999, S.24) (S.99)
Wir haben eben, zumindest in Bereichen, welche die Politik berühren, eine strikt von oben gesteuerte Wissenschaft, in erster Linie gelenkt über die reichlich ausgestatteten Pfründentöpfe, deren Umfang und zumindest deren einzelne Ausschüttungen wie ein Staatsgeheimnis gehandhabt werden. Eine „herrschende Staatswissenschaft“ sollte es gar nicht geben.
Spricht nicht der „Akteurszentrierte  Institutionalismus“ sowohl im Regierungsapparat als auch im Parlament, das zu großen Teilen aus dem gleichen geistigen Umfeld hervorgeht wie die Politikwissenschaften, alles für die Notwendigkeit, diese gefährliche Scheinwelt durch Instrumente der DD zu durchbrechen?